Sykliners-Geschäftsführer Sulzer im Interview "Wir müssen dem Sport mehr Geld zur Verfügung stellen"
Es war viel los in der ersten Saison-Hälfte der Skyliners Frankfurt. Hessens Basketballer überraschen im Pokal, lassen in der Liga aber zu viele Punkte liegen. Und jetzt erschüttert das Team auch noch ein Doping-Fall. Geschäftsführer Thomas Sulzer zieht Bilanz.
Seit März 2024 ist Thomas Sulzer Geschäftsführer beim Basketball-Bundesligisten Skyliners Frankfurt - und hat in dieser Zeit schon einiges erlebt wie den Aufstieg im Sommer. Nun spricht er im ersten großen Interview über die Entwicklung des Vereins und verrät, warum dabei auch eine Flasche Champagner eine Rolle spielt.
hessenschau.de: Herr Sulzer, Sie haben doch sicherlich einen Kühlschrank in der Geschäftsstelle der Skyliners…
Thomas Sulzer: Wir haben einen Kühlschrank, ja.
hessenschau.de: Und wie viele Champagner-Flaschen liegen da momentan drin?
Sulzer: (grinst) Noch gar keine, aber ich weiß, worauf Sie anspielen.
hessenschau.de: Dann erzählen Sie mal…
Sulzer: Ich habe in einem anderen Interview gesagt, dass, wenn der Magistrat "Ja" sagt zur Multifunktionshalle, wir einen Sekt trinken. Und wenn die Stadtverordnetenversammlung dann endgültig "Ja" gesagt hat und das Projekt in die Planungsphase gehen kann, dann trinken wir hier Champagner. Das wäre nach so einer langen Zeit angebracht und verdient. Vor allem für Gunnar Wöbke (Skyliners-Boss, Anm. d. Red.) wäre das verdient, der 25 Jahre unermüdlich für diese Halle gekämpft hat. Ich weiß, dass es einer seiner größten Lebensträume ist, die Skyliners noch einmal in so einer Halle zu sehen.
hessenschau.de: Der Anfang ist zumindest gemacht, der Magistrat hat Grünes Licht gegeben. Hat der Sekt denn geschmeckt?
Sulzer: Den gab es gar nicht.
hessenschau.de: Wie bitte?
Sulzer: Wir wollten Sekt trinken, dann bekamen wir am Freitagnachmittag aber die Nachricht, dass Booker Coplins A-Probe beim Dopingtest positiv war. Das hat uns erstmal komplett die Stimmung und das Wochenende verhagelt. Das wird uns auch die nächsten Wochen und Monate noch beschäftigen
hessenschau.de: Ich weiß, dass Sie nicht viel über den Fall sagen können, weil es ein laufendes Verfahren ist, aber vielleicht können Sie uns wenigstens verraten, wie es dem Spieler geht?
Sulzer: Ich habe in den vergangenen Tagen zweimal länger mit ihm gesprochen. Er ist mit seiner Frau in die USA geflogen, um ein bisschen Abstand zu gewinnen. Alles, was ich sagen kann, ist, dass das eine zutiefst menschliche Geschichte ist. Und deswegen tut mir Booker als Mensch erst einmal richtig leid. Es geht hier um seine Karriere. Für die Skyliners ist das natürlich ein großer sportlicher Verlust, aber auch ein großer Imageschaden. Wir können wohl erst in den kommenden Wochen oder Monaten sagen, was da genau passiert ist.
hessenschau.de: Coplin ist positiv auf Testosteron getestet worden. Der Spieler sagt, das hänge bestimmt mit einem Medikament zusammen, dass er seit seiner Kindheit nimmt. Erlauben Sie mir also die Nachfrage: Wenn er die Wahrheit sagt, wieso wurde das Medikament nicht einfach bei der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) angemeldet?
Sulzer: Das ist eine berechtigte Frage, die ich im Moment aber leider nicht beantworten kann.
hessenschau.de: Dann kommen wir doch wieder zu erfreulicheren Themen: Die Skyliners sind zurück in der Bundesliga, stehen im Top Four des Pokals und die bereits angesprochene neue Halle ist ebenfalls auf einem guten Weg. Wie viele Sponsoren klopfen denn derzeit pro Tag bei Ihnen an?
