Geplante Gesetzesänderung Vorstoß zu Handyverbot polarisiert an Schulen und im Netz
Übermäßige Bildschirmnutzung von Kindern kann zum Problem werden, darüber scheint es weitgehend Einigkeit zu geben. Doch ob ein Handyverbot an Schulen die Lösung ist, bezweifeln auch diejenigen, die es betreffen wird.
"Längst überfällig" heißt es im ersten Kommentar, "Willkommen im letzten Jahrtausend" im nächsten: Die beiden kurzen Kommentare bringen auf den Punkt, wie unterschiedlich die Reaktionen auf das geplante Handyverbot an hessischen Schulen ausfallen - nicht nur unter den Nutzerinnen und Nutzern von hessenschau.de.
Lehrkräfte für und gegen das Verbot
Die Meinungen zu der von CDU und SPD geplanten Änderung des Schulgesetzes gehen auch unter denjenigen auseinander, die das Verbot konkret betrifft - also Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler.
"Klare Zustimmung zum absoluten Verbot privater Handys an Schulen" gab es etwa vom Verband der Lehrer Hessen (VdL):
Smartphones haben im Schulalltag keinen Platz, um die Lernfähigkeit, Unterrichtsqualität und soziale Interaktion nachhaltig zu verbessern. Zitat von Jörg Leinberger,VdL LandesvorsitzenderZitat Ende
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Hessen kommentierte hingegen:
Was nach einem großen Wurf klingt, ist bei näherem Hinsehen nur eine rechtliche Grundlage für das, was an den meisten Schulen längst gang und gäbe ist. Zitat von VBE HessenZitat Ende
Den Schulen sei aktuell die Regelung der Handynutzung überlassen. Echte Herausforderungen seien derzeit hingegen der Lehrermangel, schleppende Digitalisierung und Bürokratie.
GEW: Verlagerung ins Private
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die ebenfalls Lehrkräfte vertritt, äußerte sich zu den Handyverbots-Plänen des hessischen Kultusministers Armin Schwarz (CDU) schon im Dezember 2024. Dabei stritt die GEW nicht ab, dass Handys im Schulalltag durchaus zu Problemen führen können.
Doch ein Verbot verlagere die Probleme – wie Cybermobbing oder Suchtverhalten – womöglich ins Private, ohne sie zu lösen, erklärte Thilo Hartmann damals und forderte Konzepte, "die auf Bildung, Prävention und Mitbestimmung setzen".
Schülerinnen und Schüler fühlen sich übergangen
Auch die Landesschüler*innenvertretung (LSV) kritisierte pauschale Handyverbote. "Der Gesetzentwurf weist erhebliche Schwächen auf und geht an zentralen Forderungen der Schüler*innenschaft vorbei", hieß es in einer Mitteilung. Dabei kritisierte die LSV unter anderem, nicht genug in den Prozess mit eingebunden worden zu sein.
Forderungen nach mehr Medienkompetenz statt Verboten
An alternativen Ideen zur geplanten Änderung des Schulgesetzes von SPD und CDU mangelte es am Donnerstag nicht: Auch die Krankenkasse DAK äußerte sich zu dem Vorhaben der Landesregierung und brachte ein neues Schulfach "Gesundheit" ins Spiel, in dem es um gesunde Mediennutzung gehen könne.
Schließlich seien "Mediensucht und die Dauerpräsenz von Handys bei Kindern und Jugendlichen zu einem dauerhaften und ernsten Problem geworden." Ein bloßes Handyverbot an Schulen greife aber zu kurz.
Für mehr Vermittlung von Medienkompetenz statt eines Verbots plädierte auch der Digitalverband Bitkom. "Eine Unterscheidung zwischen privater und schulischer Nutzung ist weder praktikabel noch von den Lehrkräften durchsetzbar", so der Verband, der Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche vertritt.
Kein einheitliches Bild in Nutzerkommentaren
Derweil scheint die Mehrheit der hessenschau.de-Nutzerinnen und -Nutzer das Handyverbot für eine grundsätzlich richtige Entscheidung zu halten. Bei der (allerdings keinesfalls repräsentativen) Umfrage stimmten rund 82 Prozent dafür, rund 18 dagegen (Stand: 19 Uhr).
Wer einen genaueren Blick in die über 70 Kommentare wirft, die Nutzerinnen und Nutzer unter dem Artikel zu den Plänen der Landesregierung hinterlassen haben, erhält aber dann doch wieder den Eindruck, dass die Meinungen recht weit auseinandergehen.
Auch zahlreiche Lehrkräfte äußern sich in den Kommentaren - und vertreten dabei unterschiedliche Positionen.
Dieses Handyverbot wir nur aufgestellt, um zu zeigen, dass man etwas tut. Wir Lehrer mühen uns tagtäglich mit dem Lehren von einer sinnvollen Nutzung ab. [...] Ich hätte erwartet, dass die Regierung Hessens weiß, dass bereits eine Medienerziehung stattfindet, zumal sie alle Schulen verdonnert hatte, ein Mediencurriculum zu erstellen, z.B. Podcasts erstellen in der Fremdsprache. Zitat von Nutzerin Sabine aus GernsheimZitat Ende
Für das Handyverbot spricht sich eine andere Nutzerin aus, die nach eigenen Angaben Lehrerin im Lahn-Dill-Kreis ist.
Es wird gechattet, gezockt und wenn die Lehrkraft nachschaut, erfolgt ein Wisch und es ist, als wäre nichts gewesen. Ich beobachte das als Lehrerin jeden Tag. Zitat von Nutzerin Anke aus SchöffengrundZitat Ende
Und dann gibt es auch diejenigen, denen es schwerfällt, sich klar zu positionieren: So schreibt Nutzerin Charlotte, nach eigenen Angaben seit 20 Jahren Lehrerin in Frankfurt:
Ich selbst habe dazu keine klare Meinung, weil es eben ein Für und ein Wider gibt, weil es komplex ist, weil es nicht nur die Schule betrifft, sondern ein gesellschaftliches Thema ist. Es gibt ja fast nie einfache Antworten auf derartige Fragen und dennoch müssen Entscheidungen getroffen werden. Zitat von Nutzerin Charlotte aus FrankfurtZitat Ende
Sie betont, die Arbeit in der Schule habe sich in den vergangenen Jahren "massiv verändert". Wichtig sei es aus ihrer Sicht, "ein Miteinander zu fördern, nicht ein Gegeneinander." Dazu klingt passend, was Nutzerin Carina aus dem Hochtaunuskreis schreibt: "Am besten nicht so viel aufregen."