"Wachsende Distanz zur SPD" SPD-Politiker Roth: Nach der Bundestagswahl bin ich raus

Der langjährige SPD-Außenpolitiker Michael Roth aus dem osthessischen Heringen will sich 2025 aus der Politik verabschieden. Ein Grund sei die "Kühlschrank"-Atmosphäre innerhalb der SPD-Fraktion im Bundestag.

Mann im Anzug mit Mikro vor blauem Vorhang
Michael Roth Anfang Februar bei einer Buchvorstellung. Bild © picture-alliance/dpa
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Im nächsten Jahr verlässt Michael Roth die Politik. Dem Magazin Stern sagte der 53 Jahre alte Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses: "Als Politiker muss man sich ohnehin alle vier Jahre fragen, ob man noch will, noch kann, noch darf. Und ich will nicht mehr." Er ergänzte: "Bis zur Bundestagswahl mache ich noch. Danach bin ich raus." Diese findet voraussichtlich nächstes Jahr im Herbst statt.

"Ich spüre eine innere Distanz zum Betrieb"

Er sei ohne Zorn und ohne Enttäuschung, aber er habe den Eindruck, "dass es jetzt Zeit wird zu gehen", sagte der aus Heringen/Werra (Hersfeld-Rotenburg) stammende Roth in einem auf X (ehemals Twitter) veröffentlichten Video. Er habe diese Entscheidung immer selbstbestimmt und ohne Druck von außen treffen wollen.

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Er begründete die Entscheidung mit einer schleichenden Entfremdung von Partei und Politikbetrieb. Für ihn sei immer klar gewesen, dass er nicht als Abgeordneter in Rente gehen wolle. Seit einiger Zeit merke er: "Ich habe den Biss nicht mehr. Ich spüre eine innere Distanz zum Betrieb. Jetzt ist mal Schluss mit Politik. Das ist ein gutes Gefühl."

Roth und die SPD: Zuletzt eher "Kühlschrank"-Atmosphäre

Der Bundestagsabgeordnete verwies zugleich auf seine wachsende Distanz zur SPD. "Ich bin leidenschaftlicher Sozialdemokrat, wollte ja auch mal Vorsitzender der SPD werden. Aber im letzten Jahr habe ich gemerkt, dass ich mit unseren Sitzungen immer mehr fremdele, dass mich die Gremien stören, die Stimmung darin. Wenn die Tür zum Fraktionssaal aufging, hatte ich zuletzt den Eindruck, ich steige in einen Kühlschrank."

Die Frage von Krieg und Frieden habe in der SPD für eine neue Härte gesorgt. "Mein früher Einsatz für die Ukraine gefiel nicht allen. Und als ich kurz nach Kriegsausbruch in das Land reiste, grüßten mich manche in der Fraktion nicht einmal mehr", sagte Roth.

Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass er eine Mitverantwortung für die Entfremdung trage: "Ich habe öffentlich viel für meine Positionen gekämpft, das Gespräch mit Kollegen dafür vernachlässigt."

Roth: Wer Spitzenpolitik betreibt, muss sich fast komplett aufgeben

Roth, den im Sommer 2022 ein Burnout zu einer längeren Pause gezwungen hatte, sprach auch über die Härte des Politikbetriebs. "Spitzenpolitiker brauchen heutzutage eine absolute Stressresistenz, eine bis ins Übermenschliche gehende mentale und physische Stärke. Die Fähigkeit, sich nicht kirre machen zu lassen. Ein überbordendes Selbstbewusstsein", sagte er.

Wer heute Spitzenpolitik betreibe, müsse sich fast komplett aufgeben. "Das ist brutal. Spitzenpolitiker müssen heute jeden Tag einfach nur überleben."

Seit bald 27 Jahren im Bundestag

Roth sitzt seit 1998 für die SPD im Bundestag. Von 2013 bis 2021 war er Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, von 2014 bis 2021 auch Beauftragter der Bundesregierung für die deutsch-französische Zusammenarbeit. Seit 2021 ist er Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag.

Roth betonte in dem Video auf X, er sei unendlich dankbar, dass er siebenmal von den Wählerinnen und Wählern in seinem Wahlkreis Werra-Meißner – Hersfeld-Rotenburg direkt in den Bundestag gewählt wurde. Zu der Zeit nach der Bundestagswahl sagte er: "Was kommt, das weiß ich noch nicht."

Weitere Informationen

Sendung: hr-iNFO, 26.03.2024, 8 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe