Top-Talente-Team von Darmstadt 98 startet in Hessenliga Die geplante Überforderung des Lilien-Nachwuches
Darmstadt 98 stellt ab kommender Saison wieder eine zweite Mannschaft - im Amateurfußball. Warum der Hessenliga-Aufstieg dennoch nicht das Ziel des sogenannten Top-Talente-Teams ist, erklärt Sportchef Björn Müller.
Am hessischen Nachbarn nehmen sie sich beim SV Darmstadt 98 ausdrücklich kein Vorbild. Wie die Frankfurter Eintracht habe man ihn nicht geplant, den Neuaufbau dieser zweiten Mannschaft. Aufstieg sofort im ersten Jahr? "Aktuell nicht unser Ziel." So schnell wie möglich raus aus dem Amateurfußball in die semiprofessionelle Viertklassigkeit? "Die Hessenliga hat ein gutes Niveau für uns." Beide Antworten stammen von Björn Müller, und der sollte wissen, was er sagt, arbeitet er doch bei den Lilien als Sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ).
Nachdem die Darmstädter vor zehn Jahren aus wirtschaftlichen Gründen ihre Zweitvertretung wie viele andere Proficlubs zurückgezogen hatten, wird ab der kommenden Spielzeit wieder ein Reserveteam der Südhessen im Ligabetrieb mitmischen – dank des Hessischen Fußball-Verbands prompt in dessen höchster Amateurklasse, der Hessenliga. Gleiches hatte der HFV vor zwei Jahren auch der Eintracht ermöglicht, die prompt die Meisterschaft gewann und vergangene Saison in der Regionalliga eine gute Rolle spielte.
Viele Talente, wenige "Gerüstspieler"
In Darmstadt aber, so heißt es glaubhaft, ist kein zeitlicher Druck für derlei Vorhaben gegeben. Vielmehr soll die vom Club als Top-Talente-Team bezeichnete Mannschaft erst einmal ankommen im Seniorenfußball. Denn: Sie wird aus etlichen noch für die Jugend spielberechtigten Fußballern bestehen. Der Austausch zwischen U17, U19 und Top-Talente-Team soll "sehr flexibel" sein, wie Müller dem hr-sport sagt.
Mit Markus Ballmert, den Müller einst selbst beim SV Meppen trainierte, wird die junge Mannschaft zumindest mit etwas Erfahrung versehen. Ballmert ist 30 Jahre alt, gebürtig aus Frankfurt und kann in seiner fußballerischen Vita immerhin 170 Drittligaspiele vorweisen. Womöglich kommt noch ein zweiter Spieler im höheren Fußballeralter dazu, "ein Gerüstspieler", wie Müller das nennt. Ansonsten aber gilt: Jugend forscht, logisch irgendwie.
Profis sollen (fast) keine zum Einsatz kommen
"Es ist unser Ziel, so viele Spieler wie möglich in den Profibereich zu bringen – und noch besser wäre es, wenn Torsten Lieberknecht sie dann gar nicht mehr hergeben will." Für das Trainingslager im Schwarzwald nahm Zweitligatrainer Lieberknecht bereits mehrere Nachwuchsleute mit, die künftig unter anderem auch in der fünftklassigen Hessenliga zum Einsatz kommen könnten.
Den umgekehrten Weg von der zweiten Spielklasse in die Hessenliga wird es dagegen selten geben - wenn überhaupt. Es komme da immer auf die Situation des jeweiligen Profis an, sagt Müller. Ein erfahrener Mann wie Fabian Holland etwa, zurzeit mit einem Kreuzbandriss außer Gefecht, ist selbst bei seiner Wiedereingliederung eher schwer vorstellbar bei einem Amateurkick in, sagen wir, Weidenhausen oder Unter-Flockenbach. Ausnahmen bestätigen die Regel.
"Die Hessenliga wird eine Herausforderung"
Müller will den Schwierigkeitsgrad trotz diverser Partien auf dem Dorf nicht geringschätzen. Klar, die NLZ-Talente seien allesamt gute Kicker, aber Seniorenfußball ist eben noch mal eine andere Sache: "Robuster, schneller, dynamischer", sagt Müller und fügt an: "Die Hessenliga wird eine Herausforderung für uns, da werden sich einige strecken müssen gegen Spieler mit viel mehr Erfahrung."
Für die Entwicklung des Einzelnen sei das jedoch hilfreich. "Es geht nicht um die reinen Ergebnisse, sondern um die persönlichen Entwicklungen der Spieler. Dafür müssen sie vielleicht zeitweise auch mal überfordert werden."