Von Hamas ermordet Nahost-Friedensaktivistin Silver erhält posthum Hessischen Friedenspreis

Erstmals in seiner Geschichte wird der Hessische Friedenspreis posthum verliehen. Geehrt wird die Aktivistin Vivian Silver. Sie trat für Versöhnung von Israelis und Palästinensern ein, bis die Hamas sie ermordete.

Vivian Silver und die ausgebrannte Wohnung, in der Hamas-Terroristen sie ermordeten
Die Aktivistin Vivian Silver erhält posthum den Hessischen Friedenspreis. Sie wurde in ihrer Wohnung von Hamas-Terroristen überfallen und ermordet. Bild © privat/dpa
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Friedenspreis posthum für bei Hamas-Angriff getötete Aktivistin Silver

hessenschau von 16:45 Uhr
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Als der Hessische Friedenspreis 1994 zum ersten Mal verliehen wurde, erhielt ihn mit der Nahost-Expertin Marianne Heiberg schon einmal eine Streiterin für die Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern. In diesem Jahr lenkt das Kuratorium mit seiner Wahl erneut die Aufmerksamkeit auf den Einsatz einer Frau für Frieden in der Region - aber unter einem anderen Vorzeichen.

Denn es ist das erste Mal in seiner 30-jährigen Geschichte, dass der Preis posthum verliehen wird. Er ehrt für das Jahr 2023 die kanadisch-israelische Aktivistin Vivian Silver. Sie wurde am 7. Oktober im Alter von 74 Jahren bei dem Überfall von Hamas-Terroristen ermordet. Sie war eines der rund 1.200 Todesopfer.

Silver war eine der bekanntesten Fürsprecherinnen in Israel für einen gerechten Frieden mit den Palästinensern.

Wallmann: "Brückenbauerin und Hoffnungsträgerin"

Sie sei eine "Brückenbauerin und für viele auch eine Hoffnungsträgerin gewesen", sagte Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) über die tote Preisträgerin. Der Einsatz für die friedliche Aussöhnung sei ihr zentrales Vermächtnis. Mit der Verleihung sei die "gegenwärtig in scheinbar weite Ferne geratene Hoffnung verbunden", dass Silver Nachahmer finde.

Man wolle gerade in der schwierigen Lage ein Zeichen zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Initiativen für ein gleichberechtigtes Zusammenleben setzen, betonte auch Nicole Deitelhoff vom Leibnitz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung. Die Frankfurter Politikwissenschaftlerin erinnerte daran, dass sich Silver als "Zionistin unter Bedingungen" bezeichnet hatte: Sie trat für das Existenzrecht Israels ein, das jedoch mit einem gleichen Recht für die Palästinenser verbunden sei.

Deitelhoff gehört wie Wallmann dem Kuratorium an, das über die jährliche Preisverleihung entscheidet. Man sei sich bewusst gewesen, "dass es ein Thema ist, das auch provozieren kann", sagte der Kuratoriumsvorsitzende Karl Starzacher. Die Entscheidung sei aber "in großem Einvernehmen" gefallen. Starzacher (SPD), einst Landtagspräsident und Finanzminister Hessens hob hervor: Unter den Opfern des Angriffs der Hamas hätten sich zahlreiche Menschen befunden, die wie Silver für Frieden zwischen Israelis und Palästinensern arbeiteten.

Mut zu politische Alternativen gefordert

Anfang der 70er Jahre war Vivian Silver mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen von Kanada nach Israel gezogen. Sie verband den Aktivismus für Frieden, bei dem sie gegen die derzeitige israelische Regierung für eine Zweistaaten-Lösung eintrat, mit dem für Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern.

Silver zählte unter anderem zu den Mitbegründerinnen der Bewegung "Woman Wage Peace" (Frauen stiften Frieden). Ihr gehören Jüdinnen, Musliminnen und Christinnen an.

Die Organisation teilte in einem Nachruf, was Silver Jahre zuvor bei einer Ansprache gesagt habe. Darin forderte die Aktivistin die eigene Regierung auf, den Mut zu politischen Veränderungen für Frieden und Sicherheit zu haben. Und weiter: "Wir rufen unsere Schwestern in Gaza auf: Schließt euch uns an und fordert eure Führer auf, genug zu tun. Terror nützt niemandem. Auch ihr habt Frieden und Sicherheit verdient."

Sie kämpfte auch für die Rechte vom Beduinen und arbeitete für die Organisation "Road to Recovery" (Straße zur Besserung), die Patienten aus dem Gazastreifen in Kliniken nach Israel brachte.

"Sie sind jetzt im Haus"

Im Kibbuz Be'eri, ihrem Zuhause nahe der Grenze, wurde die 74-Jährige beim Überfall Anfang Oktober von Hamas-Terroristen ermordet. Die Täter zündeten die Wohnung an, bis zur Identifizierung der Leiche lebte Silvers Familie einige Wochen in Ungewissheit. Anfangs glaubte man, sie sei unter den vielen Entführten.

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Bei ihrem Sohn Yonatan Zeigen hatte sie sich nach dessen Angaben noch unmittelbar vor ihrem Tod gemeldet und vom Eindringen der Hamas-Terroristen in den Kibbuz berichtet: "Sie sind jetzt im Haus."

Motto "Rache ist keine Strategie" soll weiterleben

Der Sohn wird den mit 25.000 Euro dotierten Hessischen Friedenspreis bei einem Festakt am 1. Juli im Landtag in Wiesbaden entgegennehmen. Er hat angekündigt, trotz des Schmerzes über die Ermordung seiner Mutter deren Motto "Rache ist keine Strategie" lebendig zu halten. Familie und Freunde haben ihrerseits einen Preis für Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern gestiftet: den Vivian Silver Impact Award.

Laudator bei der Verleihung in Wiesbaden wird Steffen Seibert sein, der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Israel. Er nannte die Nachricht über Silvers Ermordung seinerzeit "niederschmetternd". Aus der früheren Heimat Silvers schrieb Außenministerin Mélanie Joly: "Kanada trauert".

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Ins Leben gerufen hat den Hessischen Friedenspreis der frühere SPD-Ministerpräsidenten Albert Osswald mit seiner nach ihm benannten Stiftung. Im vergangenen Jahr erhielt ihn die somalisch-kanadische Friedens- und Menschenrechtsaktivistin Ilwad Elman.

Weitere Informationen

Redaktion: Wolfgang Türk

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 27.05.2024, 16.45 Uhr

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Quelle: hessenschau.de