Polizei und Fans beschuldigen sich gegenseitig Viele Unklarheiten nach Krawallen vor Eintracht-Spiel
Nach den Auseinandersetzungen vor dem Spiel von Eintracht Frankfurt gegen den VfB Stuttgart schieben sich Fans und Polizei gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Der Auslöser der Gewalt ist weiter unklar, die Polizei-Gewerkschaft fordert Konsequenzen.
Auch am Sonntagabend sind der Auslöser und die Folgen der Ausschreitungen vor dem Spiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart weiter unklar. Am Samstag war es vor dem Stadion zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Fans und der Polizei gekommen. Offizielle Zahlen zu Verletzten und eine Aufklärung der Ursachen gibt es aber weiter nicht.
Polizei-Gewerkschaft fordert Konsequenzen
Während die Frankfurter Polizei, die zur Klärung der Geschehnisse eine Sonderkommission eingerichtet hatte, bislang zu möglichen Ermittlungsergebnissen schwieg, meldete sich am Sonntag Jens Mohrherr, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), zu Wort. Er erklärte gegenüber dem hr das aktuelle Sicherheitskonzept für gescheitert und forderte die Innenminister zum Handeln auf. "Es muss jetzt Schluss sein mit Appellen, es muss gehandelt werden. Der Staat muss Kante ziehen und Flagge zeigen."
Laut einer nachgelegten Mitteilung der hessischen GdP vom späten Sonntagabend sollen vor allem Stadionverbote zu einem Umdenken bei den Fans führen. Die Innenminister der Länder und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müssten nun schnellstmöglich zusammenkommen und Schritte gegen die zunehmende Gewalt einleiten. "Man hat langsam das Gefühl, dass Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung alle paar Wochen vorkommt. Unsere Appelle, die wir vor der Saison an die Verbände gerichtet haben, fruchten nicht."
Polizei und Fans beschuldigen sich gegenseitig
Vor dem Heimspiel der Hessen am Samstag hatte es schwere Auseinandersetzungen zwischen Fans und Polizei gegeben, die Anhänger hatten daraufhin während des Spiels den Support eingestellt. Im Nachgang der Geschehnisse machten sich beide Parteien gegenseitig schwere Vorwürfe.
Nach Darstellung der Polizei seien vor Spielbeginn Ordner sowie Rettungskräfte von Eintracht-Anhängern attackiert worden. Nachdem der Ordnungsdienst die Polizei zu Hilfe gerufen hätte, habe sich eine große Anzahl Fans solidarisiert und die Polizisten "unter anderem mit Flaschen, Pyrotechnik und Eisengittern angegriffen", heißt es in einer Pressemitteilung vom späten Samstagabend.
"Gewalt, Pfefferspray und Schlagstöcke"
Die Beamten hätten ihrerseits "zur Abwehr der Angriffe einfache körperliche Gewalt, Pfefferspray und Schlagstöcke" eingesetzt, hieß es weiter. Bei den Auseinandersetzungen sei eine mittlere zweistellige Anzahl an Beamtinnen und Beamten verletzt worden, derer vier im Krankenhaus behandelt werden mussten.
In einer ersten Mitteilung der Polizei war allerdings die Rede davon, dass rivalisierende Fangruppen der Auslöser für den Polizeieinsatz gewesen seien.
"Gewalteskalation der Polizei"
Die Fanszene der Eintracht widerspricht ihrerseits den Darstellungen der Polizei. In einer Stellungnahme der Fanhilfe "Der 13. Mann" ist von einer "Gewalteskalation der Polizei" die Rede. Demnach habe es keinerlei Auseinandersetzungen zwischen Fangruppen gegeben, wie zunächst von der Polizei behauptet.
Vielmehr sei es durch einen Zivilpolizisten vor Block 40 zu einer versuchten Festnahme einer Person gekommen, die mutmaßlich keine korrekte Eintrittskarte gehabt habe. Anschließend sei die Polizei massiv in den Bereich vor dem Block eingedrungen und habe Schlagstöcke und Reizgas eingesetzt, "auch ohne Rücksicht auf Verluste unter normalen Fans, Frauen und Kindern", so das Statement.
Die Fanhilfe spricht in der Stellungnahme von mindestens 70 verletzten und sieben schwerverletzten Fans, Fanvertreter sprachen am Sonntagmorgen sogar von über 100 Verletzten. Teilweise seien Anhänger bewusstlos gewesen und die Treppen hinuntergestürzt. Die Fanhilfe schreibt von einem "Gewaltexzess".
"Wollen jeden Stein umdrehen"
Die Ausschreitungen werden Eintracht Frankfurt wohl noch eine Weile beschäftigen. "Über den Anlass und Ausgangspunkt gibt es natürlich unterschiedliche Informationen und natürlich auch unterschiedliche Meinungen", sagte Eintracht-Justiziar Philipp Reschke nach dem Spiel. "Daher wollen wir in den kommenden Stunden, möglicherweise Tagen, jeden Stein umdrehen und jedes Mosaiksteinchen zusammenfügen, um ein genaues Bild davon zu haben, wie es zu diesen Szenen kommen konnte."
Die Polizei ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs und tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte.