Krösche steht zum Trainer Toppmöller unter Druck: Kehrtwende muss her
Der Spielstil ist bieder, die Ergebnisse passen nicht: Der Druck auf Eintracht-Trainer Toppmöller wächst, seinen Kredit hat er bei einem Gros der Fans verspielt. Sportchef Krösche aber hält zu ihm - wie lange?
Der langgezogene Pfiff des Schiedsrichters Robert Hartmann war noch nicht verklungen, da war er schon nicht mehr zu hören. Übertönt von anderen Pfiffen, von jenen der Fans. Der Unmut des Anhangs von Eintracht Frankfurt war vernehmbar am vergangenen Freitagabend. Nun hatte sich die aktive Szene in der Nordwestkurve sogar mehrheitlich die Puste gespart, ihren Frust über das 1:1 gegen Werder Bremen nicht mit den Fingern zwischen den Lippen kundgetan, sondern dies dem Rest des weiten Runds überlassen.
Stattdessen leistete die Kurve kurz drauf mit Applaus und Sprechchören erste Aufbauarbeit für die niedergeschlagene Mannschaft nach ihrem erneuten Heimremis, dem zwölften Unentschieden der Saison. Das Grummeln im Umfeld des Tabellensechsten aber wird lauter, in den Sozialen Medien sowieso, aber auch fernab davon, selbst innerhalb des Klubs. Die Einordnung der Lage von Torwart Kevin Trapp als "dunkle Wolke", die über der Truppe schwebe, traf es wohl am ehesten.
Rückrunde schlechter als Hinserie
Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche versuchte das vernehmbare Brodeln am Sonntag im Sport1-Doppelpass ein wenig runterzukochen, vor allem seinen wichtigsten Angestellten, Trainer Dino Toppmöller, aus der Schussbahn der Kritiker zu nehmen. Denn genau dorthin ist jener geraten. "Dino alleine verantwortlich zu machen, wäre nicht richtig", sagte Krösche. Toppmöllers Kredit bei einem Gros der Fans aber scheint nahezu verspielt, die (Nicht-)Entwicklung der Mannschaft wird ihm angelastet. Der Druck wächst, ganz klar. Während die Frankfurter in der Hinrunde nach elf Spieltagen 18 Punkte gesammelt hatten, sind es in der Rückrunde in ebenso vielen Partien nur 15 gewesen.
Im öffentlichen Training am Dienstagvormittag gab sich Toppmöller unbeeindruckt, coachte sein Team lautstark, pushte die Spieler mit Schreien quer über den Platz. "Faster, faster, faster", immer wieder und immer wieder. Schnell sollten sich die Profis also bewegen, am besten sprintend. Nicht allen gelang das. Fares Chaibi zum Beispiel, derzeit im Formtief, setzte dieses auch während der Übungseinheit fort. Robin Koch dagegen, das andere Extrem, verteidigte überragend und schoss selbst noch reihenweise Tore. Nicht am Training teil nahmen die weiterhin angeschlagenen Ellyes Skhiri und Hugo Ekitiké, der sich auf einem Nebenplatz mit einem Co-Trainer einige Bälle zuspielte, sowie Mario Götze. Der 31-Jährige schuftete im Kraftraum, hieß es von der Eintracht.
Was wird im Sommer aus Trainer Toppmöller?
Eintracht Frankfurt im April 2024 steht für einen austauschbaren Fußball, bieder, zögerlich, mitunter langweilig. Ein bisschen Ballbesitz hier, ein bisschen mehr Ballbesitz dort. Kurze Druckphasen, langer Leerlauf. Viele Halbchancen, wenig Tore. Dazu eine eklatante Standardschwäche hinten wie vorne. Das alles reicht für Rang sechs, noch, was so etwas wie der Rettungsanker für alle Beteiligten ist. Das Schiff aber droht sich alsbald zu lösen vom Grund und abzudriften in unruhigere Gewässer. Wird Platz sechs tatsächlich verspielt, würde der Druck wachsen – auf Toppmöller und damit auch auf Krösche. Ließe sich der Trainer dann trotz Jobgarantie noch halten, wie der Sportchef es plant?
Der Frust der Fans rührt nicht nur von reinen Ergebnissen, sondern basiert auch auf dem Eindruck, eine Riesenchance verpasst zu haben in dieser maximal-mittelmäßigen Bundesliga. Beruht auf dem Gefühl, dass es gerade in dieser Spielzeit ein Leichtes gewesen wäre, mit nur wenig richtig gedrehten Stellschrauben dem grauen Mittelfeld der Liga zu enteilen, statt es, wie aktuell, selbst anzuführen. Vielleicht sogar mal unstete Leipziger oder Dortmunder anzugreifen.
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Mindestens zwei Siege müssen wohl her
Außerdem: Fans wollen, verknappt formuliert, im positiven Sinne unterhalten werden von ihrem Verein für gezahltes Geld - beim Stadionbesuch, vor dem Fernseher. Das gelang der Mannschaft von Toppmöller zu selten in dieser Saison.
Nun ist die Spielzeit nicht vorbei, der sechste Platz mit sechs Punkten Vorsprung (und der besseren Tordifferenz) auf die Konkurrenten aus Augsburg, Hoffenheim und Freiburg in greifbarer Nähe. Was dafür nötig ist? Siege! Vermutlich mindestens zwei in den verbleibenden sechs Partien. Das ist möglich, aber doch schwierig. Die Form spricht eher nicht für die Frankfurter. Bekanntlich treffen die Hessen auf die Top vier der Liga, angefangen am Samstag beim VfB Stuttgart. Dazu gesellen sich Spiele gegen den FC Augsburg, einen direkten Konkurrenten also, und Borussia Mönchengladbach.
Topteams liegen der Eintracht besser
Was die Lage erschwert: Die Verfolger werden punkten, ziemlich sicher sogar. Die TSG Hoffenheim tritt unter anderem gegen die drei Teams vom Tabellenende an. Darmstadt, Mainz und Köln. Auch Freiburg bekommt es mit den Lilien und den Mainzern zu tun, hat darüber hinaus keinen Gegner mehr aus dem vorderen Tabellendrittel zu bespielen. Sechs, sieben, acht Zähler werden die Frankfurter wohl holen müssen, um den Europapokal, bestenfalls die Europa League, zu erreichen.
Dafür muss die Mannschaft besser spielen als zuletzt, was nicht abwegig wirkt, obwohl sie auf stärkere Gegner trifft. Denn: Meist tun sich die Frankfurter leichter, wollen die Kontrahenten selbst attackieren. Dann ergeben sich Räume, die die Eintracht mit ihren schnellen Spitzen, Omar Marmoush und Ansgar Knauff und (falls ausnahmsweise fit) Ekitiké durchaus zu nutzen versteht. Auch scheinen die Sinne bei manch wankelmütigem Profi deutlich geschärfter gegen die Bundesliga-Elite als gegen Kellerkinder. Dass dies automatisch mehr Punkte bringt, ist längst nicht gesagt. Gerade in Stuttgart nicht, wo es der VfB ist, der die Eintracht als derzeit heißeste Aktie der Liga abgelöst hat.