Ortsverein beklagt "tiefen Riss" SPD-Zoff in Löhnberg: Ex-Bürgermeister bei Fraktionssitzung dabei
Nachdem Löhnberg kurz vor dem Finanz-Kollaps stand, ging Bürgermeister Schmidt vorzeitig in den Ruhestand. Jetzt gibt es Hinweise, dass er im Hintergrund weiter mitmischt - obwohl zeitgleich Ermittlungen gegen ihn laufen. Das sorgt für Ärger.
Es ist ja eigentlich nicht ungewöhnlich, dass Menschen auch im Ruhestand weiter aktiv sind. In Löhnberg (Limburg-Weilburg) sorgt der mögliche "Unruhestand" des Ex-Bürgermeisters innerhalb der SPD allerdings für große Unruhe.
Geschönte Zahlen, unvollständige Jahresabschlüsse, massive Schulden: Nach Bekanntwerden der desolaten und undurchsichtigen Finanzlage der kleinen Kommune war Frank Schmidt (SPD) zunächst monatelang krankgeschrieben und ging schließlich vorzeitig in Ruhestand. Er kam damit einem potenziellen Abwahlverfahren zuvor. Inzwischen wird gegen ihn ermittelt.
Die mittelhessische Gemeinde Löhnberg (Limburg-Weilburg) ist aufgrund ihrer desolaten Finanzlage und vieler Unklarheiten seit Monaten in den Schlagzeilen.
Die Gemeinde legte offenbar jahrelang keine vollständigen Jahresabschlüsse vor, wozu sie aber verpflichtet gewesen wäre. Gleichzeitig häufte sie über Jahre hinweg Schulden an, bis im Mai öffentlich bekannt wurde, dass sie nicht mehr alle ihre Rechnungen zahlen kann.
Der damalige Bürgermeister war zunächst lange krankgeschrieben und ging dann in den vorzeitigen Ruhestand. Inzwischen ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue.
Derzeit wird die Kommune übergangsweise von einem staatsbeauftragten Bürgermeister geführt. Die Aufklärung gestaltet sich jedoch als schwierig. Denn: Auch Akten sollen aus dem Rathaus verschwunden sein.
Finanziell gibt es in Löhnberg wohl in Zukunft wenig Gestaltungsspielraum: Die Gemeinde hat Sparauflagen bekommen und muss Gebühren und Steuern deutlich erhöhen.
Im Februar 2025 ist ein neuer Bürgermeister gewählt worden. Reiner Greve (parteilos) setzte sich im ersten Wahlgang gegen zwei Mitbewerber durch. Greve hatte dem hr gesagt, er wolle im Falle seiner Wahl einen Beschluss herbeiführen, die Aufarbeitung des finanziellen Desasters in neutrale Hände zu geben sowie mit einer unabhängigen Kämmerei alte Haushalte abschließen und neue aufstellen.
Der Fall Löhnberg: Was bisher geschah
Die mittelhessische Gemeinde Löhnberg (Limburg-Weilburg) ist aufgrund ihrer desolaten Finanzlage und vieler Unklarheiten seit Monaten in den Schlagzeilen.
Die Gemeinde legte offenbar jahrelang keine vollständigen Jahresabschlüsse vor, wozu sie aber verpflichtet gewesen wäre. Gleichzeitig häufte sie über Jahre hinweg Schulden an, bis im Mai öffentlich bekannt wurde, dass sie nicht mehr alle ihre Rechnungen zahlen kann.
Der damalige Bürgermeister war zunächst lange krankgeschrieben und ging dann in den vorzeitigen Ruhestand. Inzwischen ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue.
Derzeit wird die Kommune übergangsweise von einem staatsbeauftragten Bürgermeister geführt. Die Aufklärung gestaltet sich jedoch als schwierig. Denn: Auch Akten sollen aus dem Rathaus verschwunden sein.
