Urteil am Verwaltungsgericht Wiesbaden darf "Wassercent" erheben

Die Stadt Wiesbaden darf den sogenannten "Wassercent" einführen - eine Extrasteuer zusätzlich zu Wassergebühren. Das Hessische Innenministerium hatte der Stadt die Wasserverbrauchssteuer zunächst verboten: zu Unrecht, wie jetzt das Verwaltungsgericht Wiesbaden urteilte.

Wasser fließt aus Hahn
In Wiesbaden könnte für das Trinkwasser eine Extra-Steuer fällig werden. Bild © Colourbox.de
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Die Stadt Wiesbaden darf eine Steuer auf Wasserverbrauch einführen. Diese sei rechtlich zulässig, entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden am Dienstag (Aktenzeichen: 7 K 941/24.WI). Zuletzt hatte der sogenannte "Wassercent" einen Rechtsstreit zwischen der Stadt Wiesbaden und dem hessischen Innenministerium entfacht.

Im Dezember 2023 hatte die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung die Wasserverbrauchssteuer mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken und Volt angesichts klammer Kassen beschlossen. Außerdem würde so der Wasserverbrauch reduziert, was gut für die Umwelt sei, lautete damals die Argumentation. Doch das Innenministerium ging dazwischen.

Die Kommunalaufsicht des Ministeriums stoppte den Wassercent im Mai 2024. Dagegen wiederum klagte die Landeshauptstadt - und bekam nun Recht.

90 Cent Steuer pro 1.000 Liter Trinkwasser

Neben der Wassergebühr sollten die Bürgerinnen und Bürger zusätzliche Wasserverbrauchssteuer von 90 Cent pro 1.000 Liter Trinkwasser zahlen - und zwar schon ab dem ersten Liter. Durch die Wasserverbrauchssteuer erhofften sich die Befürworter rund 16 Millionen Euro Mehreinnahmen zur Deckung des Haushaltsdefizits.

Die Kommunalaufsicht hielt dagegen: Um einen sparsameren Umgang mit Wasser zu erreichen, gebe es im Wasserrecht mehrere Möglichkeiten, eine Wassersteuer werde dort aber nicht genannt.

Außerdem dürfe die Stadt mit Wassergebühren keinen Gewinn erzielen, sondern nur die Kosten decken, argumentierte die Kommunalaufsicht. Eine Wasserverbrauchssteuer treffe insbesondere einkommensschwache Haushalte über der Grenze zum Bezug von finanzieller staatlicher Hilfe.

Gericht verweist auf Klimawandel

Das Verwaltungsgericht hingegen urteilte, der Umstand, dass lebensnotwendige Güter wie Trinkwasser nicht besteuert werden dürften, sei kein geltender Rechtsgrundsatz, wie das Beispiel der Umsatzsteuer zeige.

Die geplante Wiesbadener Wasserverbrauchssteuer sei hoch genug für Lenkungseffekte, ohne zu einer "erdrosselnden Wirkung" zu führen. Dass sie einkommensschwache Haushalte oberhalb der sogenannten Transfergrenze stärker treffe als andere, sei auch bei jeder anderen Besteuerung der Fall. 

Mit Blick auf das Ziel, Wasser zu sparen, verwies das Gericht außerdem auf Trockenheitsphasen auch infolge des Klimawandels: In den vergangenen fünf Jahren habe Wiesbaden nach eigenen Angaben im Sommer daher die Wasserentnahme aus Bächen und Seen verbieten müssen.

Berufung möglich

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat nach eigener Aussage die Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen, "weil es sich bei der Zulässigkeit einer kommunalen Wasserverbrauchssteuer um eine grundlegende Frage handelt, die von der Rechtsprechung noch nicht entschieden worden ist".

Geht das Land Hessen nicht gegen das Urteil in Berufung, können die Stadtverordneten entscheiden, ab wann der "Wassercent" erhoben wird.

Schon einmal hatte es in Wiesbaden Streit wegen Trinkwassers gegeben. Nach Ansicht der Landeskartellbehörde waren die Wasserpreise in Wiesbaden zwischen 2007 und 2011 missbräuchlich überhöht. ESWE wehrte sich gegen diese Einschätzung, zuletzt vor dem Oberlandesgericht Frankfurt.

Die Beteiligten einigten sich nach 15 Jahren Streit im Februar dieses Jahres doch noch außergerichtlich. 17,5 Millionen Euro sollen in den nächsten fünf Jahren an die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen.

Redaktion: Anikke Fischer

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe