Debatte um Regionalflughafen Verkehrsminister glaubt nicht mehr an "verrückte Ideen" für Kassel Airport
Verkehrsminister Al-Wazir hat sich dafür ausgesprochen, den Kassel Airport zu einem Verkehrslandeplatz herabzustufen. An einen wirtschaftlichen Höhenflug glaubt der grüne Spitzenkandidat bei der Wahl im Oktober nicht mehr - anders als sein Koalitionspartner.
Am Sonntag ein Flieger nach Palma, am Montag einer nach Bozen und am Mittwoch sind keine Touristenflieger geplant: Der Flugplan am Kassel Airport ist selbst in der Ferienzeit übersichtlich.
Grund genug für die Grünen, den Airport auf den Prüfstand zu stellen. Man wolle laut Wahlprogramm Kosten und Nutzen "in Einklang bringen" und "deshalb eine Abstufung des Regionalflughafens zum Verkehrslandeplatz betrachten".
Weniger Zuschüsse vom Land
In einem Interview mit der HNA begründete Verkehrsminister Tarek Al-Wazir - zugleich grüner Spitzenkandidat bei der Landtagswahl im Oktober - nun den Plan: "Sie werden keine große Fluggesellschaft finden, die sich hier ansiedelt."
Wäre dies erfolgversprechend gewesen, hätte das eine Airline in den vergangenen zehn Jahren bereits getan. Al-Wazir habe eine solche Entwicklung damals prophezeit.
Al-Wazir will durch einen herabgestuften Verkehrslandeplatz die Landeszuschüsse von derzeit rund fünf Millionen Euro reduzieren. "Da geht es ja um Steuergeld", sagte Al-Wazir und kündigt Details für mögliche Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl am 8. Oktober an.
Neben dem Land Hessen sind die Stadt und der Landkreis Kassel sowie die Gemeinde Calden Anteilseigner. Der Flughafen ist damit vollständig in öffentlicher Hand - so dass letztlich der Steuerzahler das Defizit bezahlt.
Schwarz-Grün uneins über Kassel Airport
Der CDU-Koalitionspartner hält am Kassel Airport fest. Es sei ein "wirtschaftlich vertretbares Projekt", sagte Finanzminister Michael Boddenberg zum zehnjährigen Jubiläum des Regionalflughafens. Er habe vor der Corona-Pandemie 50 Millionen Euro Steuereinnahmen pro Jahr generiert.
"Mir wäre es lieb, wenn man den Status quo einfach akzeptiert", erklärte Boddenberg. Gemeinsam solle man den Flughafen weiterentwickeln.
Angst um Wirtschaftsstandort Nordhessen
Daran glaubt Al-Wazir nicht. "Ich bin immer gern bereit, mich auch mal mit verrückten Ideen auseinanderzusetzen", sagte er im HNA-Interview. Nur sehe er keine.
Der Kasseler CDU-Kandidat Alexander Grotov sieht durch eine Herabstufung den Wirtschaftsstandort Nordhessen in Gefahr: "Alle paar Jahre kommen die alten ideologischen Ideen der Grünen für das eigene Klientel." Sie würden aber nie umgesetzt werden.
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So stehen die Parteien zum Kassel Airport
Wie die Grünen wollen auch die Linken den Regionalflughafen zum Verkehrslandeplatz herabstufen. Neben der CDU spricht sich die SPD für den Airport aus, er "biete viel Entwicklungspotenzial".
Der Chef der Nordhessen-SPD, Timon Gremmels, wirft Al-Wazir vor, "den Menschen bewusst Sand in die Augen zu streuen." Weder gebe es in der derzeitigen schwarz-grünen Koalition eine Mehrheit für eine Herabstufung, "und unter einer SPD-geführten Landesregierung wird es diese ebenso wenig geben."
Die FDP will laut Wahlprogramm den Luftfahrtstandort Hessen stärken. Die AfD findet, Regionalflughäfen seien nicht überlebensfähig. Auch die Linke ist für die Rückstufung. Bei dem Flughafen "handelte es sich von Beginn an um ein Nonsens-Projekt."
IHK kritisiert Al-Wazir-Aussage
Kritik an Al-Wazirs Aussage kommt auch von der Kasseler Industrie- und Handelskammer. "Sie ist für uns kaum nachvollziehbar", sagte IHK-Präsident Jörg Ludwig Jordan auf hr-Anfrage. Eine Herabstufung zum Verkehrslandeplatz würde wahrscheinlich bedeuten, "dass touristische Verkehre, wie sie aktuell Sundair anbietet, in dieser Form nicht mehr umgesetzt werden könnten." Das würde die Erlössituation verschlechtern.
Eine Herabstufung hätte unter anderem Auswirkungen auf den Bauschutzbereich um den Flughafen. Eine Evaluierung 2017 kam zum Schluss, den Airport weiter als Verkehrsflughafen zu betreiben.
Zum 10-jährigen Jubiläum im April 2023 sagte Al-Wazir, eben jene Evaluation habe verdeutlicht, wie viel Geld eine Herabstufung einsparen würde. Al-Wazir: "Das waren keine relevanten Summen."