Eintracht-Frauen auf dem Weg zu den ganz Großen
Die Fußballerinnen von Eintracht Frankfurt sind nach dem Sieg gegen Leipzig Herbstmeisterinnen. Das kommt für viele überraschend, ist aber definitiv kein Zufall. Eine Analyse.
Es ist noch gar nicht so lange her, da herrschte ziemlich bedrückte Stimmung rund um die Fußballerinnen von Eintracht Frankfurt. Die Mannschaft war gerade recht humorlos an der Qualifikation zur Champions League gescheitert und auch der Start in die neue Bundesliga-Saison geriet nicht wirklich prickelnd. 0:2 gegen Sporting Lissabon, 2:2 gegen Bayer Leverkusen – man wähnte sich weiter.
Überraschend, aber kein Zufall
Es wurde von Fehlstart geredet und von Krise getuschelt und es gab die ersten zarten Stimmen, die reflexartig auch am Stuhl von Trainer Niko Arnautis zu kratzen begannen. Gerade mal drei Monate ist das her. Es wirkt wie aus einer komplett anderen Zeit. Denn mittlerweile feierte die Eintracht die Herbstmeisterschaft. Wer hätte das gedacht?
Das alles mag überraschend wirken, und wer in den vergangenen Jahren die Dominanz der Überklubs aus Wolfsburg und München verfolgte, der weiß: Es ist auch überraschend. Aber Überraschung ist nicht gleich Zufall, der Erfolg der Eintracht kommt nicht von ungefähr.
Arnautis behebt die Schwachstellen
Dahinter steckt in erster Linie ein klarer Plan von Niko Arnautis. Der dienstälteste Coach der Bundesliga hat es geschafft, seine Mannschaft Schritt für Schritt zu entwickeln. Manch einem, siehe oben, ging das nicht schnell genug. Es war aber richtig. Im System Arnautis kennt jede Spielerin ihre Rolle, es gibt keine wilden Wechsel, es wird nichts vor Aktionismus über Bord geworfen. Auch nicht nach dem missglückten Saisonstart.
Die Eintracht hat ihre bisherigen Schwachstellen größtenteils behoben, ist vorne effizienter und hinten weniger anfällig geworden. So hat man den FC Bayern fast (1:1) und den VfL Wolfsburg deutlich (3:0) geschlagen. Die Mannschaft profitiert von einer Laura Freigang in Topform und einem breiter besetzen Kader, der sogar vier Kreuzbandrisse ohne spürbaren Qualitätsverlust auffing. Arnautis hat zudem kluge Transfers getätigt und in den vergangenen Monaten so ziemlich jede Spielerin ein bisschen besser gemacht. Es ist kein Zufall, dass die Eintracht mittlerweile den größten Block in der deutschen Nationalmannschaft stellt.
Die Infrastruktur passt jetzt
Natürlich ist der Erfolg auch begünstigt durch äußere Faktoren. Die Eintracht hat keine internationale Belastung wie die großen Klubs aus Wolfsburg und München, die zudem im Sommer fast ihren kompletten Kader zu den Olympischen Spielen schicken mussten. Das spüren sie nun. Aber insgesamt ist der Abstand zu den großen Zwei kleiner geworden.
In Frankfurt hat man infrastrukturell nachgerüstet. Während die Spielerinnen noch vor drei Jahren auf amateurhaften Plätzen mit Maulwurfshügeln trainieren mussten, sind die Bedingungen nun wesentlich besser. Die Eintracht hat ihr Frauen-Team ans Waldstadion geholt, man trainiert auf denselben Plätzen wie die Männer, die Wintersporthalle wurde eigens für die Frauen umgebaut. Das macht sich bezahlt.
Auch der Nachwuchs sorgt für Furore
Und auch der Blick in die Zukunft erscheint rosig. Die zweite Mannschaft des Vereins, gespickt mit zahlreichen Talenten und ausgezeichneten Trainerinnen, spielt eine famose Saison in der zweiten Liga und liegt dort auf Platz fünf. Zum Vergleich: Die zweite Mannschaft der Bayern ist Tabellenletzter.
Es tut sich also gewaltig was in Frankfurt. Die Eintracht hat im vielleicht spannendsten Titelkampf der Frauen-Bundesliga aller Zeiten tatsächlich die Chance auf die Meisterschaft. In Frankfurt geht es mittlerweile längst nicht mehr darum, die Großen zu ärgern, sondern selbst groß zu werden. Wer hätte das noch vor drei Monaten gedacht?