hr-Sommerinterview SPD-Spitzenkandidatin Faeser fordert entschiedenes Vorgehen gegen Randalierer
Gewalt in Gießen, Randale in Berliner Bädern: Bundesinnenministerin Faeser fordert im hr-Sommerinterview eine schnelle Bestrafung von Randalierern. Die SPD-Spitzenkandidatin warnt aber, Zuwanderung nur anhand solcher Vorfälle zu beurteilen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser fordert ein entschiedenes Vorgehen gegen Randalierer in Freibädern. Im Sommerinterview des Hessischen Rundfunks sagte die 53-Jährige, die SPD-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl am 8. Oktober ist: "Erst einmal muss bei den Ausschreitungen, die es jetzt in den Schwimmbädern gibt, der Rechtsstaat hart handeln."
Es müsse mehr Polizei vor Ort sein, gerade junge Straftäter müssten aber auch schnell eine Strafe zu spüren bekommen, sagte Faeser. Bei den bundesweit diskutierten Vorfällen in Berlin zeige sich aber anhand der dritten Generation von Einwanderern, dass in der Vergangenheit zu wenig für die Integration getan wurde.
"Völlig inakzeptabel" seien auch die Krawalle beim Eritrea-Festival in Gießen. Wenn es juristisch möglich wäre, würde sie das Treffen verbieten, sagte Faeser. Die Ausschreitungen allein dürften aber "kein Maßstab für Zuwanderung" sein, zumal viele Randalierer eigens zum Festival eingereist seien.
"Grüßaugust" und Ampel-Zoff
Faeser tritt bei der Landtagswahl gegen Amtsinhaber Boris Rhein (CDU) und den grünen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir an. Seit 1999 ist die SPD in der Opposition und die CDU regiert - seit 2014 gemeinsam mit den Grünen.
Das sagte sie im hr-Sommerinterview außerdem über …
- ihr Verhältnis zu Boris Rhein: Dass sie den Regierungschef “Grüßaugust" nannte, komme auf einem Parteitag schon mal vor. "Das Nichtstun ist eher das Problem." In Hessen herrsche zu viel Stillstand, vom Ausbau der Öko-Energien bis zur Sicherung der Industriearbeitsplätze.
- die Kritik an ihrer Doppelrolle als Ministerin und Spitzenkandidatin: "Ich habe den dringenden Wunsch zurückzukommen", sagte Faeser. Berlin sei aber "eine Riesenchance" gewesen, sie habe viel bewegt und wichtige Erfahrungen als Chefin einer 85.000-Mitarbeiter-Verwaltung gemacht.
- zum Dauerzoff der Ampel-Koalition: "Es wird zu oft gestritten“, räumte Faeser ein. In einer Zeit schwerer Krisen mit Flucht und Inflation sei der Ampel aber viel gelungen. "Die Energieversorgung wurde in acht Monaten auf eine neue Basis gestellt." Außerdem habe sie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz vorgelegt.
- ihre Wunschkoalition für Hessen: Festlegen wollte sich Faeser nicht, vor allem müssten sozialdemokratische Ziele verwirklicht werden. Im benachbarten Rheinland-Pfalz sei eine Ampelkoalition "sehr erfolgreich".
- Erfolge der AfD: Eine Ursache sei die Krisenmüdigkeit vieler Menschen. Eine andere, dass es in der Politik zu viele Diskussionen gebe. Das beste Mittel gegen Erfolge von Rechten sei "eine gute Sozialpolitik".
- Ganztagsbetreuung und Fachkräftemangel: Faeser will ein verpflichtendes Angebot von Ganztagsbetreuung an allen Grundschulen. Das ermögliche es mehr Elternteilen, arbeiten zu gehen.
- mehr Lehrkräfte: Um geplante neue Lehrerstellen zu besetzen, soll das Land bessere Bedingungen bieten. So könne man "für eine Übergangszeit Kräfte von außen bekommen". Parallel müsse es mehr Lehramts-Studienplätze geben.
- mehr Geld und Chancengleichheit an Schulen: In Hessen gebe es ein "sehr frühes Selektieren von Kindern". Das will Faeser ändern. Ihr gehe es an Schulen aber "nicht um Schulformen, es geht um Ressourcen".
Faeser ist seit 2019 Landesvorsitzende der SPD. Ende 2021 wechselte sie aus dem Landtag, wo sie als SPD-Fraktionschefin Oppositionsführerin war, nach Berlin.
Sendung: hr-fernsehen, hr-Sommerinterview, 15.7.2023, 17.15 Uhr
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