Umstrittene Kürzungen der Bundesregierung Hessen springt bei Orientierungskursen für Asylbewerber ein

Die Bundesregierung hat das Geld für Deutsch-Orientierungskurse für Asylbewerber drastisch gekürzt. Jetzt übernimmt Hessen einen Teil des Angebots. Kritiker des Bundes hoffen auf Signalwirkung.

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Wer als Asylbewerber neu nach Deutschland kommt, sollte bisher in sogenannten Erstorientierungskursen rasch Grundlagen von Sprache und Kultur Deutschlands erlernen. Doch die Bundesregierung hat die Mittel für dieses Jahr gekürzt. Nun stellt das Land Hessen eine Million Euro extra bereit, damit die Folgen der Kürzungen in Hessen nicht ganz so einschneidend ausfallen, wie von Kritikern befürchtet.

Das Geld reiche, um 1.000 Menschen einen Kurs anzubieten, teilte Sozial- und Integrationsminister Kai Klose (Grüne) am Freitag mit. Die Summe gleicht nur einen Teil der Kürzungen des Bundes aus. Man wolle den "Zusammenbruch der Strukturen vermeiden", sagte Klose.

80 von 280 Kursen weg

Von 280 beantragten Kursen hat das Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) unterstehende Bundesamt für Migrations- und Flüchtlinge (BAMF) lediglich 80 Angebote genehmigt. Zuvor waren die Zuschüsse für Erstorientierungskurse des Bundes in Hessen laut hessischem Sozialministerium von 5,9 Millionen Euro im vergangenen Jahr auf 2,2 Millionen Euro in diesem Jahr gekürzt worden. Der nun vom Land eingesetzten Summe von einer Million Euro steht demnach eine Finanzierungslücke von 3,7 Millionen Euro gegenüber.

Angesichts hoher Zuwanderungszahlen sei es "fahrlässig, ein etabliertes Programm sehenden Auges vor die Wand zu fahren", wiederholte Klose seine zuvor schon geäußerte Kritik. Diese Kritik hatte in dieser Woche auch die in Wiesbaden tagende Integrationsministerkonferenz geübt.

Landesprogramm muss rasch angepasst werden

Hessen springt ein, indem es ein eigenes niedrigschwelliges Sprachförderprogramm für Migranten nun für Menschen aus Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften öffnet, deren Bleibeperspektive unklar ist. Mit diesen "Deutsch4U"-Kursen, die Hessen im vergangenen Jahr für ukrainische Kriegsflüchtlinge schon einmal ausgebaut hat, sollen die Träger wegfallende Angebote ersetzen können. Allerdings müssen die Kurse laut Minister dafür konzeptionell angepasst werden.

Anbieter der Orienierungskurse in Hessen lobten Klose am Freitag für den Schritt. "Das ist fantastisch und ein starkes Signal“, sagte Benjamin Bieber, zuständiger Koordinator der Landesverbände Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland der Hilfsorganisation Johanniter, dem hr. Es handele sich aber um eine Aufgabe des Bundes, der jetzt seine Fehlentscheidung korrigieren müsse.

Von den für die Betroffenen passgenauen und eingeübten Erstorientierungskursen werde ab Sommer kein einziger mehr stattfinden können. "Erst bremst man ein funktionierendes Programm aus, dann hat man keinen Ersatz und fährt den Karren an die Wand", sagte Bieber. Der Experte für Flüchtlingshilfe und Integration befasst sich mit dem Konzept der Erstorientierungskurse seit ihrer hessischen Pilotphase im Jahr 2016.

Wartezeiten von einem Jahr

Die Bundesregierung weist Kritik unter anderem mit dem Hinweis zurück, dass gleichzeitig die Mittel für ebenfalls angebotene Integrationskurse deutlich erhöht wurden. Wie Hessens Sozialminister Klose hält Johanniter-Flüchtlingshilfekoordinator Bieber dem entgegen, dass diese Integrationskurse für die Betroffenen oft keine Alternative zu den gekürzten Orientierungskursen seien.

Die Wartezeiten betrügen bis zu einem Jahr, für viele neu ankommende Schutzsuchende seien die Anforderungen zu hoch. "Integrationskurse sind nach der Erstorientierung die pädagogisch-programmatisch nächste Stufe", sagte Bieber. Nachdem die Proteste auch in anderen Bundesländern lauter geworden seien, hoffe er auf eine Rücknahme der Kürzungen nach der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz im Mai.

Quelle: hessenschau.de, Wolfgang Türk