"Vertrauen missbraucht" Kasseler Uni-Präsidentin bricht Gedenkfeier für in Gaza getöteten Studenten ab

Die Kasseler Uni-Präsidentin hat eine Gedenkfeier für einen palästinensischen Studenten abgebrochen, der in Gaza getötet wurde. Genehmigt war die Veranstaltung auf dem Campus als reine Gedenkfeier. Doch es kam anders.

Menschen stehen an einer Treppe in einer Reihe zusammen. Vor ihnen ein Tisch mit Kerzen, Blumen und ein Foto eines Mannes.
Freunde und Kommilitonen gedachten am Donnerstag Yousef Shaban, der bei einem Angriff im Gazastreifen getötet wurde. Bild © Julia Maria Klös, hr
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Trauerfeier für palästinensischen Student in Kassel vorzeitig beendet

Trauerfeier
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An der Universität in Kassel haben am Donnerstag gut 150 Menschen Yousef Shaban gedacht. Der 33-jährige Palästinenser war bei einem Angriff im Gazastreifen am 24. Oktober getötet worden, wie Palestinian Lives Matters Kassel auf Facebook am Mittwoch mitteilte. Mit ihm starben demnach seine Frau und sein Sohn, zwei weitere Kinder liegen im Krankenhaus.  

Gekommen zu der Gedenkveranstaltung waren Freunde und Kommilitonen von Shaban. Der Palästinenser hatte bis Ende des Sommersemesters Elektrotechnik an der Kasseler Uni studiert. Auch Kassels Uni-Präsidentin Ute Clement nahm an der Veranstaltung teil und zeigte sich "sehr betroffen über den Tod" des Studenten. Sie rief zu einer Schweigeminute für den Verstorbenen auf.

Universität wollte nur Gedenkfeier

Zugleich mahnte Clement, den Konflikt zwischen Israel und Palästina bei der Gedenkveranstaltung nicht zu thematisieren. Nach Überzeugung der Universitätsleitung seien in diesem jahrhundertealten Konflikt keine einseitigen Schuldzuweisungen möglich.

Die Gedenkveranstaltung war nur als solche von der Uni genehmigt worden. Es sollte nicht zu "einer politischen Kundgebung kommen", wie ein Sprecher gegenüber dem hr schriftlich mitteilte. Weder durfte "das Existenzrecht Israels noch das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat infrage gestellt werden”. 

Unipräsidentin Clement stellt Mikrofon ab

Doch diese Absprachen wurden aus Sicht der Uni gebrochen. Zunächst hatten die Teilnehmenden auf Wunsch von Clement ihre Kufiya - auch Palästinensertücher genannt - zwar noch abgenommen. Doch dann thematisierten verschiedene Rednerinnen und Redner doch den jahrhundertealten Konflikt und die aktuelle Situation rund um Gaza.

Uni-Präsidentin Clement brach die Veranstaltung schließlich ab. Sie stellte das Mikrofon ab, als Brigitte Domes, Vorsitzende der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, aus einem offenen Brief der jüdischen Journalistin Amira Hass an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zitierte. Darin kritisierte die Journalistin die Bundesregierung für eine "vorbehaltlose Unterstützung eines Israels, das besetzt, kolonisiert".  

Gedenkveranstaltung Yousef Shaban
Ute Clement, die Präsidentin der Universität Kassel, vor der Veranstaltung. Bild © Stefanie Küster, hr

Organisator Mustfa Saleh von der Hochschulgruppe Unidiversität zeigte sich sich von dem Abbruch der Veranstaltung enttäuscht. "Wir haben einen Freund verloren", sagte Saleh. Shaban sei nicht bei einer Naturkatastrophe ums Leben gekommen, sondern wegen eines politischen Konflikts getötet worden. 

Nach der Veranstaltung zeigte sich die Uni Kassel in einem schriftlichen Statement über den Verlauf der Veranstaltung empört. Die Universitätsleitung sehe "ihr Vertrauen missbraucht". Man habe der Bitte einer Gruppe von Kommilitonen nach einer öffentlichen Gedenkfeier entsprochen. Von Seiten der Organisatoren habe man die Auflagen akzeptiert und zugesichert, sich daran zu halten. 

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Was ist die Kufiya?

Die Kufiya ist Symbol der kulturellen Identität und gilt als Zeichen der Solidarität mit den Palästinensern. Über die Jahrzehnte hinweg war es auch als Symbol gegen die israelische Besatzung bekannt geworden und ist deshalb umstritten. 

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 02.11.2023, 19:30 Uhr

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Quelle: Stefanie Küster, hessenschau.de