Zölle und Verteidigung Was Trumps Rückkehr für Hessen bedeutet

Donald Trump ist zurück im Weißen Haus. Welche Auswirkungen hat das auf Hessen? Der Blick richtet sich vor allem auf den Militärstützpunkt Wiesbaden und mögliche wirtschaftliche Veränderungen.

US-Präsident Trump auf einem Bildschirm, umgeben von weiteren Bildschirmen, auf denen verschwommen DAX-Kurse zu erkennen sind
Der Amtsantritt von Donald Trump wurde auch an der Börse in Frankfurt verfolgt. Bild © picture alliance / dpa | Frank Rumpenhorst
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Importzölle anheben, den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen vollziehen und den Krieg in der Ukraine schnellstmöglich beenden: Donald Trump hatte schon im Wahlkampf klar gemacht, dass er ab dem ersten Tag seiner Präsidentschaft weitreichende Entscheidungen treffen wolle – mit Auswirkungen, die nicht nur die USA betreffen.

In Hessen treibt der Amtsantritt des Republikaners besonders die Wirtschafts- und Finanzwelt um. Aber auch aus geopolitischer Sicht kommt Hessen mit dem US- und NATO-Militärstützpunkt in Wiesbaden eine besondere Rolle zu.

9,9 Milliarden Euro Exporte aus Hessen in die USA

"Es wird auf jeden Fall eine Herausforderung", sagt hr-Börsenexperte Samir Ibrahim zum Amtsantritt von Donald Trump als 47. Präsident der USA. Die hessische Wirtschaft, genau wie im Rest der Welt, müsse sich "auf jemanden einstellen, der stets Maximalforderungen erhebt und mit vielen Konsequenzen droht." Damit einher gingen mehr Unsicherheiten für Unternehmen.

Laut der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Frankfurt exportierte die hessische Wirtschaft im Jahr 2023 Waren im Wert von rund 9,9 Milliarden Euro in die USA, die damit einer der Hauptabnehmer für hessische Exporte sind.

Insgesamt seien die Auswirkungen der Wiederwahl Trumps für Hessen "von Branche zu Branche und dann auch von Produkt zu Produkt" sehr unterschiedlich, schätzt Jürgen Ratzinger, der bei der IHK in Hessen federführend für Internationales zuständig ist.

Auswirkungen für Klimaschutz-Technologien, Banken und Pharma

Für Unternehmen etwa, die Technik im Bereich Klima- und Umweltschutz anbieten, seien durch die neue Gesetzgebung unter Trump "erheblichen Änderungen" zu erwarten, so Ratzinger.

Laut hr-Börsenexperte Ibrahim sind zudem die für Hessen wichtigen Sektoren der Finanz- und der Pharmawirtschaft besonders betroffen. "Trump steht für Deregulierung in den USA", sagt er. Damit werde es für die großen Frankfurter Banken "außerordentlich schwierig" im deutschen, regulierteren Markt mitzuhalten.

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Unternehmen aus Pharma und Medizintechnik könnten davon profitieren, dass chinesische Wettbewerber mit hohen Zöllen belegt werden. Zitat von Jürgen Ratzinger, IHK Hessen
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Auch für die Pharma-Industrie sieht Ibrahim eine "riesige Herausforderung": Bisher habe die Branche in den USA "sehr gute Gewinne" machen können und einen höheren Export-Umsatz erzielt als die deutsche Autoindustrie.

Nun müssten sich die hessischen Pharmakonzerne auf eine "geänderte Preisgestaltung bei den Unternehmen in den USA einstellen" - unter anderem wegen der angekündigten Importzölle.

Etwas anders klingt Jürgen Ratzingers Einstellung von der IHK: "Unternehmen aus Pharma und Medizintechnik könnten davon profitieren, dass chinesische Wettbewerber mit hohen Zöllen belegt werden", so Ratzinger.

Pharmakonzern Merck: "Entwicklungen genau beobachten"

"Wir werden die Entwicklung genau beobachten und unser Handeln gegebenenfalls anpassen", heißt es auf Anfrage vom Chemie- und Pharmakonzern Merck mit Sitz in Darmstadt. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben seit über 135 Jahren in den USA mit Produktionsstandorten vertreten und beschäftigt dort rund 14.000 Mitarbeitende.

