Lilien-Manager Carsten Wehlmann im Interview "Wir stehen vor einer besonderen Rückrunde"
Darmstadt 98 hat in der 2. Bundesliga eine überragende Hinrunde gespielt. Der sportliche Leiter der Lilien, Carsten Wehlmann, tut alles dafür, dass die Rückrunde ähnlich gut wird.
Carsten Wehlmann hat beim SV Darmstadt 98 eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt. Im Umfeld des Zweitliga-Herbstmeisters wird bereits vom Aufstieg geträumt. Im Interview mit dem hr-sport spricht der sportliche Leiter der Lilien über das Trainingslager in Spanien, die Stürmersuche und den auslaufenden Vertrag von Verteidiger Patric Pfeiffer.
hessenschau.de: Carsten Wehlmann, wie groß ist die Vorfreude auf die bald beginnende Rückrunde?
Carsten Wehlmann: Die Vorfreude wächst langsam. Wir hatten nach dem letzten Spiel im alten Jahr einen Stopp und drei Wochen Pause gemacht. Nach zwei freien Wochen war das Kribbeln aber wieder da, auch bei den Jungs. Das hat man auch beim Testspiel gemerkt (1:1 gegen Wehen Wiesbaden; d. Red.). Die Mannschaft musste zunächst etwas reinkommen, dann war sie aber da. Die Stimmung ist gut und die Vorfreude auf das, was zum Rückrundenauftakt am 28. Januar kommt, ist groß. Darauf arbeiten wir hier in Spanien hin.
hessenschau.de: Wie viel macht diese gute Stimmung aus?
Wehlmann: Das kann man prozentual gar nicht sagen, aber es macht einen großen Anteil aus. Wir können uns mit anderen Clubs aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen nicht vergleichen. Wir müssen auf und neben dem Platz als Gruppe funktionieren, der gesamte Verein muss als Gruppe funktionieren. Ich kann nicht sagen, wie die Stimmung bei anderen Clubs ist. Bei uns herrscht eine gute Stimmung vor. Und wenn es intern einmal raschelt, dann stehen die Jungs zusammen. Das ist ein Pfund, womit wir wuchern können.
hessenschau.de: Internes Rascheln? Haben wir da etwas nicht mitbekommen? Die Hinrunde verlief doch sehr erfolgreich.
Wehlmann: Nein, so war das nicht gemeint. Beim Training kann es mal passieren, dass die Jungs bei einem Kleinfeldturnier anecken. Oder in einem Spiel, dass man sich da mal positiv anmacht und etwas lauter motiviert. Das meinte ich mit Rascheln. Es gibt bei uns nichts, was uns auseinanderdividieren könnte.
hessenschau.de: Die Mannschaft ist nun seit 18 Pflichtspielen ungeschlagen. Kann sie überhaupt noch mit einer Niederlage umgehen?
Wehlmann: Ich bin sicher, dass uns eine Niederlage nicht umwirft. Uns ist klar, dass wir jedes Spiel von Neuem angehen müssen. Letztendlich stehen wir vor einer besonderen Rückrunde, die Pause war mit knapp drei Monaten sehr lang. Alle Vereine starten komplett von neu, niemand weiß, wo er steht. Wir arbeiten daran, dass wir auf den Punkt fit sind und gut in die Rückrunde mit noch 17 Spielen starten.
hessenschau.de: Vor der Winterpause gingen sie personell am Stock. War die Pause deshalb hilfreich?
Wehlmann: Die Winterpause hat uns natürlich geholfen, weil wir viele angeschlagene und verletzte Spieler hatten. Magnus Warming, Aaron Seydel, Mathias Honsak, Klaus Gjasula und Fabian Schnellhardt stehen wieder auf dem Platz. Wir haben fast die gesamte Gruppe zusammen, da wird es umso schwerer, in den Kader und auf das Feld zu kommen. Das fördert die Konkurrenz. Uns freut es, dass die Jungs da sind und Torsten Lieberknecht mehr Auswahl hat.
hessenschau.de: Es laufen noch einige Verträge aus, vor allem der von Patric Pfeiffer. Wie sieht es bei ihm und den anderen Spielern aus?
