Darmstadt 98 nach Auftaktpleite Unglücklich, unreif - und doch nicht unzufrieden

Der SV Darmstadt 98 verliert sein Auftaktspiel in der zweiten Bundesliga. Trainer Torsten Lieberknecht sieht gegen Düsseldorf dennoch eine "positive Entwicklung". Auch für zwei Pechvögel hat er wohlwollende Worte übrig.

Anfang vom Ende: Aleksandar Vukotic köpft den Ball zum 0:1 ins eigene Netz.
Anfang vom Ende: Aleksandar Vukotic köpft den Ball zum 0:1 ins eigene Netz. Bild © Imago Images
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Othmane El Idrissi vergrub sein Gesicht tief im Trikot, wollte nicht wahrhaben, was ihm widerfahren war bei seinem Profidebüt. Eine Rote Karte nach nur acht Minuten auf dem Feld - wegen Trikotziehens als letzter Mann. El Idrissi, gerade mal 17 Jahre alt, spielberechtigt für die A-Jugend, weinte. Man konnte es ihm nicht verdenken.

Sein Mitspieler Aleksandar Vukotic, wesentlich erfahrener, tat es ihm gleich. Nicht das Weinen, nein, aber das Gesicht-im-Trikot-Vergraben. Der 29-Jährige wusste, welch bitteren Tag er seinem jugendlichen Mitspieler beschert hatte. Klar, den Zupfer am Trikot des Düsseldorfer Stürmers beging El Idrissi schon selbst, in Vorleistung aber war Vukotic getreten.

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Mit einem Eigentor fängt alles an

Der Darmstädter Neuzugang vom SV Wehen Wiesbaden hatte einen Rückpass mit dem Außenrist viel zu lasch nach hinten gespielt, El Idrissi und die gesamte Mannschaft damit überhaupt erst in Bedrängnis gebracht – eine unglückliche Aktion.

Unglücklich! Ein Wort, das Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht nach der 0:2-Auftaktniederlage gegen Fortuna Düsseldorf mehrfach nutzte, auch mit Blick auf eine weitere Situation unter Beteiligung von Vukotic. Der nämlich hatte bei einer Freistoßflanke auf den kurzen Pfosten seine Kopfballstärke bewiesen und den Ball unhaltbar ins Tornetz gedrückt: Bloß: Es war das eigene. Das 1:0 für Düsseldorf (55.), ein Eigentor, der Anfang vom Ende aus Darmstädter Sicht.

Lieberknecht über Vukotic: "Der beste Spieler"

Es sei so etwas wie die Geschichte des Spiels, sagte Lieberknecht, dass Vukotic "der beste Spieler meiner Mannschaft war", der Verteidiger aber letztlich entscheidenden Anteil an der Pleite hatte. Dennoch: "Wir sind froh, dass er da ist. Er ist ein Spieler, der hier komplett angekommen ist und unglaubliche Mentalität zeigt."

Vukotic gewann starke 71 Prozent seiner Zweikämpfe, sorgte bei Standards vorne (wie hinten) für Gefahr. Die Fans feierten seine Aktionen besonders lautstark. Die finalen Minuten der Partie verbrachte der Zwei-Meter-Mann sogar als stürmender Verteidiger. Es half nichts.

Enttäuschung pur: Othmane El Idrissi sieht die Rote Karte bei seinem Profidebüt.
Enttäuschung pur: Othmane El Idrissi sieht die Rote Karte bei seinem Profidebüt. Bild © Imago Images

Kapitän Gjasula erlebt einen "Abnutzungskampf"

Die Darmstädter sind nun saisonübergreifende fünf Pflichtspiele ohne Sieg, was freilich nur eine Randnotiz ist. Viel wichtiger als der Blick zurück: Wie hat sich der Bundesliga-Absteiger nach dem sommerlichen XXL-Umbruch präsentiert? Ist er gewappnet für eine lange Zweitligasaison? Täuscht der erste Eindruck nicht, sind die Darmstädter zumindest auf dem richtigen Weg. Gegen den Aufstiegsanwärter aus Düsseldorf, vergangene Saison Dritter, hielten die Gastgeber über weite Strecken gut mit. Phasenweise waren sie besser.

"Ein Spiel auf Augenhöhe", nannte Lieberknecht das, als "Abnutzungskampf" ordnete Lilien-Kapitän Klaus Gjasula das Erlebte ein. Einzig kurz nach der Pause, als auch das 0:1 fiel, "sind wir nicht gut rausgekommen", so der Coach. Die besten Ausgleichschancen vergaben Fraser Hornby und Kai Klefisch, die binnen zwei Sekunden zweimal am Düsseldorfer Torhüter scheiterten (68.). Erst nach der Roten Karte für El Idrissi (83.) und dem kurz darauf folgenden 2:0 von Tim Rossmann (86.) war den Lilien der Stecker gezogen.

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Fans bauen untröstlichen Youngster El Idrissi auf

Jedoch: In den entscheidenden Situationen, das gab Lieberknecht treffend zu, "wirkte der Gegner ein Stück weit reifer". Ein Grund zum Grämen aber sei das nicht. "Wir hatten kein Gefühl der Chancenlosigkeit, sondern man hat auch diesmal eine positive Entwicklung gesehen", so der Trainer, der seine Begleiter an der Seitenlinie in der hektischen Schlussphase nicht mehr unter Kontrolle hatte. Sportdirektor Paul Fernie und Torwarttrainer Dimo Wache sahen jeweils wegen Meckerns die Gelbe Karte.

Othmane El Idrissi bekam all den Trubel gar nicht mehr mit. Mit hängendem Kopf und feuchten Augen war er längst versunken in seiner eigenen Welt. Das Publikum hatte dem untröstlichen Youngster aufbauenden Applaus mit auf den Weg in den Spielertunnel gegeben, sein Trainer etwas später wohlwollende Worte mit Blick auf die Zukunft: "Die Rote Karte ist ein Teil eines jungen Fußballerlebens. Aber er wird bald wieder da sein."