Höhenflug der Lilien Das sind die Symbolfiguren für die neue Stärke von Darmstadt 98

Darmstadt 98 thront trotz Verletzungssorgen auf Rang eins. Die Erklärung dafür liefern drei Geschichten aus dem Team: Ein Talent drängt sich auf, der Kapitän erfindet sich neu und der Sturm harmoniert.

Die Lilien lassen sich von den Fans feiern
Die Lilien sind in der 2. Bundesliga weiter kaum zu stoppen. Bild © Imago Images
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Darmstadt gegen Kaiserslautern
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Nach dem 2:0-Erfolg über Kaiserlautern schwärmte ganz Darmstadt vom Winterneuzugang Filip Stojilkovic, der beide Treffer gegen die Pfälzer erzielt hatte. Doch es lohnt ein Blick in die anderen Mannschaftsteile, um den Höhenflug der Lilien zu erklären.

Den "Abwehr-Riedel" vorschieben

So abgebrüht wie Clemens Riedel spielt, vergisst man schnell sein Alter. Der Verteidiger ist erst 19 Jahre alt und wäre auch in der Jugend noch gut aufgehoben. Doch schon im vergangenen Jahr wurde Riedel ins kalte Wasser geschmissen, nun schwimmt er sich mehr und mehr frei. Beim Topspiel gegen Kaiserslautern verdrängte er Publikumsliebling Thomas Isherwood auf die Bank. Dabei hatte Riedel beim Gegentreffer in Heidenheim die Innenbahn geöffnet und auch bei der Niederlage in Bielefeld auf dem Platz gestanden. Doch das änderte nichts am prächtigen Gesamteindruck des Youngsters, der beherzt Zweikämpfe führt und auch die Spieleröffnung nicht scheut.

An der Seite von Routinier Christoph Zimmermann spielt auch Riedel abgeklärt wie ein alter Hase. So haben die Lilien trotz des verletzungsbedingten Ausfalls einer ihrer besten Männer (Patric Pfeiffer) nun sogar ein Überangebot an Defensivkräften. Druck machen sie dem Talent am Böllenfalltor keinen, tatsächlich soll Riedel von sich selbst am meisten fordern. In Anbetracht seiner Anlagen und Leistungen könnte für die Lilien nur ein Problem auftreten: Der Vertrag des U19-Nationalspielers läuft 2024 aus.

Holland bringt Gegner in Not

Fabian Holland hatte nach der Niederlage in Bielefeld einen neuen Job: als Bote. Er musste nämlich Trainer Torsten Lieberknecht Meldung über das Ergebnis der Teamaussprache erstatten. Nach der Niederlage in Ostwestfalen hatte der Coach direkt die Mannschaft in die "Spieler-Lounge" zitiert und eine Diskussion angeregt. Die Schützlinge sollten untereinander Tacheles reden – und der Kapitän sollte dann mitteilen, ob alles geregelt sei. Andernfalls wäre das Training verschoben worden. Doch Holland teilte mit: "Alles geregelt!" 

Und das steht auch für seine Auftritte auf dem Rasen. Holland, eigentlich Linksverteidiger in der Viererkette, bereinigt nun die Angelegenheiten im Zentrum vor der Abwehr. Nicht nur TV-Experte Torsten Mattuschka fand: "Da gefällt er mir sogar noch besser." Holland beweist seine bekannte Emsigkeit und Zweikampfstärke auch als Sechser und spielt zudem noch viele öffnende Bälle in die Tiefe. Laut kicker-Notenschnitt ist er einer der besten Spieler der gesamten Liga und symbolisiert mit seiner Flexibilität auch die Mentalität: Darmstadts Spieler nehmen ihre neuen Rollen immer wieder mit Begeisterung an und helfen so, die Ausfälle zu kompensieren.

Die Philharmonie

Wer einen Beleg für die besondere Teamchemie in Darmstadt sucht, muss nur Filip Stojilkovic fragen. Der Zugang weilt zwar erst seit ein paar Monaten in Südhessen, fühlt sich aber schon sehr wohl. Er unternimmt viel mit den Kollegen Phillip Tietz und Marvin Mehlem. Die "Philharmonie" (oder "Filharmonie") der Offensiven sorgt auch auf dem Platz für besondere Feierstimmung. Wie sehr einer dem anderen den Erfolg gönnt, lässt sich an Tietz ablesen. Für gewöhnlich sträuben sich "Neuner" wie er mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen, defensiv zu arbeiten und andere die Tore schießen zu lassen.

Tietz aber erackerte gegen Lautern auf der Spielmacherposition sogar weit in der eigenen Hälfte die Bälle – und legte das 2:0 von Kumpel Stojilkovic mit einem wunderbaren Ball in die Tiefe auf. Der zurückgezogene Tietz war eine besondere Finte gegen Kaiserslautern, um die Geschwindigkeitsvorteile der Lilien auszuspielen. Für die Partie in Nürnberg am Freitagabend könnte die Formation wieder anders aussehen – vielleicht auch mit einer Doppelspitze. Stojilkovic hat bereits angekündigt, seinerseits dem Kollegen Tietz ein Tor aufzulegen. Darmstadt gönnt sich in dieser Saison richtig. 

Quelle: hessenschau.de/Ron Ulrich