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Natürlich werden wir uns bemühen, mit Präsident Trump und dem US-Kongress zusammenzuarbeiten, um Innovation und Technologie voranzubringen. Zitat von Pharmakonzern Merck
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In welchem Umfang der Konzern Waren in die USA exportiert, ließ Merck auf Anfrage offen. Nur so viel: An den amerikanischen Produktionsstätten seien im Jahr rund 5,6 Milliarden Euro erwirtschaftet worden.

"Natürlich werden wir uns bemühen, mit Präsident Trump und dem US-Kongress zusammenzuarbeiten, um Innovation und Technologie voranzubringen", teilte ein Sprecher des Konzerns mit. Man respektiere nationale Sicherheitsbedenken, hieß es weiter. "Aber wir müssen unbeabsichtigte Folgen in globalen Lieferketten vermeiden", erklärte der Sprecher und bezog sich damit auf die vielfach angekündigten Importzölle.

hr-Börsenexperte: "Zölle werden ganz sicher kommen"

Unter den zahlreichen Dekreten, die Trump bereits am ersten Tag seiner Präsidentschaft unterzeichnete, kamen diese zunächst nicht vor. Dennoch ist sich Börsenexperte Ibrahim sicher: "Zusätzliche Zölle werden ganz sicher kommen". Die Frage sei nur: "In welcher Höhe?"

Viele Frankfurter Ökonomen gehen ihm zufolge davon aus, dass Trump nicht alle seiner "Maximalforderungen" umsetzen könne, "solange die Deutschen und die Europäer dagegenhalten".

Militärstützpunkt in Wiesbaden

Ähnlich klingt die Einschätzung eines Experten auf einem weiteren Gebiet, das ebenfalls für Hessen eine besondere Rolle spielt: Das Militär und die internationale Zusammenarbeit in der Verteidigung.

Die Deutschen bräuchten Selbstbewusstsein gegenüber dem neuen US-Präsidenten, sagt US-Generalleutnant a. D. Ben Hodges. "Sie sollten Trump ernst nehmen, aber nicht wörtlich."

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Ich glaube nicht, dass Trump schon weiß, was er wirklich tun wird. Zitat von Ben Hodges, US-Generalleutnant a. D.
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Die Haltung des neuen Präsidenten zur Verteidigungspolitik spielt insbesondere deshalb eine Rolle für Hessen, weil in der Wiesbadener Clay-Kaserne laut der US-Armee rund 4.900 amerikanische Soldatinnen und Soldaten stationiert sind. Außerdem ist seit Ende 2024 das Ukraine-Kommando der Nato in Wiesbaden untergebracht.

Mann in Anzug mit einem Mikrofon in der Hand vor blauem Hintergrund
Der ehemalige US-Generalleutnant Ben Hodges auf einem Sicherheitskongress im vergangenen Jahr. Bild © Imago Images

Hodges beobachtet inzwischen im Ruhestand von Frankfurt aus die Verteidigungspolitik des Landes, für das er jahrelang in hoher Funktion gedient hat. Er gehe nicht davon aus, dass Trump die stationierten Truppen in Wiesbaden abziehen werde. "Der Stützpunkt hilft, der russischen Bedrohung etwas entgegenzusetzen - und diese wird in naher Zukunft nicht verschwinden", sagt er.

In Bezug auf das angekündigte rasche Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine schätzt er: "Ich glaube nicht, dass Trump schon weiß, was er wirklich tun wird, weil seine Priorität die Innenpolitik ist".

Daher sei es umso wichtiger, dass die Verantwortung für das Ukraine-Kommando in Wiesbaden an die Nato gegangen sei. Dadurch bekomme Europa mehr Verantwortung. Schließlich spielten auch die Interessen Europas eine Rolle, betont Hodges. "Die Clay Kaserne in Wiesbaden ist nur möglich, weil die deutsche Regierung das erlaubt", sagt er. "Wir brauchen uns gegenseitig".

Redaktion: Pia Stenner

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de mit Informationen von Melanie Taylor (hr), Andrea Bonhagen (hr), dpa/lhe