Sulzer: Es gibt definitiv eine Aufbruchstimmung und die hätten wir auch übers Wochenende gespürt, wenn der Doping-Fall nicht dazwischengekommen wäre. Mir war aber auch bewusst, dass nicht gleich am Montag die Leute bei uns Schlange stehen und uns unterstützen wollen. Aber das wird in den nächsten Wochen und Monaten hoffentlich kommen. Ich weiß natürlich, dass es für uns harte Arbeit sein wird, die Leute und die Partner zu überzeugen. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass die Zukunft der Skyliners eine andere sein wird.
hessenschau.de: Der Vertrag mit dem langjährigen Namenssponsor Fraport wurde im Sommer beendet. Bleiben die Skyliners Frankfurt denn auch in Zukunft ohne Namenssponsor?
Sulzer: Wir sind offen für alles. Das hatten wir ja schon immer gesagt, dass wir entweder einen neuen Namenssponsor brauchen oder eben drei bis vier Sponsoren, die das auffangen, was die Fraport bezahlt hat. Mit Jonathan Kollmar, dem ehemaligen Geschäftsführer der Gießen 46ers, haben wir genau dafür jemanden eingestellt. Es ist seine Aufgabe, Sponsoren an Land zu ziehen. Wir müssen dem Sport in Zukunft mehr Geld zur Verfügung stellen, damit wir künftig sorgenfreiere Saisons spielen können. Was wir in dieser Saison machen, das geht mal für ein Jahr. Aber Frankfurt ist kein normaler Aufsteiger.
hessenschau.de: Können Sie das etwas genauer ausführen?
Sulzer: Ich spüre, dass bei den Leuten eine gewisse Unzufriedenheit da ist – und ich verstehe die auch. Wir haben eine Heimbilanz von 1:6. Das können wir vielleicht jetzt ein Jahr so durchhalten, aber in Zukunft wollen und müssen wir uns natürlich wieder nach oben orientieren. Dazu ist es eminent wichtig, dass wir dem Sport mehr Geld zur Verfügung stellen, damit wir einen größeren Etat haben für den sportlichen Erfolg.
hessenschau.de: Trotz der schwachen Heimbilanz haben Sie zuletzt aber vier Mal ausverkauft vermeldet. So viel Unmut ist da also vielleicht gar nicht …
Sulzer: Viermal in Folge ausverkauft: Das gab es seit neun Jahren nicht mehr. Mit zwei Rekordeinnahmen gegen Bayern München und gegen Alba Berlin. Einmal 130.000 Euro und einmal weit über 120.000 Euro aus Ticketing-Einnahmen. Das ist mehr als ein Drittel über dem All-Time-High vor zwei Jahren. Auch gegen Göttingen sieht es gut aus, dass die Halle entweder richtig, richtig gut gefüllt ist oder ausverkauft sein wird. Das ist sicherlich auch ein Verdienst unserer Ticketing-Abteilung, aber es zeigt auch, dass Basketball in Frankfurt trotz des Tabellenstands 'in' ist. Das kann uns aber nicht zufriedenstellen. Wir haben Spiele abgeliefert wie gegen Bamberg, Weißenfels, Heidelberg oder auch Berlin. Das war nicht das, was wir uns erwartet haben, unabhängig vom Ergebnis.
hessenschau.de: Sie stehen zum Ende der Hinrunde mit vier Siegen auf dem vorletzten Tabellenplatz. Sind sie damit im Soll?
