In fünf Kreisen wird das Spitzenpersonal gewählt SPD und CDU wollen Landratsämter verteidigen
Parallel zu den Kommunalwahlen in Hessen werden am Sonntag in fünf Kreisen auch die Landräte gewählt. Die SPD besetzt dort bislang drei Posten, die CDU zwei. Dabei gibt es in den Regionen durchaus Konkurrenz.
Neben den Kommunalwahlen dürfen die Bürger am Sonntag beim Urnengang auch Kreuzchen bei der Auswahl der Landräte in fünf Kreisen machen. SPD (3) und CDU (2) wollen ihre Spitzenpositionen in den Regionen verteidigen. Eine Übersicht - alphabetisch nach Kreisnamen sortiert - wo welche Kandidaten antreten, welche Themen die Menschen dort umtreiben und welche Ziele die Bewerber verfolgen:
Kreis Bergstraße
In dem mit am südlichsten gelegenen Landkreis in Hessen mit seinen rund 272.000 Einwohnern konkurriert ein Trio um die Spitzenposition im Landratsamt. Christian Engelhardt von der CDU ist seit 2015 Amtsinhaber und möchte seinen Posten wiederbesetzen. Zuletzt bekam er großen parteiinternen Rückhalt. Beim CDU-Kreisparteitag wurde er mit 97 Prozent der Stimmen erneut ins Rennen geschickt. Engelhardts Wahl ins Amt hingegen war im April 2015 eine Zitterpartie. Er setzte sich in der Stichwahl knapp mit 53,9 Prozent gegen den SPD-Kandidaten Gerald Kummer (46,1 Prozent) durch.
Engelhardts SPD-Herausforderer ist diesmal Karsten Krug, seit 2016 hauptamtlicher Kreisbeigeordneter im Kreis Bergstraße. Die Grünen haben als Kandidatin Evelyn Berg aufgestellt, die bereits seit 2001 Mitglied des Bergsträßer Kreistags ist und somit über große kommunalpolitische Erfahrung verfügt.
Die Ziele der Kandidaten
Für Engelhardt spielt neben dem Thema Gesundheit die Bildung eine große Rolle. Er will zum Bau von Schulen beitragen und dort die Digitalisierung voranbringen. Berg will sich beim Klima- und Naturschutz sowie für die Artenvielfalt engagieren. Zudem ist ihr die "Schaffung gleicher Lebensverhältnisse" ein Anliegen.
Für Krug ist die Digitalisierung an Schulen am wichtigsten. Er möchte einen IT-Support zur Entlastung von Lehrern einrichten und flächendeckendes WLAN an Schulen. Alle Schüler sollen Zugang zu einem digitalen Endgerät bekommen.
Kreis Hersfeld-Rotenburg
Im Kreis Hersfeld-Rotenburg kommt es zu einem Zweikampf: Herausforderer Torsten Warnecke von der SPD tritt gegen Amtsinhaber Michael Koch von der CDU an. Koch ist seit 2015 Verwaltungschef in dem rund 120.500 Einwohner zählenden Kreis in Osthessen. Er hatte sich Ende März 2015 das Amt durch einen Wahlsieg (58,4 Prozent) in der Stichwahl gegen die SPD-Kandidatin Elke Künholz (41,6 Prozent) gesichert.
Koch war vor seinem Amtsantritt unter anderem Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag. Der Bad Hersfelder Warnecke ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag. Landtagsabgeordneter ist er seit dem Jahr 2008.
Top-Themen im Wahlkampf
Die Frage, ob Landrat Koch im Amt bleibt oder Gegenkandidat Warnecke gewählt wird, ist für die Bürger im Kreis vermutlich spannender als die eigentliche Kommunalwahl. Der promovierte Jurist und Verwaltungsrecht-Experte Koch visiert eine zweite Amtszeit an, hat wegen der Corona-Pandemie und des Streits um die Kliniken in Bad Hersfeld und Rotenburg aber schwierige Zeiten hinter sich.
Eines der Top-Themen vor der Wahl war neben der Bekämpfung der Pandemie und der Digitalisierung an Schulen vor allem die Gesundheitsversorgung. Dabei geht es um die Zukunft der Kreiskliniken. Die geplante Verlegung des Herz-Kreislaufzentrums von Rotenburg nach Bad Hersfeld sorgte für massive Proteste. Im Herbst organisierte die Bürgerinitiative "Bürgerherz" eine Menschenkette mit rund 2.000 Teilnehmern.
Gegenkandidat Warnecke fordert eine bessere Kommunikation zwischen Landkreis und Klinikverwaltung. Er verspricht, die Arbeitsplätze in den Kliniken zu erhalten, sollte er Landrat werden.
Landkreis Kassel
Ein neues Gesicht wird es auf jeden Fall an der Spitze im Kreis Kassel (237.000 Einwohner) geben - vier Kandidaten stehen in der SPD-Hochburg zur Auswahl. In 23 von 28 Kommunen sowie im Kreistag sind die Sozialdemokraten stärkste Kraft. Uwe Schmidt von der SPD steht nach zwei Amtszeiten als Landrat aber nicht mehr zur Wahl. Seinen Parteifreund beerben möchte der Vize-Landrat und ehemalige Bürgermeister der Gemeinde Niestetal, Andreas Siebert.
Sein Konkurrent Andreas Mock (CDU) hat sich in Baunatal zweimal um das Amt des Bürgermeisters beworben und ist dort Stadtrat. Seit zehn Jahren sitzt der Regierungsoberrat zudem für die CDU im Kreistag und ist seit zwei Jahren auch Fraktionsvorsitzender.
