Regierungserklärung Schuldebatte über Quereinsteiger, Wertevermittlung und "Gender-Esperanto"
In seiner Regierungserklärung hat Kultusminister Schwarz die Wertevermittlung an Schulen in den Mittelpunkt gestellt und das neue Quereinsteiger-Gesetz für Lehrer verteidigt - und dann ging es auch noch ums Gendern.
Das Unterrichtsmaterial für eine neue Offensive zur Wertevermittlung an Hessens Schulen hat laut Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) positive Rückmeldungen bekommen. In der vergangenen Woche hätten Lehrerinnen und Lehrer neue Materialien dafür erhalten, sagte Schwarz in seiner ersten Regierungserklärung am Dienstag im Landtag.
Im neu angelaufenen Schuljahr soll das Material zur Wertevermittlung in den 2.100 sogenannten Intensivklassen eingesetzt werden, in denen mehr als 36.500 geflüchtete und eingewanderte Kinder und Jugendliche gezielt in Deutsch gefördert werden.
"Gegenseitige Wertschätzung hohes Gut"
Es sei entscheidend, dass sich alle Schülerinnen und Schüler intensiv mit respektvollem Umgang, demokratischen Werten und den Grundrechten auseinandersetzten, betonte Schwarz. Gegenseitige Wertschätzung auch bei unterschiedlichen Auffassungen sei ein sehr hohes Gut.
"Antisemitismus, Rassismus und Islamismus und auch scheinbar banale Dinge wie Respektlosigkeit nehmen in unserer Gesellschaft zu", sagte der Bildungsminister, der selbst mehr als 16 Jahre als Lehrer unterrichtet hat. Hessens Schulen seien "die zentralen Orte zur Wertevermittlung und zur Demokratieerziehung".
Schwarz: Großes Interesse an Quereinsteiger-Erleichterung
Auch die geplante Erleichterung der Anforderungen für Quereinsteiger in den Lehrerberuf stoße auf großes Interesse und "ganz viele Anfragen". Hessen treibe dieses Vorhaben als erstes Bundesland voran. Wer einen Uni-Abschluss habe, könne künftig nach einem erfolgreichen Referendariat nur ein Schulfach unterrichten - als vollwertige, verbeamtete Lehrkraft.
Bislang müssen es bei Lehrern in der Regel mindestens zwei sein. Viele Eltern in Hessen beklagen Lehrermangel und ausgefallene Schulstunden. Die Regierungsfraktionen von CDU und SPD wollen den Quereinsteiger-Gesetzentwurf bereits an diesem Mittwoch auf den Weg bringen.
Mehr Deutschförderung
Bildungsminister Schwarz betonte auch die Bedeutung der Deutschförderung. Im neuen Schuljahr sei in allen zweiten Klassen eine weitere Deutschstunde eingeführt worden. Zugleich laufe das Pilotprojekt für eine zusätzliche Deutschstunde in den dritten und vierten Klassen statt einer der beiden Englischstunden an 15 Grundschulen weiter.
Zudem müssen laut dem Bildungsministerium Kinder mit Sprachdefiziten ein Jahr vor der Einschulung verpflichtende Deutschkurse besuchen. 19.000 Kinder machten dies gegenwärtig - fast ein Drittel der dann eingeschulten Mädchen und Jungen. Hessen sei hier bundesweit Vorreiter.
Besorgt zeigte sich Schwarz in seiner Regierungserklärung von bestimmten Entwicklungen, die Kinder und Schulen träfen. "Wir reden hier von der Legalisierung von Cannabis, vom Gender-Esperanto und von der Abkehr vom Leistungsprinzip", rief der CDU-Politiker. Die Landesregierung reagiere darauf "mit schwarz-roter Realpolitik".
Opposition: "Alter Hut", "Verzweifeltes Aufgebot", Lehrermangel
Daniel May von den Grünen warf Schwarz in einer Mitteilung viel Pathos zu Randthemen vor: "Es liegt nicht am Genderstern oder am Cannabis, dass Hessen knapp 1.000 Lehrkräftestelle nicht besetzen kann und immer mehr Schüler*innen mit psychischen Problemen zu kämpfen haben und den Schulbesuch verweigern."
Am erleichterten Quereinstieg störte sich die AfD. Abgeordneter Heiko Scholz kritisierte: "Quereinsteiger ohne pädagogische Vorkenntnisse und mit nur einem Unterrichtsfach stellen ein verzweifeltes letztes Aufgebot der Regierung zur Deckung des Unterrichtsangebotes dar." Scholz forderte unter anderem Stipendien für Lehramtsstudenten in Mangelfächern und Quereinstiegsmodelle mit enger pädagogischer Weiterbildung.
Moritz Promny von der FDP warf Schwarz vor, mit seiner Regierungserklärung nur einen "alten Hut" vorgestellt zu haben. "Derweil eskalieren an den hessischen Schulen die wirklichen Probleme wie zunehmende Gewaltbereitschaft und die Zunahme rechtsextremer Vorfälle, während Demokratiebildung und die Herausforderung des Einflusses sozialer Medien vernachlässigt werden." Promny monierte auch, dass das Fach "Digitale Welt" nur an 16 neuen Pilotschulen und 80 weiterführenden Schulen gelehrt werde.