Kommunalwahl im März Was machen Gemeindevertreter und Stadtverordnete eigentlich?
Bei den Kommunalwahlen im März geben die Hessen ihre Stimmen für Gemeindevertreter und Stadtverordnete ab. Aber was machen die nach ihrer Wahl eigentlich?
Wie hoch sind die Kita-Gebühren? Wird das Schwimmbad saniert? Und wie oft fährt der Bus? All das sind Fragen, mit denen sich Kommunalpolitiker beschäftigen. Oft treffen sie die Entscheidungen, wenn es um die Angelegenheiten direkt vor der eigenen Haustür geht.
In 422 hessischen Städten und Gemeinden stehen am 14. März Kommunalwahlen an. Und damit auch die Frage: Wem gebe ich meine Stimmen, um meine Interessen vor Ort umzusetzen? Verschiedene Gremien werden gewählt.
Eines davon ist die Gemeindevertretung in Gemeinden beziehungsweise die Stadtverordnetenversammlung in Städten. Sie vertritt die Bürger und ist somit das wichtigste Organ einer Gemeinde oder Stadt. "Wir machen Demokratie vor Ort und gestalten unser eigenes Umfeld mit", sagt Hendrik Schmehl, Stadtverordneter in Wiesbaden.
Zahl der Politiker variiert
Je nach Größe einer Gemeinde oder Stadt variiert die Zahl der Vertreter. In Frankfurt etwa gibt es 93 Stadtverordnete, in Marburg 59. In Gemeinden bis 3.000 Einwohner gibt es in der Regel 15 Gemeindevertreter.
Die Anzahl der Sitze stimmt mit den Stimmen bei der Kommunalwahl überein. Hat eine Gemeindevertretung beispielsweise 15 Sitze, so darf jeder Wähler 15 Stimmen vergeben.
Die Politiker werden für eine Zeit von fünf Jahren gewählt, ihre Aufgabenfelder sind vielfältig. Es gibt Pflichtaufgaben, die die Kommunen erledigen müssen - wie genau sie das tun, ist ihnen aber selbst überlassen. Pflicht ist beispielsweise die Versorgung mit Kindertagesstätten und dem öffentlichen Nahverkehr. Jede Gemeindevertretung oder Stadtverordnetenversammlung kann aber entscheiden, wie hoch die Kita-Gebühren sind, wie viele Busse täglich fahren oder wie die Müllabfuhr genau geregelt ist.
Wofür sie das Geld ausgeben
Besonders spannend ist es dann, wenn die gewählten Vertreter freiwillige Aufgaben wahrnehmen. So ist es jeder Kommune überlassen, ob es ein Schwimmbad oder Sportanlagen gibt und ob ein Neubaugebiet entsteht. Die Stadtverordnetenversammlung oder Gemeindevertretung entscheidet über den Haushalt und damit darüber, wie sie ihr vorhandenes Geld ausgibt.
Die Vertreter kommen bei vielen Entscheidungen zum Zuge. Ein bekanntes Beispiel ist die Citybahn in Wiesbaden. Die geplante Straßenbahn sollte auf rund 35 Kilometern von Bad Schwalbach über Taunusstein und Wiesbaden nach Mainz führen.
Die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung hatte für die Citybahn gestimmt. Doch immer wieder kamen Diskussionen auf, einige Bürgerinitiativen entstanden. Deshalb sprach sich die Versammlung für einen Bürgerentscheid aus. Letztlich entschieden sich die Bürger gegen die Bahn.
Straßenbaubeiträge und Finanzhilfen
Auch in Frankfurt gab es zahlreiche Beschlüsse. So entschieden sich die Stadtverordneten, eine Fashion Week in Frankfurt zu realisieren. Genauso wie den Neubau der Städtischen Bühnen, für dessen Planung wurden Mittel in Höhe von einer Million Euro bereitgestellt.
In Kassel beschlossen die Politiker, eine Soforthilfe für kleine Gewerbetreibende einzuführen. Das Hilfsprogramm der Stadt zur Ankurbelung der von der Corona-Krise betroffenen Betriebe, Einrichtungen und Vereine wurde per Eilverfahren auf den Weg gebracht.
Haus im Garten der Eltern?
In kleineren Gemeinden gibt es ebenfalls zahlreiche Beschlüsse, die interessant für die Bürger sind. In Feldatal (Vogelsbergkreis) haben die Gemeindevertreter zuletzt entschieden, dass die Straßenbaubeiträge weiterhin von den Anwohnern gezahlt werden sollen - und nicht von allen Bürgern, wie in vielen anderen Gemeinden. Das sorgte für Diskussionsstoff bei Politikern und Bürgern.
Auch, ob ein junger Mann ein Haus im Garten seiner Eltern bauen darf, entscheiden die Gemeindevertreter. Denn dann müssen sie eventuell Bebauungsgrenzen und -pläne ändern. "Man kann konkret etwas für einen Bürger tun", sagt Timo Wagner, Vorsitzender der Gemeindevertretung in Feldatal.
Gesetze sind für die Gemeindevertretung tabu
Die Gemeindevertretung oder Stadtverordnetenversammlung besteht aus gewählten Vertretern. Dennoch ist sie kein Parlament im klassischen Sinne, wie der Landtag oder der Bundestag. Die Gemeindevertretung darf Entscheidungen treffen und diese ausführen. Sie darf aber nicht die Gesetze ändern. Ihre Aufgabe besteht in der allgemeinen Verwaltung der Gemeinde. Zudem muss sie die Arbeit des Bürgermeisters überwachen.
Die Vertreter bekommen vom Magistrat Anträge vorgelegt, über die sie abstimmen können. Sie können aber auch eigene Anträge stellen. "Wir geben grünes Licht, um Dinge zu machen", sagt der Kasseler Stadtverordnetenvorsteher Volker Zeidler.
Keine Vollzeitpolitiker
Ungefähr zehn Mal im Jahr tagen Stadtverordnete, meist von 16 bis 23 Uhr. Bei den Gemeindevertretungen sind es in der Regel sechs bis acht Sitzungen jährlich. Zusätzlich gibt es einzelne Ausschüsse, denen die Politiker angehören: vom Finanz- über den Schul- bis hin zum Bau-Ausschuss. Darauf müssen sich die Politiker vorbereiten. "Ein Haushaltsplan kann schon mal 200 Seiten haben", sagt Timo Wagner aus Feldatal.
Wie viel Zeit die Politiker investieren müssen, ist unterschiedlich. "Ein Fraktionsvorsitzender oder Fachsprecher hat eine 10-bis-20-Stunden-Woche", sagt der Stadtverordnete Schmehl. Ihre Tätigkeit üben die Vertreter ehrenamtlich aus. In der Regel bekommen sie dafür eine Aufwandsentschädigung, in einer großen Stadt wie Wiesbaden können das 660 Euro sein, in kleineren Städten meist nur 100 bis 150 Euro.
"Wir sind keine Vollzeitpolitiker", sagt Schmehl, das gehe bei den Menschen oft unter. Viele glaubten, dass die Politiker einen Batzen Geld für ihre Tätigkeit erhielten. Das bekämen sie oft auch in den sozialen Netzwerken zu spüren. "Der Tonfall dort ist sehr hart. Die Vorwürfe sind teilweise erschreckend." Dennoch überwiege das positive Gefühl bei der Arbeit: "Es ist unglaublich zu sehen: Das habe ich mit vorangebracht."