Nach Teilnahme von Ex-Bürgermeister an Fraktionssitzung Zoff in Löhnberger SPD eskaliert

Personal-Hammer bei der SPD im krisengeschüttelten Löhnberg: Nach der Teilnahme von Ex-Bürgermeister Frank Schmidt an einer Fraktionssitzung sind fünf Vorstandsmitglieder des Ortsvereins zurückgetreten. Auch die Fraktion im Gemeindeparlament wird kleiner.

Schild mit der Aufschrift Löhnberger Lilie
Kommt nicht aus den Schlagzeilen: die Gemeinde Löhnberg. Bild © Benjamin Müller (hr)

Der Vorstand des SPD-Ortsvereins von Löhnberg (Limburg-Weilburg) ist erst rund vier Monate im Amt, da hagelt es Rücktritte. Wie der Vorstandsvorsitzende Alexander Gran dem hr am Freitag bestätigte, treten fünf von ihnen nach einem internen Streit zurück.

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Dieser war nach der Teilnahme von Ex-Bürgermeister Frank Schmidt an der jüngsten Fraktionssitzung am 5. März offen ausgebrochen. Schon zuvor seien die Fronten zwischen Ortsverein und Fraktion wegen des Finanzskandals in der krisengeschüttelten 4.700-Einwohner-Gemeinde verhärtet gewesen, hieß es weiter.

Mitmischen von Ex-Bürgermeister "brachte Fass zum Überlaufen"

Dass der Ex-Bürgermeister, gegen den die Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen des Verdachts der Untreue ermittelt, offenbar in der Partei weiter mitmischen will, habe nun "das Fass zum Überlaufen gebracht".

Zurückgetreten sind demnach der Vorsitzende Alexander Gran, außerdem der stellvertretende Vorsitzende Julian Klötzl, der Kassierer Andreas Meier, die stellvertretende Kassiererin Katja Müller sowie die Beisitzerin Marietta Müller. Wer nachfolgen könnte, ist unklar. Insgesamt hat der Vorstand eigentlich elf Mitglieder.

Gegen "gefasste Beschlüsse und Vorgaben" gehandelt

Der Streit erreicht inzwischen auch höhere Parteiebenen. Der Unterbezirk Limburg-Weilburg der SPD stellte am Freitag in einer Mittelung fest, "dass der vom neu gewählten SPD-Vorstand in Löhnberg begonnene Neustart zunächst gescheitert ist".

Das Engagement des im November gewählten Gremiums sei "durch internes Handeln blockiert und behindert" worden. Die Fraktion habe mit Schmidts Teilnahme an der Sitzung gegen "gefasste Beschlüsse und Vorgaben der SPD Löhnberg" gehandelt.

Die Partei ist ein Zusammenschluss von Menschen, die an der politischen Willensbildung des Volkes mitarbeiten wollen: Sie erarbeitet ein Programm und stellt Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl auf, die diese Ziele durchsetzen sollen.

Der lokale Ortsverein ist die kleinste Gliederungseinheit einer Partei.

Die Fraktion ist der Zusammenschluss der Parteimitglieder, die in ein Parlament gewählt wurden: Sie versucht, die politischen Ziele der Partei in die Tat umzusetzen. Parlamentsabgeordnete sind vom Grundsatz her nur ihrem Gewissen verpflichtet, nicht ihrer Partei. Rechtlich und finanziell sind Parteien und Fraktionen strikt getrennt.

Niemand steht auf Nachrückerlisten

Zu alldem kommt: Auch im Gemeindeparlament bleibt künftig ein SPD-Sitz leer. Julian Klötzl legt auch hier sein Mandat nieder - aus familiären Gründen, wie er sagt. Mit zehn Sitzen stellte die SPD bislang die größte Fraktion.

Weil niemand mehr auf der Nachrückerliste steht und seit dem Bekanntwerden des Finanzskandals bereits einige Fraktionsmitglieder zurückgetreten sind, verkleinert sich die SPD-Fraktion im Parlament jetzt auf neun Personen. Sie hat damit genauso viele Sitze wie die oppositionelle FWG.

Entscheidungen von SPD und CDU getragen

Die SPD-Fraktion war bislang stärkste Kraft im Löhnberger Gemeindeparlament. In einer Koalition mit der vierköpfigen CDU-Fraktion trug sie die meisten Entscheidungen der letzten Jahre mit. Die Freien Wähler mit neun Sitzen bildeten die einzige Löhnberger Oppositionsfraktion.

Die mittelhessische Gemeinde Löhnberg (Limburg-Weilburg) ist aufgrund ihrer desolaten Finanzlage und vieler Unklarheiten seit Monaten in den Schlagzeilen.

Die Gemeinde legte offenbar jahrelang keine vollständigen Jahresabschlüsse vor, wozu sie aber verpflichtet gewesen wäre. Gleichzeitig häufte sie über Jahre hinweg Schulden an, bis im Mai öffentlich bekannt wurde, dass sie nicht mehr alle ihre Rechnungen zahlen kann.

Der damalige Bürgermeister war zunächst lange krankgeschrieben und ging dann in den vorzeitigen Ruhestand. Inzwischen ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue.

Derzeit wird die Kommune übergangsweise von einem staatsbeauftragten Bürgermeister geführt. Die Aufklärung gestaltet sich jedoch als schwierig. Denn: Auch Akten sollen aus dem Rathaus verschwunden sein.

Finanziell gibt es in Löhnberg wohl in Zukunft wenig Gestaltungsspielraum: Die Gemeinde hat Sparauflagen bekommen und muss Gebühren und Steuern deutlich erhöhen.

Im Februar 2025 ist ein neuer Bürgermeister gewählt worden. Reiner Greve (parteilos) setzte sich im ersten Wahlgang gegen zwei Mitbewerber durch. Greve hatte dem hr gesagt, er wolle im Falle seiner Wahl einen Beschluss herbeiführen, die Aufarbeitung des finanziellen Desasters in neutrale Hände zu geben sowie mit einer unabhängigen Kämmerei alte Haushalte abschließen und neue aufstellen.

So lange das Parlament beschlussfähig bleibt, kann der Sitz leer bleiben, teilte der Kreis Limburg-Weilburg auf hr-Nachfrage nach möglichen Konsequenzen aus dem Rücktritt mit.

Bürgermeister eigentlich im Ruhestand

Löhnberg kämpft seit Monaten mit einem Finanzskandal. Ex-Bürgermeister Schmidt war zunächst lange krankgeschrieben. Dann verabschiedete er sich in den Ruhestand.