Eintracht Frankfurt im Teamcheck Mit Mut in den nächsten Neustart
Neuer Trainer, Fragezeichen im Kader und ein ungewohnter Wettbewerb: Eintracht Frankfurt ist kurz vor dem Start der Bundesliga-Saison noch eine Wundertüte.
Nach dem Aufgalopp im Pokal gegen Leipzig (7:0) wird es für Eintracht Frankfurt auch in der Liga ernst: Am Sonntag (17.30 Uhr) geht es mit dem Heimspiel gegen Darmstadt 98 los.
So lief die vergangene Saison
2022/2023 war für die Eintracht und ihre Fans eine Achterbahnfahrt. Nach dem Horror-Start gegen Bayern München (1:6) folgte eine zum Teil berauschende Hinrunde. In der Champions League erreichte man als Neuling sensationell das Achtelfinale, in der Liga stand man zur Winterpause auf Platz vier - sogar vor dem späteren Fast-Meister Borussia Dortmund.
Was dann folgte, kann man getrost als typische Eintracht-Rückrunde bezeichnen. Der Liga-Alltag wurde immer grauer, immer häufiger schlichen Götze und Co. geschlagen vom Platz. Das hinterließ auch Spuren bei Trainer Oliver Glasner, der sich mit dünnhäutigen Auftritten selbst ins Aus beförderte. Mit Ach und Krach reichte es schließlich noch für die Qualifikation zur Conference League.
Ihren Ruf als Pokalmannschaft festigten die Frankfurter jedoch: Während in der Champions League das Aus gegen Spitzenteam Neapel kam, gelang im DFB-Pokal zum dritten Mal innerhalb von sieben Jahren der Finaleinzug. Gekrönt wurde die erneute Reise nach Berlin aber nicht, das Endspiel ging verloren und Glasner verabschiedete sich ohne weiteren Titel.
Wer kommt, wer geht?
Obwohl auf der Zugangs- und der Abgangsliste schon viele Namen stehen, gibt es im Kader der Frankfurter noch immer große Fragezeichen. Die Personalie des Sommers ist Randal Kolo Muani. Der französische Stürmer, der in der vergangenen Saison bei der Eintracht durchgestartet war, hat das Interesse der ganz großen Klubs geweckt. Die Eintracht könnte einen dynamischen Stürmer wie ihn gut gebrauchen, bei einer hohen Ablöse aber kaum nein sagen. "Es prasselt extrem viel auf ihn ein. Extrem viele Leute zerren an ihm rum", bemerkte auch Trainer Dino Toppmöller, das sein wohl bester Mann aktuell in keiner einfachen Situation steckt und wohl alle den Transferschluss herbeisehnen, um Gewissheit zu haben.
Im Kader ist ansonsten viel Bewegung: Mit Ellyes Skhiri haben sich die Hessen einen echten Wunschspieler geangelt. Der Tunesier, der ablösefrei vom 1. FC Köln kam, soll der neue Fixpunkt im defensiven Mittelfeld sein. In der Abwehr ist vor allem die Innenverteidigung mit Willian Pacho und dem ausgeliehenen Robin Koch verstärkt worden, vorne lauern Omar Marmoush und Jessic Ngankam auf ihre Einsatzchancen.
Auf der Abgangsseite schmerzen vor allem die Abschiede von Daichi Kamada und Evan N'Dicka, die den Verein in den vergangenen Jahren geprägt haben. Auch Djibril Sow hat sich mit dem FC Sevilla eine neue Herausforderung gesucht. Ein weiterer Europapokal-Held soll noch gehen: Für Rafael Borré wird aktuell ein Abnehmer gesucht. Ohnehin soll der Kader noch verschlankt werden, Toppmöller hatte in der Vorbereitung meist eine XXL-Besetzung im Training dabei. "Wenn wir 10 gegen 10 spielen, kann ich das halt nur mit 20 Spielern machen. Dann ist es klar, dass der ein oder andere nicht mitspielen kann", so der Coach. Verliehen werden sollen beispielsweise noch Igor Matanovic und Nnamdi Collins. Auch in diesem Sommer bleibt es also womöglich bis zum letzten Transfertag spannend.
Der Trainer
Wieder mal gibt es auf der Trainerposition einen Neustart bei der Eintracht: Nach der Trennung von Glasner soll es nun Toppmöller richten. Der hat zwar eine Vergangenheit als Eintracht-Spieler, ist als Cheftrainer allerdings noch recht unerfahren. Nachdem er zunächst in Düdelingen in Luxemburg erste Erfahrungen sammelte, war er zuletzt lange Co-Trainer unter Julian Nagelsmann. "Dino steht für offensiven, mutigen, variablen und flexiblen Fußball. Das gefällt mir, entsprechend stand er schon länger auf meinem Zettel", begründete Sportvorstand Markus Krösche die Entscheidung für den 42-Jährigen.
"Sie haben jahrelang mit einer Dreierkette gespielt, die werden wir nicht von vorne rein über den Haufen werfen. Generell haben wir den Anspruch, mit Dreier- und Viererkette erfolgreich Fußball zu spielen", sagte Toppmöller bei seinem Amtsantritt. In der Vorbereitung hat sich ein System mit Dreierkette herauskristallisiert. Ähnlich wie bei seinen vorherigen Stationen sind dabei die Außenbahnspieler sehr offensiv unterwegs, während Skhiri als einziger Sechser agiert. Ein offensives und mutiges System, das zwar Risiken birgt, aber auch die Grundlage für begeisternden Offensivfußball sein könnte.
Bei Toppmöllers erster Bundesliga-Station als Chef lastet schon ein gewisser Druck auf ihm, schließlich haben seine Vorgänger Niko Kovac, Adi Hütter und Glasner allesamt große Erfolge vorzuweisen. "Alle haben Bock auf die neue Saison, wir alle wollen angreifen und die positive Entwicklung gemeinsam als Team fortsetzen", so Toppmöller.
Die Erwartungen an die Saison
Neuer Trainer, noch kein finaler Kader - selbst Mitte August ist noch schwer vorherzusagen, wohin es mit Eintracht Frankfurt in der Saison 2023/2024 gehen könnte. Klar, beim Conference-League-Debüt des Vereins sollen erneut rauschende Europapokal-Nächte gefeiert werden, auch wenn die Gegner ein bis zwei Nummern kleiner sind als zuletzt. Gegen eine lange Reise im DFB-Pokal hätte auch niemand im Klub etwas einzuwenden, der Grundstein ist mit dem Sieg in der ersten Runde bereits gelegt.
In der Liga sind die Frankfurter dagegen eine Wundertüte. Vieles kommt darauf an, wie sich Toppmöller in der Rolle als Bundesliga-Cheftrainer behauptet und wie sehr er sein offensivfreudiges Spiel mit dem Team durchsetzen kann. Dabei darf im Verein und im Umfeld keine Unruhe aufkommen, wenn es mal nicht so läuft - denn auch die Starts von Glasner und Hütter waren bekanntermaßen holprig.
In den vergangenen sechs Spielzeiten gelang - wenn auch zwei Mal durch Titel und nicht durch die Platzierung in der Bundesliga - fünf Mal der Einzug in den Europapokal. Und der sollte es vom Selbstverständnis her auch dieses Mal werden. "Das ist das Ziel, klar", so Krösche im hr-Videopodcast FUSSBALL2000. "Man muss ambitionierte Ziele haben. Ich habe auch auf den Sack gekriegt, als wir über Champions League gesprochen haben und wir sie nicht erreicht haben. Das gehört halt dazu", ist der Sportvorstand trotz seiner Ansage in der vergangenen Winterpause überzeugt.