Klasse oder Mittelklasse? Die Lilien zwischen zwei Wahrheiten

Spiel eins nach der Winterpause brachte für die Lilien wenig Aufschlussreiches zu Tage. Nach dem Remis in Düsseldorf bleibt die Frage, wie viel Spitzenteam in dieser Mannschaft steckt.

Ein Schritt zu spät: Darmstadts Andreas Müller (rechts).
Ein Schritt zu spät: Darmstadts Andreas Müller (rechts). Bild © Imago Images

Die Analysen nach dem 2:2 am Freitagabend bei Fortuna Düsseldorf fielen auf beiden Seiten recht einsilbig aus. Die Geschichte der 90 Minuten war schnell erzählt. Bis auf ein aus Gästesicht unglückliches Gegentor war vor der Pause wenig los. Es folgten "20 ganz schlechte Minuten" des SVD, wie Trainer Florian Kohfeldt einräumte. Weil Killian Corredor aber erst per Strafstoß und wenig später per Kopf nach einer Ecke traf, konnte am Ende niemand so richtig unzufrieden sein.

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Die Lilien können sich im Grunde aussuchen, welche Lesart ihnen besser passt. Die erfreulichere wäre eine, die Kapitän Clemens Riedel vorschlug. Dem gefiel, "dass wir immer dran geglaubt haben. Dass wir nie aufgegeben haben. Dass wir nach einem 0:2 in Düsseldorf zurückgekommen sind. Das ist nicht einfach." Sein Trainer widersprach dem nicht und hob sogar hervor, dass ihm das Comeback "herausragend gefallen" habe.

Corredor srpingt für Hornby ein

Positiv ist auch herauszuheben, dass Corredor die beiden Darmstädter Tore erzielte. Wäre die 2. Bundesliga ein Wettbewerb darin, die meisten Mittelstürmer im Kader zu haben, wäre den Lilien ein Aufstiegsplatz kaum streitig zu machen. Längst hat sich aber ausgezahlt, dass Sportdirektor Paul Fernie eifrig nickte, als es bei seiner Einkaufstour im Sommer an der Stürmertheke hieß: Darf's ein bisschen mehr sein?

Wochenlang war Isac Lidberg die zentrale Figur im Spiel der Lilien. Der verletzte sich nun kurz vor der Winterpause. Da hatte Fraser Hornby im Windschatten des Schweden aber längst die Qualitäten entfaltet, die sie in Darmstadt schon vor seiner langen Verletzungspause in ihm erkannt hatten. Nun in Düsseldorf aber musste Hornby nach einer Stunde angeschlagen raus.

Corredor übernahm geräuschlos den Part des Stellvertreterstellvertreters. Unter den Offensivkräften ist er in den vergangenen Wochen am spürbarsten aufgeblüht, schien nur auf seinen Moment gewartet zu haben. Beim 5:1 gegen Kaiserslautern feierte er bereits eine Sternstunde, in Düsseldorf sicherte er nun mit seinen Toren den Punkt. In der Darmstädter Offensive herrscht derzeit Vielfalt statt Überfluss.

Kohfeldt: "Waren nicht am Limit"

Dann gibt es aber auch die andere Lesart. Kohfeldt selbst machte den Anfang, indem er feststellte: "Wir waren relativ weit weg von dem, was wir können. Sowohl individuell, als auch als Mannschaft." Rundherum sei das Team "nicht am Limit" gewesen. Der Punkt sei gleichwohl hochverdient, darüber war man sich im Lilien-Lager einig.

Gleichzeitig ist das Remis in Düsseldorf nach der Niederlage beim Schlusslicht Regensburg kurz vor Weihnachten das zweite sieglose Auswärtsspiel hintereinander. In den vergangenen fünf Ligaspielen war es dann plötzlich auch wieder nur ein Sieg für die Lilien.

Die Tabelle bleibt rätselhaft

Bei der Suche nach sich selbst ist dem SVD nicht mal die Tabelle behilflich. Die verortet die Südhessen im tiefsten Mittelmaß. Doch nach Gala-Auftritten wie Köln oder Kaiserslautern war die Erkenntnis gereift, dass der üble Saisonstart eigentlich aus der Bilanz herausgerechnet werden müsste.

So bleibt Darmstadt vorerst ein Team, über das sich mindestens zwei Geschichten erzählen lassen: Die von einem Mittelfeldteam, das sogar Spitzenmannschaften an guten Tagen regelrecht vorführen kann. Und die von einer Spitzenmannschaft, die noch nicht jede Woche eine ist. Was die Sache noch komplizierter macht: Es spricht viel dafür, dass beide wahr sind.

Redaktion: Aaron Knopp

Quelle: hessenschau.de