Rheingau-Taunus-Kreis vor der Kommunalwahl Rheinromantik, Bahnlärm und Kampf gegen eine Stromtrasse
Am grünen Rand des Rhein-Main-Gebiets lebt es sich gut. Allerdings leidet das Rheintal unter lauten Güterzügen, während die S-Bahn-Pläne im Aartal geplatzt sind. Für Ärger sorgt vor der Kommunalwahl auch eine geplante Starkstromtrasse.
So lebt man hier:
Die Drosselgasse in Rüdesheim ist weltberühmt. Touristen tummeln sich dort ebenso wie an der "Germania", dem Niederwalddenkmal. Wochenendausflügler aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zieht es zum Wandern auf den Rheinsteig und die neuen "Wispertrails" oder zum Flanieren ans Rheinufer.
Mit einem Glas Wein lässt man danach am Weinprobierstand die Schiffe an sich vorbeiziehen oder kehrt beim Winzer ein. Viele haben in schicke, moderne Vinotheken und Gutsausschänke investiert.
Dank Rheinromantik und Weltklasse-Riesling ist der Rheingau überregional bekannt. Zusammen mit dem Untertaunus bildet er den Rheingau-Taunus-Kreis. In seinen 17 Städten und Gemeinden leben rund 187.000 Einwohner. Kreisstadt ist Bad Schwalbach.
Die Chancen und Herausforderungen der Region:
Rheingau und Untertaunus gelten als attraktive Wohngegend. Zur Arbeit pendeln viele nach Wiesbaden oder Frankfurt. Die Arbeitslosenquote ist mit 5,0 Prozent im Januar ebenso niedrig wie die Kriminalitätsrate.
Obwohl der Kreis ländlich geprägt ist - größte Stadt ist Taunusstein mit etwa 30.000 Einwohnern -, kann er drei Hochschulen vorweisen: die Hochschule in Geisenheim mit Schwerpunkt Weinbau, die Hochschule Fresenius in Idstein und die EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel.
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Das Topthema vor der Wahl:
Ein klares Topthema zeichnet sich vor der Wahl nicht ab. Allerdings gibt es seit Längerem Ärger um die Verkehrsanbindung der Kreisstadt Bad Schwalbach und der einwohnerstärksten Stadt Taunusstein. Hier müssen viele Menschen täglich zur Arbeit pendeln, seit 30 Jahren sind die beiden Städte aber vom Schienenverkehr abgeschnitten.
Das Aus für die Citybahn in Wiesbaden hat nun alle Hoffnungen auf eine schnelle S-Bahn-Verbindung in die Landeshauptstadt, nach Mainz oder Frankfurt zunichte gemacht. Deshalb forciert der Rheingau-Taunus-Kreis jetzt die Reaktivierung der Aartalbahn von Bad Schwalbach nach Wiesbaden. Das ist bislang an der Kosten-Nutzen-Rechnung gescheitert. Ob sich die Voraussetzungen geändert haben, soll eine Studie klären.
Das beschäftigt die Menschen noch:
Im Rheingau leiden viele Anwohner weiter unter Lärm und Erschütterungen der Bahn. Güterzüge so laut wie Presslufthammer rattern nachts teilweise dicht an Wohnhäusern vorbei. Das Schienenlärmgesetz des Bundes hatte Abhilfe versprochen: Der Bahnlärm sollte sich unter anderem durch den Einbau sogenannter "Flüsterbremsen" halbieren.
Trotz millionenschwerer Investitionen zeigen die Daten einer Lärmmessstation des Hessischen Landesamts für Umwelt, Naturschutz und Geologie in Assmannshausen aber, dass es vor allem nachts immer noch viel zu laut ist.
Sanktionen, die ursprünglich zum Fahrplanwechsel Ende 2020 greifen sollten, hat die Bundesregierung für ein Jahr ausgesetzt. Das frustriert viele Anwohner und Kommunalpolitiker. Sie halten deshalb an ihrer Forderung nach einer Alternativtrasse für den Güterverkehr fest.
Im Idsteiner Land sorgen sich Anwohner der geplanten Ultranet-Trasse außerdem um gesundheitsschädliche Auswirkungen. Die Starkstromtrasse soll Windenergie von der Nordsee nach Baden-Württemberg bringen. In Niedernhausen will der Netzbetreiber Amprion dafür vorhandene Strommasten nutzen und mit zusätzlichen Gleichstromleitungen aufrüsten.
Damit gibt es bislang keine Erfahrungen, außerdem liegt der geplante Trassenverlauf nach heutigen Anforderungen zu dicht an Wohngebieten. Deshalb fordert eine Bürgerinitiative die Verschwenkung der Trasse und hat konkrete Vorschläge für einen alternativen Verlauf vorgelegt, die der Netzbetreiber nun prüft.
So ist die politische Ausgangslage im Landkreis:
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Stärkste Fraktion im Kreistag ist die CDU mit 21 von insgesamt 61 Mandaten, gefolgt von der SPD mit 15 Sitzen. AfD und Grüne verfügen über jeweils 7 Sitze, FDP und Freie Wählergemeinschaft über jeweils 4 und die Linke über 2 Sitze. Außerdem gibt es einen fraktionslosen Abgeordneten, der sich von der AfD abgespalten hat.
Landrat ist seit 2017 der parteilose Frank Kilian. Er regiert mit wechselnden Mehrheiten, ein festes Bündnis oder gar eine Koalition gibt es nicht.
Bei der letzten Kommunalwahl 2016, die Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) als "Protestkommunalwahl" bezeichnet hat, sind die Grünen um fast acht Prozentpunkte abgestürzt, während die AfD aus dem Stand mit 13,4 Prozent in den Kreistag eingezogen ist.
Seither überwiegen im Kreistag zwar die Parteien des konservativen Spektrums. Ohne die Stimmen der AfD kommen sie aber auf keine Mehrheit. Wiederholt hat die SPD in den letzten Jahren angeprangert, dass sich die CDU inhaltlich und in Verfahrensfragen mit der AfD abstimme – zum Beispiel um Windkraftprojekte zu verhindern.
Das sind die wichtigsten Köpfe:
Kreistagsvorsitzender ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch aus Hohenstein. Er gehört zum Wirtschaftsflügel der Union, steht für einen wertkonservativen Kurs und hat sich als Merkel-Kritiker profiliert. Willsch hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er sich Friedrich Merz an der Parteispitze wünscht. Mit "grünem Gedöns" kann er wenig anfangen.