Eintracht-Coach Toppmöller wackelt Krösches Abwägen in der Trainerfrage
Die Zukunft von Dino Toppmöller bei Eintracht Frankfurt steht auf äußerst wackligen Beinen. Viel wird darauf ankommen, ob der Trainer sich in seiner Analyse selbstkritisch gibt - und ob Sportchef Markus Krösche ihm Veränderungen zutraut.
Markus Krösche ist keiner, der sich vor Mikrofonen zu unüberlegten Äußerungen hinreißen lässt, den Emotionen einholen. Klar, während der 90 Minuten hält den Sportvorstand von Eintracht Frankfurt wenig auf den Sitzen, muss die Anspannung rausgestanden oder -gelaufen werden. Doch hinterher, nein, da sagt er, was er sich vorgenommen hat. Am Samstag im Anschluss an das 2:2 gegen Leipzig und die dadurch gesicherte Qualifikation für die Europa League bedeutete das vor allem eines: Den Job von Trainer Dino Toppmöller auf den Prüfstand zu stellen.
Die anwesenden Medienleute schauten sich anfangs zwar verdutzt an, als Krösche die Mixed Zone nach seinem Statement verlassen hatte. Je mehr zeitlicher Abstand jedoch, desto weniger Verwunderung. Denn: Wie viele Entscheider in dieser Branche handelt auch Krösche gerne entgegen der vermeintlich offensichtlichen Meinung.
Schlechter Sechster
Läuft es durchwachsen, stützt er seine Angestellten, den Trainer, die Spieler. Dann findet er Erklärungen (junges Team, unerfahrener Coach, großer Umbruch) für Schwächen, die nicht wenige nach dem x-ten Vortrag des Sportchefs nicht mehr hören können. Krösche aber zieht das durch. Teils aus tiefster Überzeugung, teils aus gewissem Kalkül.
Oder umgekehrt: Spielt die Mannschaft gut, haut etwa die Bayern weg, oder packt die Europapokal-Quali in Mönchengladbach, dann warnt der Manager, verweist darauf, was sonst alles schiefgelaufen ist.
Die Eintracht hat als Tabellensechster zwar die Chance auf die Champions League - seltsamen Uefa-Regularien, schlechten Verfolgern und dem überraschenden BVB sei dank. Und doch: Die Frankfurter haben eine höchst mittelmäßige Saison gespielt. 2023 wären sie mit den nun erzielten 47 Punkten lediglich Neunter geworden, 2022 immerhin Achter, 2021 ebenfalls Neunter. Seit 2011 sogar holte kein Tabellensechster, damals der 1. FC Nürnberg, so wenige Zähler wie die Hessen.
Anpassung der Transfer-Strategie
Insofern mutet es richtig und wichtig an, dass Krösche sich nicht vom reinen Resultat blenden lässt. Mängel sollten benannt werden – bei seinen eigenen Themen wie der Kaderzusammenstellung oder der Winter-Wechselphase, genauso wie bei jenen des Trainers. Ein Weiter-so, das schrieb der hr-sport schon vergangene Woche, wird es nicht geben.
Krösches Transferstrategie zum Beispiel wird sich zwar nicht vollends verändern, einige Talente hat er ja längst vom Wechsel zur Eintracht überzeugt, und doch wird er der Mannschaft dringend nötige Routine zuführen. Ganz grundsätzlich hält er den aktuellen Kader aber für gut, hochveranlagt sowieso, was eher kein Pluspunkt für Toppmöller ist.
Zu wenig Frankfurt-Style
Der Trainer wird daher, will er seinen Job behalten, in den nun anstehenden Gesprächen mit seinem Chef sehr selbstkritisch auftreten müssen. Zwar ist er nicht alleine für die ruckelige Saison verantwortlich, Fehler aber hat er gewiss gemacht.
Einige Beispiele: Taktische Überfrachtung von Spielern, deren wechselnde Positionen, ein ermüdender Spielstil. Auch die öffentlichen Auftritte des 43-Jährigen gerieten mitunter unglücklich, waren weit weg vom Frankfurt-Style, waren oft zu zaghaft in der Kommunikation. Die fachliche Kompetenz spricht Toppmöller innerhalb des Clubs dagegen niemand ab. Ob's für eine Weiterbeschäftigung reicht?
Krösche reist nach Japan
Eine Ablösung des Trainers zu fordern, ist simpel. Argumente gibt es. Und sie könnten tatsächlich auch Krösche dazu bewegen, die kommende Saison lieber mit einem Fußballlehrer anzugehen, der ohne Ballast auf den Schultern in die Spielzeit startet. Von einer Position der Stärke ist Toppmöller weit entfernt.
Wann die Entscheidung fällt, ist dagegen nicht absehbar und derzeit reine Spekulation. Heute? Morgen? Nächste Woche? Abwarten! Am Sonntag traf sich die Mannschaft ein letztes Mal zum Abschluss-Grillen. Der Sportvorstand reist zudem in dieser Woche nach Tokio, wo vor über 100 angemeldeten Journalisten eine schon länger vereinbarte Abschieds-Pressekonferenz mit Makoto Hasebe angesetzt ist.