Sulzer: Mit einer Bilanz von 4:12 kann man nicht zufrieden sein. Wir wussten, dass es eine schwere Saison werden würde. Das hatten wir auch vor der Saison so kommuniziert, dass wir den Klassenerhalt als Ziel haben und so schnell wie möglich die nötigen Siege einfahren wollen. Wir liegen zwar drei Siege vor dem letzten Platz und zwei Siege hinter dem Tabellendrittletzten, aber noch mal: Natürlich kann man mit vier zu zwölf Siegen nicht zufrieden sein. Was positiv ist: Wir stehen zum ersten Mal seit 2016 im Pokal-Halbfinale und hatten, ich nenne es mal ein bisschen überspitzt, 'Wundersiege' gegen Ulm und zuletzt in Bonn. Deshalb bin ich ein bisschen zwiegespalten. Aber mit der Bilanz, um es zum dritten Mal zu sagen, kann man nicht zufrieden sein.
hessenschau.de: Die Rückrunde beginnt gleich mit dem vielleicht wichtigsten Spiel der Saison gegen das Liga-Schlusslicht Göttingen. Ist der Klassenerhalt mit einem Sieg gegen die Veilchen fix?
Sulzer: Ich wäre ein schlechter Geschäftsführer, wenn ich sagen würde, bei dann noch 15 ausstehenden Spielen, wäre es fix. Es ist aber natürlich ein extrem wichtiges Spiel, vielleicht das wichtigste der Saison. Mit einem Sieg haben wir auf jeden Fall eine sehr, sehr gute Ausgangsposition für den Klassenerhalt.
hessenschau.de: Wie positiv blicken Sie denn auf das Spiel?
Sulzer: Wir haben bisher zweimal gegen Göttingen gespielt und zweimal gewonnen. Wir können mit Selbstvertrauen in das Spiel gehen. Aber Göttingen hat sich weiterentwickelt. Das ist nicht mehr die Mannschaft vom ersten Spieltag. Sie haben einen neuen Trainer, der die Mannschaft ziemlich umgemodelt und sein erstes Spiel fast gewonnen hat. Das wird also kein Selbstläufer.
hessenschau.de: Hätten Sie nach dem Sieg gegen Bonn lieber schon an diesem Wochenende gegen Göttingen gespielt statt erst am nächsten? Um im Flow zu bleiben?
Sulzer: Nein. Mit der Situation um Booker Coplin, mit den vielen Verletzten… Ich glaube, da ist es ganz gut, mal die Köpfe freizubekommen und sich dann konzentriert auf Göttingen und auf das, was danach kommt, vorzubereiten.
hessenschau.de: Werden Jordan Theodore und Trey Calvin denn rechtzeitig zum Spiel fit?
Sulzer: Bei Jordan Theodore bin ich zuversichtlich, bei Trey Calvin muss man abwarten.
hessenschau.de: Ist die Guard-Position eine, auf der Sie noch nach Verstärkung suchen? Einen Center könnten Sie ja auch noch gut gebrauchen.
Sulzer: Wir haben noch zwei Lizenzen zu vergeben und das sind zwei Positionen, auf denen wir uns umschauen. Aber es ist nicht sicher, dass wir überhaupt jemanden holen. Wir wollen jemanden, der uns entscheidend weiterbringen kann, der ein Game Changer sein kann.
hessenschau.de: Kommen wir zum Schluss zum Pokal-Wettbewerb. Mitte Februar geht's in Weißenfels im Halbfinale gegen Bamberg. Wie groß ist die Vorfreude jetzt schon?
Sulzer: Sie war schon immens groß, durch die letzten Tage haben wir aber ein bisschen weniger an Weißenfels gedacht. Das kommt nach dem Göttingen-Spiel wieder, glaube ich. Dass wir ins Halbfinale gekommen sind, ist schon ein großer Erfolg. Und so müssen wir das auch feiern und zelebrieren. Aber wir fahren da nicht hin und sagen: 'Schön, dass wir da sind.' Sondern ich erwarte, dass wir alles dafür tun, dass wir erfolgreich sein werden. Bamberg ist Drittletzter, wir sind Vorletzter. Das ist ein Spiel, das wir gewinnen können und wollen.
hessenschau.de: Wenn Sie sich entscheiden müssten, würden Sie dann lieber das Spiel gegen Göttingen gewinnen oder den BBL-Pokal in Weißenfels?
Sulzer: Beides.
Das Gespräch führte Gerald Schäfer.