Eintracht Frankfurt besteht Reifeprüfung gegen Prag
Eintracht Frankfurt gewinnt auch gegen Prag und bleibt in der Europa League auf Achtelfinalkurs. Zwar läuft nicht alles nach Plan, dass die drei Punkte dennoch verdient sind, spricht für das neue Selbstverständnis der Hessen.
Eintracht Frankfurt bleibt in der Europa League ungeschlagen. Gegen Slavia Prag führt Omar Marmoush die SGE per wunderschönem Freistoßtor (53.) zum nächsten Heimsieg. Eine Analyse in fünf Punkten.
1. Druckvoller als erwartet
"Ich glaube, ich habe gestern nicht zu viel versprochen." Mit diesen Worten begann Eintracht-Trainer Dino Toppmöller die Pressekonferenz nach 90 intensiven Minuten und einem 1:0-Sieg gegen Slavia Prag. Am Tag zuvor hatte der Frankfurter Übungsleiter nämlich vor "dem dicken Brett" gewarnt, das die Hessen gegen den Gast aus der Tschechei werden bohren müssen. Er sollte Recht behalten.
Prag machte der Eintracht das Leben extrem schwer, störte den Spielaufbau früh, presste teils mit vier, fünf Mann in vorderster Front. Mit so viel Angriffslust hatte selbst der vorausschauende Toppmöller nicht gerechnet. "Wir haben den Gegner ein bisschen anders erwartet. Nicht, dass sie in diesem intensiven Mann-gegen-Mann uns permanent unter Druck setzen", gab der 43-Jährige zu. Es änderte aber nichts daran, dass die Eintracht bereit war für den Gegner.
2. Collins macht Kristensen vergessen
"Wir haben körperlich dagegengehalten und wenig zugelassen", lobte der Chef-Trainer. Die Hausherren gewannen mehr Zweikämpfe als der Gegner (53 Prozent) und köpften alles aus dem Strafraum, was die Prager da an Flanken reinschlugen (26).
Stellvertretend für das Engagement der Eintracht stand erneut Nnamdi Collins. Wie der 20-Jährige die Rolle als Rechtsverteidiger ausfüllt, ist schon mehr als ordentlich. "Nnamdi ist schon eine kleine Maschine", so Toppmöller. "Was er für eine Stabilität hat und was für eine Wucht er nach vorne entwickeln kann…" Wenn Rasmus Kristensen seine Oberschenkelverletzung auskuriert hat, wird er um seinen Stammplatz in der Viererkette ordentlich kämpfen müssen.
3. Erster alles
So gut wie kein Eintracht-Text kommt derzeit ohne Omar Marmoush aus. Umso mehr, da der Ägypter anscheinend im Training irgendwann mal "erster alles" geschrien hat – und seitdem alle Standards (Einwürfe mal ausgenommen) bei der Eintracht übernimmt. Elfmeter, Eckbälle und neuerdings auch Freistöße sind allesamt Sache von Marmoush. Wer sein Freistoßtor gegen Prag gesehen, weiß warum.
"Ich glaube, besser geht das nicht", sagte Abwehrchef Robin Koch, der scherzte, dass Marmoush im Training noch nie einen Freistoß versenkt hat. "Aber mir ist es eh lieber, er macht sie im Spiel", so der Nationalspieler. Schon in der Liga gegen Bochum traf der Topstürmer nach ruhendem Ball, das goldene Tor gegen Prag spielte aber in seiner eigenen Liga. Unterkante Latte, genau in den linken Knick. "Da hat wirklich kein Blatt Papier mehr dazwischen gepasst", so Toppmöller.
4. Die Entwicklung ist erkennbar
Bei allem berechtigten Lob sei angemerkt, dass die Eintracht bei weitem kein perfektes Spiel abgeliefert hat. Im Spielaufbau die Ruhe zu bewahren, auch unter großem Druck, da können die Frankfurter noch zulegen. Die Räume, die sich bei einer 1:0-Führung in der Schlussphase ergeben, können noch besser genutzt, Konter besser ausgespielt werden. Vor allem aber sollte dich der Gegner in der 89. Minute nicht auskontern dürfen und um ein Haar noch den Ausgleich erzielen. Kevin Trapp rettete stark per Fußabwehr.
Dass die Eintracht solch ein Spiel gegen eine taktisch disziplinierte Mannschaft mit 1:0 gewinnt, ist auch eine neue Qualität der Hessen und spricht für einen gewissen Reifeprozess. "Ich glaube, dass es auch heute wieder ein Schritt in die richtige Richtung gewesen ist. Die Mannschaft entwickelt sich gerade prächtig", sagte Toppmöller und ergänzte: "Wir sind gerade erst am Anfang." Was für ein Versprechen.
5. Stuttgart als Vorbild?
Die Eintracht steht kurz vor der letzten Länderspielpause des Jahres verdammt gut da. In der Europa League belegt das noch ungeschlagene Toppmöller-Team den vierten Platz. Die ersten acht Mannschaften ziehen direkt ins Achtelfinale ein. Gut möglich, dass Frankfurt dazuzählt, mit Lyon (12. Dezember) und der AS Rom (30. Januar) warten die dicksten Brocken aber noch auf die Eintracht.
Ein dicker Brocken wartet am Sonntag (17.30 Uhr) auch in der Bundesliga auf die SGE, die beim Vorjahreszweiten VfB Stuttgart vorstellig wird. Ob der VfB so eine Art Vorbild für die Eintracht sein könnte, wurde Hugo Larsson nach dem Sieg gegen Prag gefragt. Immerhin sorgten die Schwaben in der vergangenen Spielzeit ja auch für Furore. "Ein Vorbild? Stuttgart?", fragte der Schwede perplex nochmal nach. Klar, gegen den zweiten Platz hätte er nichts einzuwenden, mehr Vorbild-Potential hat der VfB für die Hessen derzeit offenbar aber nicht. "Wir fahren da hin, um drei Punkte zu holen", so Larsson. Die Brust der Eintracht ist dieser Tage breit.