Statusänderung geplant Polizeipräsidenten sollen unabhängiger von der Regierung werden
Bislang können Polizeipräsidenten in Hessen jederzeit zwangspensioniert werden, wenn die Landesregierung das will. Das soll anders werden. Auch die CDU ist nun bereit, Polizeichefs eine größere Unabhängigkeit von politischen Akteuren zuzugestehen.
Hessens Polizeipräsidenten und der Präsident des Landeskriminalamtes (LKA) sollen künftig keine politischen Beamten mehr sein. Der Zusatz "politisch" soll wegfallen. Eine entsprechende Novelle haben die Regierungsfraktionen von CDU und SPD in den Landtag eingebracht, wie die SPD-Landtagsabgeordnete Cirsten Kunz-Strueder mitteilte.
Das Adjektiv "politisch" sichert der Landesregierung bislang direkten Einfluss auf die Polizei: Polizeipräsidenten können jederzeit in Zwangspension geschickt werden, wenn die Landesregierung das möchte. Nicht einmal eine Begründung ist bei solchen Entlassungen nötig.
Sollte die nun von CDU und SPD angestrebte Statusänderung vom Landtag beschlossen werden, würden für Polizeipräsidenten künftig die üblichen beamtenrechtlichen Regelungen gelten. Sprich: Sie wären unabhängiger von den politischen Akteuren.
Jahrzehntelanger Streit
Der Streit um den Einfluss der seit mehr als einem Vierteljahrhundert unionsgeführten Landesregierung auf die Polizei wird in Hessen seit langem erbittert geführt. Der jeweiligen Opposition ging er viel zu weit.
Das geht bis ins Jahr 2011 zurück, als der heutige Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) als Innenminister gegen die ihm missliebig gewordene damalige LKA-Chefin Sabine Thurau den Kürzeren zog. Die von Rhein des Amtes enthobene Thurau klagte erfolgreich. Sie war gerade dadurch geschützt, dass sie noch keine politische Beamte war.
Inzwischen sieht das anders aus: Wie vom damaligen Innenminister Peter Beuth (CDU) gewünscht, änderte der Landtag den Status des Amtes im November 2021 zugunsten des Regierungseinflusses - kurz nach dem Ende von Thuraus Amtszeit.
Polizeichef als "Bauernopfer"
Heftig gestritten wurde auch über den Fall von Landespolizeichef Udo Münch, der 2020 im Zuge der Affäre um rechtsextreme "NSU 2.0"-Drohschreiben und mögliche Verstrickungen von Polizisten von Peter Beuth in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden war. Kritiker sprachen damals von einem Bauernopfer, die Opposition hatte den Rücktritt des Ministers gefordert.
Nun also lenkt die CDU in der Kontroverse um politische Beamte ein. Das hängt auch mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in einem Verfahren gegen das Land Nordrhein-Westfalen zusammen. Das Gericht hatte vor rund einem Jahr festgestellt, dass das Amt eines Polizeipräsidenten nicht als ein politisches einzuordnen sei. Der Status des Amtsinhabers als politischer Beamter sei grundgesetzwidrig.
Der aktuelle Innenminister Roman Poseck (CDU) teile nun auf hr-Anfrage mit, eine Prüfung nach der Gerichtsentscheidung habe ergeben, dass auch in Hessen etwas geändert werden müsse. "Ich begrüße es daher, dass die regierungstragenden Fraktionen nun einen Gesetzesantrag in den Landtag einbringen", so Poseck. Hessen werde die Entscheidung nun "zeitnah" umsetzen.
Grüne und FDP "irritiert"
Die FDP wies darauf hin, dass sie einen entsprechenden Gesetzentwurf bereits Ende vergangenen Jahres eingebracht habe. FDP-Innenexperte Moritz Promny sprach von einem "kopierfähigen Vorschlag": "Die Koalition ist aber selbstverständlich herzlich eingeladen, im Landtag dem Vorschlag der Freien Demokraten zuzustimmen." Die schwarz-rote Landesregierung stehe augenscheinlich unter Druck, so Promny, und wolle die nun angestrebte Änderung im Beamtenrecht deshalb "in der ohnehin anstehenden Novelle der Hessischen Gemeindeordnung verstecken".
Ähnlich reagierten auch die Grünen. "Das Vorgehen irritiert etwas, da sie auch einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der FDP hätten stellen können", sagte Grünen-Innenexpertin Vanessa Gronemann. Damit wäre das Gesetzgebungsverfahren "wesentlich transparenter". Die SPD kontert: Die Gesetzesänderung werde nicht versteckt, "sondern erfolgt rechtsstaatlich und rechtssicher im Rahmen eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens".
"Unterstreicht Unabhängigkeit der Polizei"
Mit der Neuregelung würden Polizeipräsidentinnen und Polizeipräsidenten in Hessen sowie die LKA-Spitze in ihren Entscheidungen unabhängiger von politischen Weisungen, betonte Kunz-Strueder. "Ich denke, dass dies die Neutralität und die Unabhängigkeit der hessischen Polizei und des Hessischen Landeskriminalamtes unterstreicht."
Auf die Entpolitisierung aller Polizeiposten pocht die Gewerkschaft der Polizei (GdP) seit langem. "Polizeipräsidenten brauchen Unabhängigkeit", hatte die GdP wiederholt gefordert. Machten die Polizeichefs gravierende Fehler, könne man sie schließlich auch ohne politischen Status zur Verantwortung ziehen.