Finanziell gibt es in Löhnberg wohl in Zukunft wenig Gestaltungsspielraum: Die Gemeinde hat Sparauflagen bekommen und muss Gebühren und Steuern deutlich erhöhen.
Im Februar 2025 ist ein neuer Bürgermeister gewählt worden. Reiner Greve (parteilos) setzte sich im ersten Wahlgang gegen zwei Mitbewerber durch. Greve hatte dem hr gesagt, er wolle im Falle seiner Wahl einen Beschluss herbeiführen, die Aufarbeitung des finanziellen Desasters in neutrale Hände zu geben sowie mit einer unabhängigen Kämmerei alte Haushalte abschließen und neue aufstellen.
Der Ex-Bürgermeister scheint in der Löhnberger SPD-Fraktion wieder mitzumischen. hr-Recherchen zeigen, dass er an der letzten Fraktionssitzung am 5. März teilnahm – offenbar trotz Kritik aus dem SPD-Ortsverein.
Ex-Bürgermeister auf Fraktionssitzung
Auf hr-Anfrage bestätigte der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Reis Schmidts Teilnahme an der Sitzung. Er habe zu einem Tagesordnungspunkt für Rückfragen zur Verfügung gestanden. Dabei sei es um die Löhnberger Gesellschaften und mögliche weitere Insolvenzen gegangen. Über aktuelle politische Themen habe man nicht gesprochen, betonte Reis.
Ihre Sitzungen seien in der Regel parteiöffentlich, heißt es zudem in einem schriftlichen Statement der Fraktion. Laut Geschäftsordnung stehe es der Fraktion frei, "zur Beratung Fach- und Sachkundige [sic] Bürger einzuladen und zu hören", wozu auch Schmidt gehöre. Dies sei "nichts Ungewöhnliches" und ein "demokratisches Grundrecht" jeder Fraktion.
Weil "die wildesten Gerüchte" im Umlauf seien, wolle man außerdem darauf hinweisen, dass Schmidt das erste Mal seit seiner Erkrankung im April vergangenen Jahres bei einer Fraktionssitzung anwesend war.
Protest vom SPD-Ortsverein
Auf Kritik stößt Schmidts Teilnahme dagegen in den eigenen SPD-Reihen. Der Vorsitzende des Löhnberger Ortsvereins, Alexander Gran, berichtet, er habe eigentlich ebenfalls an der Sitzung teilnehmen wollen, sei dann aber "aus Protest" ferngeblieben.
Er halte die Teilnahme des Ex-Bürgermeisters für "das falsche Signal" und spricht von einer "verheerenden Außenwirkung". Schmidt sei verantwortlich für den Finanzskandal in Löhnberg, so Gran. Abschließend müssten dies aber noch die Behörden bewerten.
Die Partei ist ein Zusammenschluss von Menschen, die an der politischen Willensbildung des Volkes mitarbeiten wollen: Sie erarbeitet ein Programm und stellt Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl auf, die diese Ziele durchsetzen sollen.
Der lokale Ortsverein ist die kleinste Gliederungseinheit einer Partei.
Die Fraktion ist der Zusammenschluss der Parteimitglieder, die in ein Parlament gewählt wurden: Sie versucht, die politischen Ziele der Partei in die Tat umzusetzen. Parlamentsabgeordnete sind vom Grundsatz her nur ihrem Gewissen verpflichtet, nicht ihrer Partei. Rechtlich und finanziell sind Parteien und Fraktionen strikt getrennt.
Partei, Ortsverein, Fraktion?
Die Partei ist ein Zusammenschluss von Menschen, die an der politischen Willensbildung des Volkes mitarbeiten wollen: Sie erarbeitet ein Programm und stellt Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl auf, die diese Ziele durchsetzen sollen.
Der lokale Ortsverein ist die kleinste Gliederungseinheit einer Partei.
