Darmstadt 98 ist schon ein "expected Spitzenteam"

Darmstadt 98 liefert gegen Kaiserslautern Indizien dafür, dass die Kantersiege der vergangenen Wochen trügerisch waren, denn die Lilien können es sogar noch besser. Schon bald muss das auch die Tabelle einsehen.

Darmstadts Spieler beim Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern.
Darmstädter Mannschaftskreis vor Darmstädter Mannschaftskreis. Bild © Imago Images
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Es war der vorletzte Akt eines Jahres, das es mit dem SV Darmstadt 98 öfter schlecht als gut gemeint hat. In einer eisigen Dezembernacht am Böllenfalltor beschenkten sich Team und Anhang im letzten Heimspiel 2024 deshalb gegenseitig mit Herzerwärmendem.

Mit einer aus Rihannas Welthit "Umbrella" entlehnten Choreografie in zwei Akten illustrierten die Fans eine Liebesgeste, die sich sinngemäß so übersetzten lässt: bei Regen oder Sonnenschein – wir stehen zusammen. Es folgte ein furioser 5:1-Sieg gegen Kaiserslautern, der die Anwesenden auf beiden Seiten der Bande in einer wohligen Zuversicht bestärkte, die den SVD über den Jahreswechsel tragen wird.

Vierter Fünf-Tore-Sieg unter Kohfeldt

Abermals ereignete sich bei den Lilien Rauschhaftes. Zum vierten Mal in der laufenden Runde gewann das Team von Florian Kohfeldt mit fünf Toren. Nach Schalke (5:3), Köln (5:1) und Fürth (5:1) holte sich nun der FCK eine volle Hand ab. Darmstadt ist seit neun Zweitligaspielen ungeschlagen, verlor unter Kohfeldt überhaupt erst ein Ligaspiel und sammelte mit ihm mehr Punkte als alle anderen Ligakonkurrenten im gleichen Zeitraum.

Dass die Pfälzer mit fünf Siegen aus den vorangegangenen sieben Spielen im Rücken als Team der Stunde einliefen und fest entschlossen schienen, in Darmstadt die Tabellenspitze an sich zu nehmen, lässt den deutlichen Erfolg noch heller strahlen. Neben einer äußerst zwischenzeitlichen Drangphase in der zweiten Hälfte hatte Kaiserslautern im Spielfilm dieses Abends keine Sprechrolle.

Die beste Saisonleistung – oder doch nicht?

Die phasenweise völlig aufgedrehte Offensive um die Doppeltorschützen Fraser Hornby und Killian Corredor verpasste gar die Möglichkeit, es für die Pfälzer noch schmerzhafter zu machen. "5:1 ist ein Brett. Das tut richtig weh", musste FCK-Trainer Markus Anfang aber auch so schon "ehrlich sagen". Sein Gegenüber konnte derweil genießen. "Ich muss die Mannschaft ausdrücklich loben. Das war die beste Saisonleistung", stellte Kohfeldt fest.

Clemens Riedel hatte dieser Einschätzung zuvor noch zaghaft widersprochen. "Das würde ich so nicht sagen. Wir hatten auch einige Aktionen, wo wir ein bisschen schlampig spielen", bemerkte Darmstadts Kapitän selbstkritisch. Eingangs ließ sich zumindest erkennen, was Riedel meinte. Nachdem beide Teams ihre anfängliche Zurückhaltung abgelegt hatten, führten die Lilien aber in enger Taktung eine offensive Versuchsreihe durch, die der Tabellenzweite nicht mehr stoppen konnte. Kohfeldt machte das phasenweise "überragenden Spaß".

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Markus Anfang und Florian Kohfeldt auf der Pressekonferenz nach dem Spiel
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Lidbergs Verletzung bringt Lilien nicht aus dem Tritt

Den beeindruckenden Auftritt machte noch beachtlicher, dass die Dramaturgie des Spiels nach rund einer Viertelstunde eine jähe Wendung zu nehmen drohte. Darmstadts Top-Torschütze Isac Lidberg hatte sich bei seiner bereits dritten Großchance verletzt.

Weil Kohfeldt sich nicht für einen positionsgetreuen Wechsel entschied und Luca Marseiler ins Spiel brachte, konnten die Lilien diesen Rückschlag aber sogar zu ihrem Vorteil wenden. Marseiler glänzte als Torschütze, Vorlagengeber und dauerhafter Stressfaktor. Die Kadertiefe verzeiht inzwischen Ausfälle und provoziert zumindest aus Trainersicht erfreuliche Härtefälle.

Alle Kennzahlen und Kriterien weisen die Lilien als Topteam aus. Eines, das in der 2. Bundesliga nach 16 Spieltagen Zehnter (!) ist. Am Samstagabend allerdings auch nur zwei Punkte hinter dem Tabellenzweiten. Kohfeldt versichert: "Wir schauen auf die Tabelle, aber wir schauen nach wie vor eher nach unten, auch wenn wir mir das keiner glaubt. Wir tun gut daran, dass wir uns in die Lage gebracht haben, jedes Spiel als Einzelereignis zu sehen und nicht mehr jedes Wochenende nervös zu schauen: Wer spielt gegen wen und wie geht das aus?"

Kohfeldt will kein neues Ziel ausrufen

Kohfeldt sträubt sich gegen einen Tabellenplatz als Saisonziel. An der Einstellung werde das sowieso nichts ändern. Wenn der SVD so weiterspielt, ist diese Position aber nicht mehr lange zu halten. Noch kann Kohfeldt genüsslich grinsen, wenn Fragen nach der kuriosen Tabelle an ihn herangetragen werden. Tief im Windschatten der Konkurrenz hat sich Darmstadt längst als Spitzenteam etabliert, auch wenn sich das in der Rangliste erst in Kürze niederschlagen dürfte.

So wie die Chancen in einem Spiel und deren Qualität in zu erwartenden Toren (xGoals) aufgerechnet werden, ist Darmstadt im Dezember 2024 trotz Tabellenplatz zehn bereits ein xSpitzenteam.

Quelle: hessenschau.de