Gemischte Teams in Hessen erlaubt Diese Frau kickt jetzt mit den Männern in der Kreisliga C
Seit dieser Saison sind gemischte Mannschaften in den hessischen Fußballligen erlaubt - auch im Erwachsenenbereich. Priscilla Gelhard ist 21 und kickt jetzt beim TSV Dalherda II in der Kreisliga C Fulda-Rhön. Die Gegner und Mitspieler: allesamt Männer.
Über dem 400-Seelen-Dorf Dalherda (Fulda) zwischen den Kuppen der Rhön geht die Sonne unter. Aber auf dem kleinen Sportplatz ist das Flutchlicht an: Hier trainieren die Fußballer des TSV Dalherda. Rund 20 Männer - und Priscilla Gelhard. Die 21-Jährige ist einen Kopf kleiner als ihre Mitspieler, wegen der langen Haare trägt sie ein schmales Stirnband.
Eigentlich kickt sie für die Frauenmannschaft der TSG Lütter - seit dieser Saison aber zusätzlich für die zweite Mannschaft des TSV Dalherda, bei den Männern. Das erste Spiel für ihr neues Team hat sie in der Kreisliga C schon gemacht. Beim 4:1-Sieg ihres Teams stand sie die kompletten 90 Minuten auf dem Platz, als defensive Mittelfeldspielerin. "Ich musste mich an die Gegner gewöhnen, die eindeutig anders sind, als wenn ich mit meiner Frauenmannschaft spiele", fasst Priscilla ihre ersten Minuten auf dem Platz zusammen.
Das Gefühl, sich gewöhnen zu müssen, hatten wohl beide Seiten: "Ich hatte den Eindruck, meine Gegenspieler haben in den Zweikämpfen manchmal ein bisschen Rücksicht genommen. Ich kann mir aber vorstellen, dass sich das noch ändert."
Pilotprojekt des Verbands macht es möglich
Der Hessische Fußballverband (HFV) erlaubt diese Saison zum ersten Mal gemischte Mannschaften im Erwachsenenbereich. Es ist ein Pilotprojekt, angesetzt für 48 Monate. Als das im Juli bekannt wird, redet Priscilla mit ihrem Bruder Nils, der da schon für Dalherda spielt: "Erst nur aus Spaß, aber er stand dem sofort positiv gegenüber und meinte, ich könnte wirklich helfen."
Lena Nöding - beim HFV im Ausschuss für Mädchen- und Frauenfußball - erklärt die Motivation hinter dem Pilotprojekt: "Gerade in den ländlichen Gegenden gibt es nicht immer Frauenmannschaften. Da ist es für Frauen echt schwer, nahe am Wohnort Fußball zu spielen." Außerdem sei es für viele Männermannschaften in den niedrigen Klassen eine willkommene Unterstützung.
An sich eine Win-Win-Situation. Aber erst elf Frauen spielen diese Saison in einer Männermannschaft. Gelhard kann verstehen, warum manche zögern: "Ich hatte auch Bedenken, dass in der Mannschaft jemand dagegen stimmt oder nicht zufrieden ist, wenn ich hier spiele."
"Ich bin froh, dass sie dabei ist"
Bei der Mannschaftssitzung stimmen dann aber alle Spieler dafür, und das anschließende erste Aufeinandertreffen ist herzlich. In Dalherda freut sich vor allem Priscillas 18-jähriger Bruder Nils über den Neuzugang: "Meine Schwester lebt den Sport, die ist jeden Tag am Sportplatz. Und sie kann sehr gut mit Menschen - ich bin froh, dass sie dabei ist."
Das Gefühl teilen auch Mitspieler, die nicht mit Priscilla verwandt sind: "Für uns ist es natürlich was Neues, ein Punktspiel mit einer Frau zu bestreiten. Aber es lief sehr gut, ich bin sehr zufrieden", urteilt Kapitän Falko Nass.
Trainer Jan Kolke beobachtete das Debüt von Priscilla von der Seitenlinie und setzt noch einen drauf: "Man hat gesehen: Wenn man sie anspielt kommt der Ball manchmal besser zurück als von anderen Teamkollegen."
Mut färbt ab
Priscilla Gelhard und die Kreisliga-C-Jungs des TSV Dalherda II: Das scheint zu passen. Und abzufärben. Schon zwei Fußballerinnen aus der Region haben sich bei ihr und dem Verein gemeldet, weil sie es sich ebenfalls vorstellen können, bei den Männern mitzuspielen.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 18.08.2023, 19 Uhr
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