Bürgermeisterwahl in Tann "Reichsbürger" will Rhöner Rathaus erobern

Einer der Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Tann sticht heraus: Ein 70 Jahre alter Rentner, der der sogenannten Reichsbürger-Szene zugerechnet wird, will Rathaus-Chef werden. Ein hoher Mandatsträger findet das "schräg".

Rathaus der Stadt Tann (Rhöhn)
Reinhard Hofmann (unten links) möchte Rathaus-Chef werden und kandidiert bei der Bürgermeisterwahl in Tann (Fulda). Bild © Reinhard Hofmann, Stadt Tann, Fotokollage/hessenschau.de

Große Aufregung herrscht derzeit im kleinen Tann (Kreis Fulda) vor der Bürgermeisterwahl. In der rund 4.500 Einwohner zählenden Stadt in der Rhön stehen die Kandidatinnen und Kandidaten für die Direktwahl am 26. Januar fest: Einer von ihnen wird der sogenannten Reichsbürger-Szene zugerechnet, wie die Fuldaer Zeitung berichtete.

Reinhard Hofmann heißt der Mann, der als parteiloser Kandidat das Rathaus erobern möchte - eine Kampfansage, die für Aufsehen sorgt. Der Rentner ist 70 Jahre alt, früher arbeitete er als Fernmeldetechniker bei der Deutschen Post. Als Beamter leistete er einen Eid auf das Grundgesetz.

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Der Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung, Jörg Witzel (FDP), sagte: "Das ist schräg, dass ein Mann, der landläufig als Reichsbürger bezeichnet wird und die staatlichen Instanzen in Deutschland nicht anerkennt, Bürgermeister werden will."

Reichsbürger oder "Freiheitsdenker"?

Hofmann sagte dem hr, dass er für Wählerinnen und Wähler eine Alternative sein wolle in Zeiten der steigenden Politikverdrossenheit. Er finde, die Menschen in Tann müssten stärker in politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Zu großen Fragen wie etwa wichtigen Bauprojekten müsse man Volksentscheide abhalten.

Als Reichsbürger im klassischen Sinne betrachtet sich Hofmann nicht, wie er betont - womöglich um keine potenziellen Wähler zu verschrecken. Er sei eher ein "Freiheitsdenker", der einiges in Deutschland mit Sorge beobachte. "Mit der staatlichen Ordnung geht es bergab", so der Bürgermeisterkandidat.

Dennoch ist Hofmann der Meinung, dass die BRD lediglich ein Verwaltungskonstrukt sei und kein souveräner Staat. Die BRD sei "nicht die Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches" - eine für Reichsbürger typische Aussage.

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Was sind Reichsbürger?

Zu Reichsbürgern gibt es keine einheitliche Definition. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung sind es sektenartige Gruppen von Rechtsextremen und Verschwörungsideologen. Sie sind demnach keine homogene Gruppe, teilweise untereinander zerstritten. Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an - und auch nicht deren rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament oder Gesetze. Sie wollen daher keine Steuern, Bußgelder oder Sozialabgaben zahlen. Ihre Kernideologie ist mitunter antisemitisch, geschichtsrevisionistisch und demokratiefeindlich. Erste Gruppen entstanden in den 1980er Jahren. Seit 2010 treten sie verstärkt in Erscheinung. Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht von rund 23.000 Menschen in der Szene aus. Sie sind demnach mitunter gewaltbereit. In Frankfurt läuft derzeit ein großer Reichsbürger-Prozess wegen Umsturzplänen.

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Der aktuelle Bürgermeister, Mario Dänner (parteilos) tritt nicht mehr zur Wahl an. Mit Kommentaren und Bewertungen zu der Personalie Hofmann hielt er sich bewusst zurück. Schließlich ist Dänner auch Vorsitzender des Wahlausschusses und daher zur Neutralität angehalten, wie er betonte.

Kandidaten-Prüfung ergab kein Hindernis

Um als Kandidat zugelassen zu werden, musste Hofmann nicht einmal sonderlich hohe Hürden überwinden. Er musste unter anderem 34 Unterstützer-Unterschriften vorlegen - doppelt so viele wie die Stadtverordnetenversammlung Sitze hat.

Dänner sagte, der Wahlausschuss habe seine Kandidatur geprüft und formal keine Hindernisse gesehen. Solange einer volljährigen Person mit deutscher Staatsbürgerschaft nicht per Gerichtsbeschluss das passive Wahlrecht entzogen werde, gebe es keinen Ausschlussgrund.

Prozess wegen Beleidigung und Amtsanmaßung

Vor Gericht stand Hofmann allerdings schon. Vor fünf Jahren wurde er vom Amtsgericht Fulda wegen Amtsanmaßung und Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Vorgehalten wurde ihm, mit ungültigen Urkunden gearbeitet zu haben und Beamte beleidigt zu haben.

Dieser Fall führte aber nicht dazu, dass Hofmann nicht zur Wahl zugelassen wurde. Dafür hätten schwerwiegende Verbrechen vorliegen müssen, erklärte Dänner.

Insgesamt vier Kandidaten

Dänner kandidiert nach zwei Amtszeiten aus privaten und beruflichen Gründen nicht erneut. Die zweite Amtszeit des 46 Jahre alten Amtsinhabers läuft am 30. Juni 2025 ab. Um seine Nachfolge bewerben sich insgesamt vier Kandidaten.

Neben Hofmann tritt als CDU-Vertreter Michael Conrad an, ein 63 Jahre alter Jurist. Zudem der parteiunabhängige Matthias Gelbe, ein 44-jähriger Bankfachwirt aus Tann sowie der parteiunabhängige Stefan Bohn aus Tann, ein 49 Jahre alter Service-Techniker für Aufzüge.

Dänner glaubt, dass er sich um die Zukunft von Tann keine Sorgen machen muss. Er vertraue den Wählerinnen und Wählern bei ihrer Entscheidung am 26. Januar.

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Quelle: hessenschau.de