Lilien-Manager Carsten Wehlmann Ein Nordlicht in Südhessen, das unter dem Radar fliegt

Hinter dem Aufschwung des Zweitliga-Spitzenreiters Darmstadt 98 steht ein Mann, der in der Öffentlichkeit selten auftaucht: Manager Carsten Wehlmann. Seit vier Jahren arbeitet der gebürtige Hamburger in Südhessen und hat den Verein peu à peu nach vorne gebracht.

Carsten Wehlmann Darmstadt 98
Lilien-Manager Carsten Wehlmann Bild © Imago Images
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Am Sonntag gab es schon ein kurzes Treffen vor dem großen Duell. Der Hamburger SV hatte im heimischen Volkspark Arminia Bielefeld zu Gast, gewann knapp mit 2:1 und festigte damit Rang zwei in der 2. Bundesliga. Beobachtet wurde das alles auf der Tribüne von Carsten Wehlmann, dem Manager genau jenes Clubs, der aktuell vier Punkte vor dem HSV auf Rang eins in der Tabelle thront: Darmstadt 98.

Wehlmann hatte nach dem 1:0-Erfolg seiner Lilien am Samstagabend in Rostock die räumliche Nähe genutzt und den Sonntag in Hamburg verbracht. Einerseits, um den Gegner des absoluten Zweitliga-Topspiels am Samstag (20.30 Uhr) einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und einen kurzen Plausch mit HSV-Manager Jonas Boldt zu halten, andererseits aber auch, um ein wenig Zeit in der Stadt zu verbringen, die der 50-Jährige selbst seinen "Heimathafen" nennt.

Die Karriere ist Norddeutschland pur

Denn der Macher der Südhessen ist nicht nur gebürtiger Hamburger, aufgewachsen im Stadtteil Eidelstedt, sondern auch Norddeutscher durch und durch. Mittlerweile wohnt Wehlmann zwar in Mainz und arbeitet in Darmstadt, vorher hießen die Stationen seiner Spieler-, Trainer- und Scouting-Karriere aber: Eidelstedter SV, VfL 93 Hamburg, FC St. Pauli, Hamburger SV, Hannover 96, VfB Lübeck, Holstein Kiel. Mehr Norddeutschland geht nicht.

Seit fast genau vier Jahren ist Wehlmann nun Sportlicher Leiter in Darmstadt – und hat in dieser Zeit ein Team geformt, das in der vergangenen Saison nur knapp am Aufstieg in die Bundesliga vorbeischrammte und in diesem Jahr drauf und dran ist, das einst verpasste Ziel zu erreichen.

Seit vier Jahren Sportlicher Leiter in Darmstadt

Der Sohn eines Kapitäns und gelernte Schifffahrtskaufmann selbst würde den Aufstieg zwar niemals so forsch als Ziel ausrufen, aber immerhin konnte ihm in der Winterpause vor dem Jahreswechsel eine Andeutung entlockt werden: "Wenn wir das nächste Jahr so abschließen wie dieses, sollte etwas Schönes dabei herauskommen." Ergo: der Aufstieg mit den 98ern.

Dabei sah es im Februar 2019, als der Vater einer Tochter gerade vom Sportkoordinator zum Sportlichen Leiter aufgestiegen war, gar nicht so rosig aus bei den Lilien. Trainer Dirk Schuster, ein Heiligtum in Darmstadt, war gerade entlassen worden, ein Neuer musste im Abstiegskampf präsentiert werden. Wehlmann wählte überraschenderweise den im Profibereich noch unerfahrenen Dimitrios Grammozis. Eine auf den ersten Blick ungewöhnliche Wahl, die sich aber am Ende als richtig erwies.

Noch keinen Trainer entlassen

Grammozis führte die Lilien erst zum Klassenerhalt und in der anschließenden Saison auf Rang fünf. Nach Streitigkeiten um die Vertrags-Laufzeit verlängerte der Ex-Bundesliga-Profi nicht in Darmstadt. Und Wehlmann musste wieder auf Trainersuche gehen. Er präsentierte die nächste ungewöhnliche Wahl und holte Markus Anfang, der zuvor in Köln geschasst worden war. Nach Start-Schwierigkeiten klappte auch dieser Schritt, die Lilien wurden Siebter – und Anfang verabschiedete sich nach Bremen.

"Carsten hat seit seinem Amtsantritt ein gutes Händchen bei der Auswahl der Trainer bewiesen", betont auch Lilien-Präsident Rüdiger Fritsch. "Alle unter ihm verpflichteten Coaches haben den Verein ein Stück weitergebracht. Wir haben zudem gemeinsam in den vergangenen Jahren viele Strukturen aufgebaut, sowohl bei den Profis - insbesondere in der Kaderplanung - als auch im Nachwuchsleistungszentrum und damit den Verein weiterentwickelt."

Ein Mann der ruhigen Töne

Mit seiner dritten Trainer-Wahl traf Wehlmann dann komplett ins Schwarze. Torsten Lieberknecht, der zuvor bei Drittliga-Kellerkind Duisburg entlassen worden war, übernahm im Sommer 2021 in Darmstadt und mischte mit einer von Wehlmann klug zusammengestellten Mannschaft die Liga auf. Die dritte eher ungewöhnliche Trainer-Entscheidung – bei keiner einzigen Entlassung – könnte im nicht ganz unwahrscheinlichen Fall dazu führen, dass es in Südhessen bald wieder Bundesliga-Fußball zu sehen gibt.

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Während über die Trainer Lieberknecht und besonders Anfang viel geschrieben und berichtet wurde, bleibt Wehlmann jedoch eher der Macher im Hintergrund und kommt in der Öffentlichkeit eigentlich ein wenig zu kurz. Der Ex-Torwart fliegt medial unter dem Radar, gibt selten TV-Interviews, ist kein klassischer Lautsprecher wie andere Kollegen. Wer mit dem gebürtigen Hamburger ein Gespräch führt, hört keine Kampfansagen, keine öffentlichen Schelten oder Wutausbrüche. Alles bleibt ruhig beim Mann aus dem Norden, alles bleibt sachlich.

Bundesliga als Ziel

Und dennoch ist auch außerhalb Darmstadts aufgefallen, welche Arbeit bei den Lilien geleistet wird. Auf der Position des Sportdirektors gibt es seit geraumer Zeit einen wahren Transfermarkt. Fabian Wohlgemuth, der jüngst aus Paderborn nach Stuttgart wechselte, ist das jüngste Beispiel. Über konkrete Abwerbungsversuche schweigt Wehlmann. Zuletzt wurde er aber bereits als potentieller Kandidat auf den Sportdirektor-Posten in Stuttgart und beim FC Schalke genannt.

Gewinnen die Darmstädter das Spitzenspiel gegen den HSV am Samstagabend, wäre es sehr gut möglich, dass er die Bundesliga mit den Lilien erreicht. Und sollten am Ende die Hamburger zusammen mit den Südhessen aufsteigen, hätte Wehlmann sicherlich nichts dagegen. Nordlicht bleibt eben Nordlicht.

Quelle: hessenschau.de