Die Fraktion ist der Zusammenschluss der Parteimitglieder, die in ein Parlament gewählt wurden: Sie versucht, die politischen Ziele der Partei in die Tat umzusetzen. Parlamentsabgeordnete sind vom Grundsatz her nur ihrem Gewissen verpflichtet, nicht ihrer Partei. Rechtlich und finanziell sind Parteien und Fraktionen strikt getrennt.
Begründet worden sei die Einladung Schmidts vom Fraktionschef Reis damit, dass der Ex-Bürgermeister Informationen habe, die die Fraktionsarbeit erleichtern könnten, berichtet Gran.
Gran habe dennoch versucht, die Teilnahme Schmidts vorab zu verhindern. Vor der Sitzung habe er im Ortsvereinsvorstand eine Abstimmung per WhatsApp-Gruppe gestartet. Die meisten hätten sich enthalten, einige dagegen gestimmt. Für eine Teilnahme von Schmidt war laut Gran aber niemand.
Fraktion lädt Schmidt trotzdem ein
Einen Unterschied machte dieses Votum offenbar nicht, Schmidt wurde trotzdem eingeladen.
Die SPD-Fraktion teilt mit: Der Ortsvereinsvorstand könne keine Beschlüsse fassen, die in die Arbeit der Fraktion eingreifen – genauso wenig wie andersherum. "Man kann unterschiedlicher Meinung sein, aber das ist ja ein Bestandteil in der demokratischen Willensbildung", so die Fraktion.
Die Fraktion informiere den Ortsverein fortlaufend über die Fraktionsarbeit. Beide Gremien seien an einer Aufarbeitung der Probleme innerhalb der Gemeinde Löhnberg bemüht. "Diese Arbeit, unser Programm und das gemeinsame Ziel verbinden uns."
"Unterschiedliche Meinung" oder "tiefer Riss"?
Im Ortsverein klingt das ganz anders. Der Vorsitzende Gran spricht von einem "tiefen Riss", der sich schon lange durch die Löhnberger SPD ziehe. Seit er im November ins Amt gewählt wurde, kämpfe er dagegen an, dass sich die Fraktion vom Ortsverein "abschotte" und "ihre eigene Agenda" verfolge, so Gran.
Mittlerweile habe der Ortsverein einen Beauftragten für Kommunikation benannt, der zwischen Ortsverein und Fraktion vermitteln soll. Nach hr-Informationen soll die Teilnahme Schmidts auch am Donnerstagabend in einer Sitzung des Ortsvereins diskutiert werden.
Wortgefecht in der Gemeindevertretersitzung
Die Rolle der Fraktionsmitglieder hatte auch in der letzten Gemeindevertretersitzung am 13. Februar für Aufregung gesorgt. Hier hatte sich der staatsbeauftragte Bürgermeister Heiko Stock ein Wortgefecht mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden geliefert.
Stock ist vom Regierungspräsidium Gießen noch bis Ende März eingesetzt, um das Finanzchaos der Gemeinde zu ordnen. Stock hatte damals gesagt, das Gemeindeparlament habe die "Überwachung nach und nach aufgegeben".
Außerdem forderte er die Gemeindevertreter auf, "alte Zöpfe abzuschneiden" und Verantwortung wahrzunehmen. Dafür bekam er tosenden Applaus vom Publikum. SPD-Fraktionschef Reis warf dem Staatsbeauftragten wiederum vor, seine Aussagen seien "üble Beeinflussung", er würde damit Druck auf die Mandatsträger ausüben.
Darauf entgegnete Stock, irgendwer müsse den Abgeordneten die Wahrheit erklären. Dies sei seine Aufgabe als Staatsbeauftragter. Die Verantwortung liege in Löhnberg – und nicht in Limburg beim Landkreis oder in Gießen beim Regierungspräsidium.
Wie es in der Löhnberger SPD weitergeht, bleibt abzuwarten. Frank Schmidt äußerte sich auf hr-Anfrage nicht.