Bader zieht Bilanz Wie Darmstadt ein bisschen wie Heidenheim werden kann
Ein bisschen fehlte von allem. Darmstadts Matthias Bader blickt ernüchtert zurück auf eine Bundesliga-Saison, die mit dem Abstieg enden wird. Der kommende Gegner Heidenheim hält den Lilien gnadenlos den Spiegel vor und zeigt, was die Südhessen im nächsten Anlauf besser machen müssen.
Darmstadt 98 ist in der Bundesliga auf Abschiedstour. Dieses Lebensgefühl ist über Wochen eingesickert und hat sich längst verfestigt. Am Wochenende könnte es nun auch rechnerisch "Game over" heißen. Sollten Mainz und Bochum ihre Spiele gewinnen und Union Berlin mindestens einen Punkt holen, gäbe es für Darmstadt am Sonntagabend (19.30 Uhr) allerhöchstens noch drei Punkte für die Statistik zu gewinnen. Matthias Bader bringen solche Gedankenspiele inzwischen nicht mehr um den Schlaf. "Auf den Abstieg konnte man sich gut vorbereiten", sagt der Rechtsverteidiger und lächelt süffisant.
Damit niemand die neue Nüchternheit mit Gleichgültigkeit verwechselt, hat der SV98 am vergangenen Wochenende Missverständnissen vorgebeugt: Der 2:0-Sieg beim 1. FC Köln war gleichwohl erst der dritte in dieser Saison. Deshalb ist seither auch Lilien-intern niemand zur Glaubensrichtung "Wunder" konvertiert. Zumindest das Zutrauen in die eigene Konkurrenzfähigkeit stärkt ein solches Erfolgserlebnis aber ungemein. Glücklich, darauf legt Bader wert, war der Sieg gegen Köln schließlich nicht: "Wir haben uns das erarbeitet, hatten die klar besseren Chancen und haben verdient gewonnen."
"Habe nie verstanden, warum kleine Vereine nichts in der Bundesliga verloren haben"
Auch die große Kulisse und der drohende Abstieg seines Ex-Klubs hinterließen beim 26-Jährigen wenig Eindruck. Dass Vereine aufgrund ihrer Geschichte oder ihres Umfelds einen Anspruch auf Erstklassigkeit haben und andere nicht: für Bader blanker Unsinn. "Ich habe nie verstanden, wenn Leute schreiben, Heidenheim, Darmstadt oder kleine Vereine haben nichts in der Bundesliga zu suchen. Das hat man sich verdient und erarbeitet."
Umgekehrt lässt sich aus dieser Analyse aber auch ableiten: Wer in 30 Spielen 17 Punkte holt, hat einige Argumente zu wenig geliefert, um in der kommenden Saison zum Kreis der 18 besten Klubs in Deutschland zu gehören.
Heidenheim hat's besser gemacht
Diesbezüglich ist das Spiel gegen Heidenheim auch für die Lilien so etwas wie der Vergleich mit einem zermürbend erfolgreichen Zwilling. Beide holten in der vergangenen Zweitliga-Saison 67 Punkte, für beide war die Bundesliga in der Vergangenheit nicht unbedingt natürlicher Lebensraum. Dennoch ließ sich früh feststellen, dass der Mitaufsteiger mit der Höhenluft deutlich besser zurechtkommt.
In seinen ersten acht Monaten im Oberhaus hat das Team von Trainer Frank Schmidt mit 34 Punkten exakt doppelt so viele geholt wie die Südhessen. "Ich weiß nicht, was die da machen und wie die trainieren", sagt Bader. "Für die Bundesliga haben sie es über alle Spiel betrachtet besser gemacht, vor allem konstanter verteidigt. Mit unseren geschossenen Toren und der Hälfte der Gegentore würden wir auch wo ganz anders stehen."
Zwei Saisonphasen, die beide nicht funktioniert haben
So stehen die Lilien vor dem Abstieg – ob der sich nun früher oder später einstellt. Aus dieser Bundesliga-Saison nehmen sie aber zumindest viel Erfahrung mit. Was war die wichtigste Lektion? "Es gab zwei Phasen, die beide nicht so richtig funktioniert haben", sagte Bader. "In der ersten haben wir richtig gut nach vorne gespielt, sind viel Riskiko gegangen, da gab's teilweise Feuerwerke, aber auch mal acht Gegentore gegen Bayern oder ein 3:3 gegen Gladbach. Danach haben wir uns aufs Zerstören verständigt. Da waren viele eklige Spiele dabei."
Den richtigen Mix aus beiden Ansätzen habe man jetzt erst gefunden und sich auch spielerisch verbessert. Für den Moment zu späte Erkenntnisse.