Ehrenamt für junge Menschen Sportvereine suchen neue Wege zum Nachwuchs

Auf ein Ehrenamt in einem Verein auf Lebenszeit wollen sich viele nicht mehr einlassen. Andererseits müssen Vereine gerade Jüngeren mehr bieten als eine Aufwandsentschädigung. Zwei Beispiele aus dem Kreis Darmstadt-Dieburg.

Jonas Trauth gibt Kindertraining in der Handballabteilung des TuS Griesheim
Jonas Trauth gibt Kindertraining in der Handballabteilung des TuS Griesheim. Bild © hessenschau.de
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Hintergrund – Ehrenamt in Hessen

hesssnschau vom 11.10.2022
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Eigentlich möchte Ute Teuchner nicht jammern, auch keine Vorwürfe machen. Die 63-jährige Vorsitzende des TV Babenhausen (Darmstadt-Dieburg) will nur loswerden, was sie in den vergangenen Jahren im Sportverein beobachtet: "Ich sehe eine negative Entwicklung. Als ich 20 Jahre alt war, hatten wir einen extrem aktiven Jugendausschuss, da machten zehn Leute mit." Und heute? "Dann kam das Problem auf, dass wir keine jungen Menschen mehr gefunden haben. Und jetzt haben wir seit vielen Jahren gar keinen Jugendausschuss mehr."

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Am 11. Oktober beleuchtet der hr den ganzen Tag lang die Bedeutung des Ehrenamts in verschiedenen Bereichen und für die Gesellschaft.

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Eine Untersuchung des hessischen Innenministeriums stützt diese Aussage. Demnach brauchen Vereine immer mehr Zeit, um Menschen für die ehrenamtliche Vorstandsarbeit zu finden. Ebenfalls beunruhigende Erkenntnisse liefert eine Umfrage der Humboldt-Universität Berlin und des Deutschen Olympischen Sportbunds: Demnach haben Sportvereine zwischen 2014 und 2019 rund eine Million Engagierte verloren.

Ute Teuchner hat mehrere Erklärungen für das Fernbleiben der jungen Menschen. Erstens hätten Jugendliche deutlich längere Tage und mehr Aufwand in der Schule. Zweitens: "Junge Menschen sind weniger bereit, sich langfristig zu binden. Früher wurde man für vier oder fünf Jahre in ein Amt gewählt - das geht gar nicht mehr."

Ein- und Ausstieg erleichtern

Genau dort will Teuchner ansetzen, um mehr junge Menschen in die Vorstandsarbeit beim TV Babenhausen einzubinden: "Unsere Intention ist, ein Junior-Team zu gründen, in dem man leicht ein- und aussteigen kann." Ganz unverbindlich gehe es zwar nicht, räumt die langjährige Ehrenamtlerin ein: "Für ein Jahr müsste man sich da schon verpflichten. Aber so kann man die jungen Menschen abholen in dieser dynamischen Welt."

Ute Teuchner vom TV Babenhausen im Gespräch mit zwei jüngeren Vereinsmitgliedern.
Ute Teuchner vom TV Babenhausen im Gespräch mit zwei jüngeren Vereinsmitgliedern. Bild © hessenschau.de

Ein Junior-Team sei wichtig, um die jungen Ehrenamtler des Vereins zu sammeln und ihnen die Möglichkeit zu geben sich auszutauschen, erläutert Teuchner. Mögliche Themen: wie der Verein ihnen die ehrenamtliche Arbeit erleichtern kann oder wie sich gemeinsame Ausflüge und Fahrten organisieren lassen. Außerdem soll das Junior-Team mitreden, wie die Jugend im Gesamtvorstand des Vereins vertreten werden kann.

Die Arbeit im Ehrenamt an die Bedürfnisse des möglichen Nachwuchses anpassen - das macht 30 Kilometer westlich von Babenhausen der deutlich größere TuS Griesheim schon länger. Wohl auch deshalb fühlt sich der 17-jährige Jonas Trauth hier so wohl. Er spielt selbst Handball in der A-Jugend, pfeift aber an Wochenenden auch noch Spiele als Schiedsrichter und gibt mehrere Jugendtrainings pro Woche.

Die Motivation für dieses Engagement? "Ich habe selbst als Kind und Jugendlicher gemerkt, wie viel Spaß es macht, wenn man einen coolen, engagierten Trainer hat. Und das will ich jetzt gerne an die Kids hier zurückgeben, damit sie motiviert bleiben und sich weiterentwickeln", sagt Trauth.

Jonas Trauth steht in der Handballhalle des TuS Griesheim, hinter ihm die Kinder, die er trianiert.
Jonas Trauth in der Handballhalle des TuS Griesheim, wo er das Kindertraining leitet. Bild © hessenschau.de

TuS Griesheim: Keine Nachwuchssorgen dank eigenen Konzepts

Dank junger Leute wie Trauth hat der TuS Griesheim keine Nachwuchssorgen beim Ehrenamt. Das ist kein Zufall: In einer eigenen Arbeitsgruppe zum Freiwilligenmanagement überlegten Mitglieder des Vereins, wie sie gute Bedingungen für vorhandene und neue Ehrenamtler schaffen.

Vereinsmanagerin Kathrin Witteborg erklärt: "Ein ganz wichtiger Punkt ist die Anerkennung. Dazu kommt die Qualifizierung." Die ehrenamtlich Tätigen müssten sich "das Handwerkszeug für die alltägliche Arbeit im Verein" aneignen können. "Darüber hinaus arbeiten wir hier an einer guten Infrastruktur, denn nur dann macht die Arbeit im Verein auch Spaß", sagt Witteborg.

Anerkennung für die jungen Ehrenamtlichen bedeute beispielsweise, dass sie Tickets für Sportveranstaltungen, T-Shirts und Pullover bekommen. Außerdem sollte ihr Engagement in den Vereinsmedien und der örtlichen Presse mehr gewürdigt werden, findet Witteborg.

Kathrin Witteborg steht auf der Laufbahn des TuS Griesheim.
Vereinsmanagerin Kathrin Witteborg auf der Laufbahn des TuS Griesheim. Bild © hessenschau.de

Dafür setzt der TuS auch auf direkte Kommunikation. Aktuell hängen in den Sporthallen und an den Türen Zettel mit einem QR-Code zu einer Umfrage. "Wir wollen die engagierten Menschen fragen: Was fehlt ihnen, um sich noch besser in den Verein einzubringen? Und dann dementsprechend reagieren", sagt Witteborg. Ergebnisse liegen dem Verein noch nicht vor.

Mit mehr Anerkennung, Weiterbildungsangeboten und Dialog widersetzt sich der TuS Griesheim dem Negativ-Trend beim Nachwuchs im Ehrenamt. Und auch beim TV Babenhausen könnte das gelingen - wenn der Plan mit den flexibleren und kürzeren Amtszeiten aufgeht.

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Ehrenamt in hessischen Vereinen

Etwa 137.000 Hessinnen und Hessen engagieren sich in einem Verein ehrenamtlich im Vorstand oder als feste Trainer oder Betreuer. Dazu kommen nach Angaben des Landessportbunds Hessen rund 420.000 Menschen im Land, die sich ohne festes Amt regelmäßig im Verein engagieren.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 11.10.2022, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Stephan Loichinger