Wehlmann: Wir haben schon die Verträge mit Tobias Kempe, Fabian Holland und Klaus Gjasula verlängert. Wir wollen unsere Kontinuität fortsetzen, weiter eine Achse haben. Mathias Honsak stand bislang in dieser Saison noch gar nicht auf dem Platz. Magnus Warming kam Stück für Stück besser rein, verletzte sich dann an der Syndesmose und ist nur ausgeliehen. Wir schauen, wie wir in die Rückrunde reinkommen. Das Gros des Kaders steht schon.
hessenschau.de: Bei Pfeiffer droht aber ein ablösefreier Verlust eines Schlüsselspielers. Haben Sie noch Hoffnung, ihn halten zu können?
Wehlmann: Wir haben schon viele Gespräche mit Patric Pfeiffer geführt – nicht erst seit gestern oder vorgestern. Wir wollten vorzeitig mit ihm verlängern. Auch als im Sommer ein Wechsel im Raum stand, haben wir mit ihm gesprochen. Wir lehnen uns da nicht entspannt zurück. Aber sein Vertrag läuft aus, er kann mit anderen Clubs sprechen. Aktuell ist er noch Spieler bei uns. Patric hat seine Wichtigkeit in der Hinrunde gezeigt, ich bin sicher, das wird er nun auch in der Rückrunde tun. Was dann im Sommer passiert, werden wir sehen. Er hat bei uns eine sehr gute Entwicklung genommen und sich – wie andere Spieler in der Vergangenheit auch schon – für höhere Aufgaben empfohlen. Wenn sich Spieler schneller entwickeln als der Verein, dann sind wir nicht böse, sondern es macht uns stolz, weil es auch für andere Spieler in Zukunft ein Beweis ist, dass sie sich hier weiterentwickeln können.
hessenschau.de: Ein Winterwechsel ist aber auszuschließen?
Wehlmann: Ja, ein Winterwechsel ist ausgeschlossen.
hessenschau.de: Ihr Trainer Torsten Lieberknecht wünschte sich jüngst einen "Stürmer-Stürmer". Wie ist die Entwicklung auf dem Transfermarkt
Wehlmann: Wir sind nicht erst seit gestern im Austausch. Eine Entscheidung treffen wir am Ende gemeinsam. Dafür müssen wir schauen, wie sich der Markt darstellt. Es ist ein Zusammenspiel aus allen Personen. Wir entscheiden zusammen, ob ein Spieler passt oder nicht passt. Aber mit den Jungs, die da sind, konnten wir schon eine gewisse Anzahl an Punkten sammeln. Wir tauschen uns dennoch aus und besprechen Profile und Spieler. Es sind auch Jungs aus der Verletzungspause zurückgekommen, die uns Alternativen geben, auch wenn sie noch nicht ganz bei 100 Prozent sind. Wenn es Möglichkeiten auf dem Transfermarkt gibt, dann wollen wir das umsetzen. Aber die Jungs, die für eine richtig gute Hinrunde gesorgt haben, haben Vertrauen verdient.
hessenschau.de: Wie sieht das Profil für einen möglichen neuen Stürmer aus?
Wehlmann: Es ist ein Mix aus allem. Wir diskutieren dabei rational und emotional, was passt. Ist er leichter zu integrieren? Er sollte vom Profil her ein bisschen anders sein als das, was wir schon im Kader haben. Wir wägen intern ab. In Darmstadt ist nicht einer für alles zuständig, sondern wir entscheiden gemeinsam. Vorschläge kommen von unseren Scouts genauso wie vom Trainerteam. Und wie es in der Vergangenheit war, so wird es auch in Zukunft sein: Dass wir einen Spieler finden wollen, der zu uns passt.
hessenschau.de: Wie geht die Mannschaft mit der klaren Aussage des Trainers um? Das hat vielleicht nicht jedem gepasst.
Wehlmann: Wir sind alle Sportler genug. Die Spieler wissen, dass es immer Konkurrenz gibt. Sie müssen die Vereinsperspektive sehen. Und ich muss schauen, was im Winter oder Sommer passiert. Der Trainer kommuniziert mit den Jungs, spricht mit dem Mannschaftsrat, er nimmt sie mit. Als Gruppe zu funktionieren, hat mit den Jungs, die wir bei uns haben, immer gut geklappt. Das ist unser großes Pfund.
hessenschau.de: Wäre bei einem neuen Stürmer auch ein Leihgeschäft möglich?
Wehlmann: Wir diskutieren alle Optionen durch und haben noch bis zum 31. Januar Zeit. Wir haben aber auch gesagt, dass es kein Muss ist, dass ein neuer Stürmer kommt, weil wir den Jungs vertrauen.
Das Interview führte Markus Philipp im Trainingslager in El Saler.