SPD-Minister Mansoori will Staatsekretärin loswerden Bau-Professorin Messari-Becker soll Regierung schon wieder verlassen
Wissenschaftlerin Lamia Messari-Becker ist eine renommierte Expertin für nachhaltiges Bauen und Energieffizienz – und ihre Ernennung zur Staatsekretärin in Hessen schien ein Coup. Doch nach nur sechs Monaten will SPD-Wirtschaftsminister Mansoori sie schon nicht mehr.
"Wissenschaftliche Expertise", "ambitionierte Ideen", "gesunde Portion Pragmatismus" – als Hessens seit Mitte Januar amtierender Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) Anfang Februar Lamia Messari-Becker zur Staatssekretärin machte, lobte er die 51-Jährige in einer Pressemitteilung überschwänglich. Sie sei ein "großer Gewinn für uns und unser Land".
Messari-Becker hat sich als Professorin für Gebäudetechnologie und Bauphysik der Uni Siegen international einen Namen gemacht. Als Expertin für nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz ist sie nicht nur im Streit um das Heizungsgesetz auch medial sehr gefragt.
In der Landesregierung sieht das aber nach nur einem halben Jahr ganz anders aus: Nach Informationen des hr will Mansoori sich von seiner Staatsekretärin schon wieder trennen. Zuerst hatte die Plattform Table Media berichtet.
Ausgezeichnet: "Club of Rome" und "Vordenkerin 2024"
Das Ministerium wollte sich auf Anfrage nicht äußern und die Meldung weder dementieren noch bestätigen. Eine Anfrage an Messari-Becker blieb unbeantwortet. Hintergrund: Die Noch-Staatssekretärin mit Bauingeieurs-Diplom fehlt derzeit wegen Krankheit in Wiesbaden. Vor allem deshalb, so war zu erfahren, sei der Schritt noch nicht offiziell gemacht worden. Formell muss am Ende Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) die Staatssekretärin entlassen.
Minister Mansoori hatte die Professorin in die Landeshauptstadt gelotst. Sie wurde 2020 in die internationale Experten-Gemeinschaft "Club of Rome" berufen und im Mai dieses Jahres an der Uni Frankfurt als "Vordenkerin 2024" ausgezeichnet.
Messari-Becker fiel wiederholt als prinzipientreu auf. So wehrte sie sich als Mitglied des Umweltrates der Bundesregierung gegen ihrer Meinung nach undemokratische Pläne, einen Rat für Generationengerechtigkeit mit einem Vetorecht gegen neue Gesetze auszustatten. Dem Rat gehörte sie anschließend nicht mehr an.
Wissenschaftlerin unter Politikern
Auch über die Gründe der beabsichtigten Trennung wurde offiziell am Freitag in Wiesbaden nichts verlautet.
Was anfangs als Coup galt, soll sich dem Vernehmen nach aber schon vor der aktuellen Zuspitzung schnell als problematisch erwiesen haben: An der Spitze des Ministeriums in Wiesbaden fand sich die selbstbewusste Politik-Seiteneinsteigerin an der Seite zweier nicht weniger selbstbewusster Männer wieder, die nicht untypische, teils gemeinsam erlebte SPD-Politikerkarrieren dorthin geführt hatten.
Denn Minister Mansoori hat außer Messari-Becker mit Umut Sönmez einen weiteren Staatsekretär. Der 41-Jährige, aus Herborn (Lahn-Dill) stammende Diplom-Volkswirt war nach dem Studium Mitarbeiter des Gießener SPD-Europaabgeordneten Udo Bullmann, später Betriebsrat bei Opel. Sönmez gilt als Vertrauter Mansooris.
Ohne Regierungserfahrung ins Kabinett
Mansoori wechselte Anfang 2024 als Bundestagsabgeordneter und ohne Erfahrung in einem Regierungsamt ins Kabinett der CDU/SPD-Landesregierung. Seitdem gilt der 35-Jährige als der neue starke Mann der Sozialdemokraten. Neben dem Superministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum erhielt er auch den Posten als Vize-Ministerpräsident.
Im Zuge von Mansooris Aufstieg wurde mit Günther Rudolph ein SPD-Mann an den Rand gedrängt, der zuvor als Fraktionschef gemeinsam mit Ex-SPD-Landeschefin Nancy Faeser die Koalition mit der CDU eingefädelt hatte. Als anschließend die Hessen-SPD eine neue Parteispitze wählte, wurde Mansoori mit dem schlechtesten Wahlergebnis aller Stellvertreter zu einem der Vize-Vorsitzenden gewählt.