Studie zur Kommunalwahl Corona beeinträchtigt den Wahlkampf massiv

Drei von vier Gemeindevertretern fühlen sich laut einer Studie durch Corona in ihrem Wahlkampf massiv beeinträchtigt. Politikforscher Norbert Kersting sieht darin die Bestätigung dafür, dass die Pandemie die kommunale Demokratie angreift.

Hände in der Höhe bei einer politischen Abstimmung
Die Wahl der Kandidaten für die Kommunalwahl muss persönlich stattfinden - auch in Coronazeiten. Bild © picture-alliance/dpa
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Wer kennt schon die WGD? Eine Frage, die das Problem für Falk Neumann auf den Punkt bringt. Er ist Vorsitzender der Wählergemeinschaft Darmstadt (WGD), die bei der Kommunalwahl am 14. März zum ersten Mal antritt. Stammwähler hat die Gruppe noch nicht. Im Normalfall könnte die Wählergemeinschaft etwa im Straßenwahlkampf versuchen, sich bekannt zu machen. Den gibt es aber nicht. Coronabedingt.

"Hätten wir zum Beispiel an Podiumsdiskussionen teilnehmen können, wären wir präsenter", sagt Neumann. Nun stehen auf der Liste der WGD viele Namen, die die Wähler nicht mit einem Gesicht verbinden. Wahlkampf unter Coronabedingungen stellt die Parteien vor großen Herausforderungen. Nicht nur die Wählergemeinschaften und kleinen Parteien, sondern auch die großen. Das zeigt eine Studie von Norbert Kersting.

Dreiviertel fühlen sich im Wahlkampf beeinträchtigt

Der Professor für Kommunalpolitik an der Universität Münster hat 1.010 hessische Stadtverordnete und Gemeindevertreter zur Kommunalwahl befragt. Dreiviertel der Befragten gaben an, sich aufgrund der Corona-Pandemie in ihrem Wahlkampf beeinträchtigt zu fühlen. "Die Angst, ohne den klassischen Straßenwahlkampf Wählerstimmen zu verlieren, gibt es über alle Parteien hinweg", sagt Kersting.

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"In Deutschland lief der Wahlkampf bisher kaum digital ab, sondern vor allem auf der Straße und mit Hausbesuchen. Aber in diesem Jahr führt kein Weg daran vorbei", sagt Kersting. Wer sich zufällig im Digitalen gut auskenne oder viel Geld und Zeit in die Vorbereitung stecken konnte, sei dieses Mal im Vorteil.

Schon beim Aufstellen der Kandidatenlisten war Kreativität gefragt, denn dazu schreibt das hessische Wahlgesetz eine Abstimmung bei einem Parteitag vor. So trafen sich die Parteien zum Beispiel in Fußballstadien oder Getränkemärkten - mit Abstand und Maske. "Wir haben den ersten Online-Parteitag in der Geschichte des SPD-Stadtverbands gestartet", berichtet Christopher Nübel von der Gießener SPD.

Knapp die Hälfte der Befragten sah sich laut der Studie schließlich in der Vorbereitung und Organisation der Wahl behindert. Dies bemängeln vor allem Stadtverordnete der Linken (56 Prozent) und der SPD (53 Prozent). Vertreter der Grünen sehen das weniger kritisch (40 Prozent).

Land hält an Wahltermin fest

Allerdings: Eine Verschiebung der Wahl kommt einen Monat vor dem Termin ohnehin nicht mehr in Frage – auch wenn sich in der Studie ein Fünftel der Befragten für einen späteren Wahltermin aussprachen, sollte der Lockdown noch einmal verschärft werden. Aus verfassungsrechtlichen Gründen hatte das Land dies ebenso abgelehnt wie die Forderung nach einer reinen Briefwahl.

In der Studie fand die reine Briefwahl besonders viel Anklang bei den Stadtverordneten und Gemeindevertreter von SPD (33 Prozent) sowie CDU (31 Prozent). Die Idee einer reinen Online-Wahl lehnten dagegen fast alle Befragten ab, mit 12 Prozent war die Zustimmung bei der FDP noch am höchsten.

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Politikforscher Kersting sieht in den Studienergebnissen auch die Bestätigung dafür, dass die Corona-Pandemie die kommunale Demokratie beeinträchtigt. "Dass bestimmte Sitzungen nicht stattfinden können, damit hat man sich inzwischen arrangiert und Lösungen oder Räume gefunden. Aber insbesondere bei den Wahlen sieht man doch nicht nur bei den kleinen Parteilisten Ängste, dass der Wahlkampf nicht im alten Stil stattfinden kann."

Sendung: hr-iNFO, 05.02.2020, 10.49 Uhr

Quelle: Klaus Pradella (hr)