Clemens Riedel im Exklusiv-Interview Lilien-Kapitän mit 21 - "Macht mich wahnsinnig stolz"
Clemens Riedel ist mit gerade einmal 21 Jahren Kapitän von Darmstadt 98 und muss direkt eine Krise meistern. Im Interview spricht er über das Aus von Torsten Lieberknecht, die Neuerungen unter Florian Kohfeldt und den besten Bundesliga-Stürmer.
Clemens Riedel gehört trotz seines jungen Alters schon zu den Urgesteinen von Darmstadt 98. Der Innenverteidiger ist bereits seit mehr als fünf Jahren im Verein, in dieser Saison führt er das Zweitliga-Team als Spielführer aufs Feld. Nur sportlich könnte es im Tabellenkeller noch besser laufen.
hessenschau.de: Herr Riedel, jemand hat einmal über Sie gesagt, bei Ihnen würde alles stimmen - vom Kopf bis zum Fuß. Wissen Sie, wer das war?
Clemens Riedel: Das müsste unser alter Trainer gewesen sein, Torsten Lieberknecht.
hessenschau.de: Stimmt. Können Sie gut mit solchen Komplimenten umgehen?
Riedel: Ich weiß das immer gut einzuordnen. Dennoch freuen mich natürlich solche Komplimente.
hessenschau.de: Für Ex-Coach Torsten Lieberknecht war nach einem desaströsen Auftritt in Elversberg Schluss. Wie sehr hat Sie das persönlich betroffen?
Riedel: Das war schon hart. Aber ich glaube, wir haben jetzt insgesamt einen guten Umbruch geschafft und einen guten neuen Trainer gefunden, der uns viel fordert. Wir sind auf einem sehr guten Weg.
hessenschau.de: Zu ihrem neuen Trainer Florian Kohfeldt kommen wir gleich. Eine letzte Frage aber noch zu Torsten Lieberknecht: Woran lag es, dass es nicht gelungen ist, gemeinsam mit ihm den Turnaround zu schaffen?
Riedel: Das ist eine schwierige Frage. In Elversberg war es ein Debakel, das von der Mannschaft verursacht wurde. Aber auch schon zuvor haben wir über Wochen nicht die Punkte geholt. Jetzt entwickeln wir uns stetig weiter.
hessenschau.de: Florian Kohfeldt ist mittlerweile etwa eineinhalb Monate da. Was ist neu unter ihm?
Riedel: Ohne vergleichen zu wollen, kann ich über die Einheiten unter Florian Kohfeldt sagen: Wir haben intensive Trainingsinhalte, die auch den Kopf fordern und fördern. Wir trainieren hart, was uns sehr guttut. Wir werden immer fitter und können im Spiel immer mehr Kilometer abrufen. Dazu hat er eine klare Spielidee, die er einfordert. In die finden wir immer besser rein.
hessenschau.de: Was ist denn ein Beispiel für eine Trainingsinhalt, die den Kopf fordert?
Riedel: Das sind Trainingsinhalte, bei denen man viel beachten muss und die sehr komplex sind. Wenige Ballkontakte zum Beispiel.
hessenschau.de: Sie sind durch den Ausfall von Fabian Holland der Kapitän, dadurch bestimmt auch einer der ersten Ansprechpartner für Florian Kohfeldt. Wie war der erste Kontakt?
Riedel: Der erste Kontakt war sehr gut. Wir haben uns etwa eine halbe Stunde unterhalten. Er hat mir da schon seine Ideen aufgezeigt. Er hat aber mit jedem Spieler ein Einzel-Gespräch geführt.
hessenschau.de: Apropos Ideen: Eine war, von Fünfer- auf Viererkette umzustellen. Mögen Sie die Umstellung?
Riedel: Beides hat Vor- und Nachteile. Ich fühle mich in beiden Systemen wohl. In einer Viererkette sind wir offensiv variabler, dafür müssen wir schauen, dass wir nicht zu wild verteidigen.
hessenschau.de: Wild waren auch die vergangenen beiden Auswärtsspiele in Karlsruhe und auf Schalke. Wird das jetzt zum Standard?
Riedel: Wenn wir als Sieger vom Platz gehen, dann gerne (lacht). Einerseits ist es gut, dass wir vorne viele Tore schießen. Andererseits dürfen wir hinten nicht so viele Gegentore fangen.
hessenschau.de: Wenn man den Saisonstart betrachtet, ist dieser missglückt. Müssen sich die Lilien-Fans auf Abstiegskampf in dieser Spielzeit einstellen?
Riedel: Hoffentlich nicht. Wir sind auf einem guten Weg. Wir entwickeln uns Woche für Woche weiter. Ich bin mir sicher, dass wir unsere Punkte einfahren, wenn wir weiter hart arbeiten.
hessenschau.de: Dennoch liegt hinter den Lilien eine ziemlich lange Zeit mit ziemlich vielen Niederlagen und Negativ-Erlebnissen. Wie gehen Sie persönlich mit so vielen Rückschlägen um?
Riedel: Bis jetzt konnte ich das immer gut einsortieren. Ich bin ein sehr positiver Mensch. Ich versuche immer, im nächsten Spiel etwas besser zu machen. Bislang hat das gut geklappt.
hessenschau.de: Was haben Sie persönlich denn aus Ihrer ersten Bundesliga-Saison mitgenommen?
Riedel: Man hat schon die individuelle Qualität der Gegner gemerkt. Ich konnte mich aber auch mit den Besten messen und schauen, was mir noch fehlt.
hessenschau.de: Wer war denn der beste Gegenspieler?
Riedel: Puh, Jadon Sancho würde ich sagen. Der kam damals in der 60. Minute, als ich müde wurde. Das war nicht so optimal (lacht).
hessenschau.de: Was hat Ihre persönliche Bundesliga-Analyse denn ergeben?
Riedel: In der Bundesliga wird wirklich jeder Fehler bestraft. Man muss sehr klar verteidigen und sehr klare Pässe spielen.
hessenschau.de: Wie eingangs erwähnt, vertreten Sie derzeit Fabian Holland als Kapitän. Wie stolz macht Sie das?
Riedel: Das macht mich schon unfassbar stolz. Das kam ja relativ plötzlich, ich war bei einem Spiel dann der letzte aus dem Mannschaftsrat, der noch auf dem Platz war. Dass Torsten mich im Anschluss aber als Kapitän behalten wollte und Florian das auch so entschieden hat, macht mich wirklich stolz. Ich versuche immer, mein Herz auf dem Platz zu lassen und mein Amt gut auszuführen
hessenschau.de: Dann lassen Sie uns zum Abschluss noch zurück in den Liga-Alltag blicken. Am Freitag geht es gegen Köln, da kommt die beste Offensive der Liga. Was erwarten Sie da für ein Spiel?
Riedel: Wir wissen, was Köln für Qualitäten hat, kennen aber auch unsere eigenen. Wir sind offensiv auch sehr gut. Es dürfte ein intensives Spiel werden. Ich hoffe auf ein Zu-Null-Spiel für uns.
Das Gespräch führte Sonja Riegel.