Björn Sänger (FDP) war für die Partei von 2009 bis 2013 im Bundestag, unter anderem im Finanzausschuss tätig. Der Diplom-Ökonom ist Geschäftsführer bei einem Kasseler Unternehmen. Für die Linke tritt der parteilose Jürgen Kehr an. Der studierte Mathematiker aus Dörnberg hat als Politik-Neuling nur Außenseiterchancen.
Die Ziele des Quartetts
SPD-Mann Siebert will unter anderem weiter in Schulen investieren. Er legt einen Schwerpunkt auf die Digitalisierung und den Breitbandausbau für schnelleres Internet in den Kommunen. Mock von der CDU engagiert sich in der Bildungspolitik. Er will erreichen, dass der Kreis ein zweites Gymnasium bekommt. FDP-Vertreter Sänger setzt auf Digitalisierung, Bildung und Regionalentwicklung. Kehr will für mehr soziale Gerechtigkeit, sich für eine bessere Gesundheitsversorgung und Klimagerechtigkeit einsetzen.
Das wohl wichtigste Thema vor der Wahl ist wohl der immer noch schleppende Internet-Ausbau im ländlichen Raum. In der Vergangenheit wurde zwar Anstrengungen unternommen, doch von einer flächendeckenden Versorgung ist der Landkreis noch weit entfernt. Das sorgt für Frust bei Anwohnern und Gewerbetreibenden.
Odenwaldkreis
Ein Quartett tritt auch im Odenwald an. Es ist der mit knapp 100.000 Einwohnern bevölkerungsärmste Landkreis Hessens. Landrat ist seit 2015 Frank Matiaske von der SPD. Die Sozialdemokraten sind traditionell die stärkste Kraft im Kreis. Matiaske kandidiert erneut. Es gibt aber auch drei Mitbewerber.
Die Grünen schicken die Bundestagsmitarbeiterin Petra Neubert aus Michelstadt ins Rennen. Die CDU vertraut auf den früheren Büttelborner Bürgermeister Andreas Rotzinger. Ebenfalls zur Wahl steht der Diplom-Ökonom Andreas Wagner, der zwar als parteiloser Kandidat antritt, aber in Verbindung mit der AfD steht.
Spannend könnte es werden, weil Amtsinhaber Matiaske auch Gegenwind bekam. Im Sommer 2020 geriet er wiederholt in die Kritik, was seinen Umgang mit der Corona-Pandemie anbelangte. Unter anderem hatte er lange darauf beharrt, nicht zu benennen, in welchen Kommunen im Kreisgebiet es wie viele Infizierte gibt. Matiaske wollte nach eigenen Angaben eine "Hetzjagd" vermeiden.
Top-Thema vor der Wahl
Das Top-Thema ist seit Jahren die Windkraft. Im Kreis gibt es viele Vorrangflächen für Windräder. Bürgerinitiativen und Gemeindevertreter wehren sich aber gegen den Bau weiterer Anlagen. Neben Umweltschäden befürchten sie, dass sich die Anlagen nicht rentieren. Zudem wollen sie nicht von Windkraftanlagen umzingelt werden. Nur die Grünen setzen sich weiter offen für neue Windräder ein.
Schwalm-Eder-Kreis
Der Kreis ist eine absolute SPD-Hochburg. Alle fünf bisherigen Landräte waren Sozialdemokraten. So ist auch Amtsinhaber Winfried Becker ein SPD-Mann. Er hatte sich zuletzt im Jahr 2015 gegen Mark Weinmeister von der CDU (39,4 Prozent) mit 60,6 Prozent der Stimmen durchgesetzt. Becker will seinen Posten behaupten und tritt gegen drei Gegenkandidaten an. Die CDU bietet Michael Schär auf. Die Grünen haben Stefanie Pies nominiert. Die Hoffnungen der Freien Wähler (FW) ruhen auf Christoph Pohl.
Eines der Top-Themen in der Region ist der umstrittene Weiterbau der A49 zwischen Neuental-Bischhausen und der A5 bei Gemünden (Felda) im Vogelsbergkreis. Mehr als 20 Jahre lang haben vor allem die Menschen an der B3 zwischen Bad Zwesten, Jesberg und Gilserberg unter viel Verkehrslärm gelitten. Der Lückenschluss der A49 wird deshalb von vielen Menschen im Kreis herbeigesehnt. Im nördlichen Kreisgebiet haben die Menschen aber auch Sorge wegen des erwarteten steigenden Verkehrsaufkommens.
Für Diskussion sorgen auch der Neubau des Krankenhauses in Melsungen, die Errichtung eines großen Logistikzentrums in Edermünde und Pläne zur Ausweitung von Massentierhaltung mit großen Mastställen.
Ziele der Kandidaten
Für Becker hat Bildung für alle Generationen oberste Priorität. Schär nennt als wichtigstes Anliegen die Digitalisierung. Dieses wichtige Ziel verbindet ihn mit FW-Mann Pohl. Grünen-Frau Pies stehe für nachhaltige Mobilität, bessere medizinische Versorgung, attraktives Wohnen und Vielfalt in der Natur.
Der Kreis ist flächenmäßig der zweitgrößte Landkreis in Hessen, er hat aber nur knapp 180.000 Einwohner. Der Norden boomt, es gibt viele neue Baugebiete. Im Süden ist Landflucht zu beobachten, es gibt es viel Leerstand in Häusern und Geschäften.