Darum leidet die Eintracht an einer Sturmflaute
Eintracht Frankfurt zeigt gegen den VfL Bochum eine ansprechende Leistung, hat aber einfach das Knipsen verlernt. Kapitän Sebastian Rode bemängelt fehlende Gier und fehlende Qualität. Die Analyse in fünf Punkten.
Eintracht Frankfurt kommt gegen den VfL Bochum nicht über ein 1:1 (1:1) hinaus und wartet damit in der Bundesliga nun schon seit fünf Spielen auf einen Sieg. Takuma Asano nutzte die Standard-Schwäche der Hessen für die Führung (14. Minute) der Gäste, Randal Kolo Muani traf per Elfmeter zum Endstand (22.).
1. Auf der Leistung lässt sich aufbauen
Trotz des erneuten Dämpfers im Rennen um einen Platz im internationalen Wettbewerb war von schlechter Laune am Freitagabend bei Trainer Oliver Glasner nichts zu spüren. Der Österreicher nahm sich nach seinem wortkargen Auftritt bei Union Berlin selbst auf die Schippe und kündigte an, auch mal nach einem guten Spiel schmallippige Kommentare geben zu wollen. Nach einem Seitenhieb in Richtung des siebenköpfigen Schiedsrichter-Gespanns kommentierte er die Lacher der Medienvertreter mit den Worten: "Letzte Woche fandet ihr meine süffisanten Antworten nicht so lustig."
Der Grund für die plötzlich zurückkehrte Lockerheit: Die Eintracht hatte zuvor gegen Bochum eine wirklich ordentliche Leistung gezeigt und sich in deutlich verbesserter Form präsentiert. Am Ende der ergebnistechnisch enttäuschenden 90 Minuten standen aus Sicht der Hessen 20:7 Torschüsse auf dem Statistik-Zettel. Hinzu kamen 15:2 Ecken und 73 Prozent Ballbesitz.
Die Eintracht war den Gästen von der Castroper Straße klar überlegen und zeigte endlich auch wieder in der Offensive den lange vermissten Esprit. "Das war fußballerisch unsere beste Leistung in diesem Kalenderjahr", fasste Trainer Glasner den Abend zusammen. "Wir haben viel richtig gemacht, der Ball wollte aber einfach nicht über die Linie." Großer Aufwand, wenig Ertrag.
2. Die Eintracht trifft das Tor nicht mehr
Doch genau das ist ein großes Problem. Die Eintracht erspielte sich gegen Union Berlin vor der Länderspielpause und gegen den VfL Bochum direkt nach der Länderspielpause gleich eine ganze Reihe erstklassiger Chancen, der einzige Treffer in diesen 180 Minuten resultierte aber aus einem Elfmeter. "Wir hatten 17 Abschlüsse im gegnerischen Strafraum und einen Expected-Goals-Wert von über drei", lobte Glasner die Offensiv-Bemühungen seines Teams, legte dabei aber gleichzeitig auch den Finger in die Wunde. Effizienz, Kaltschnäuzigkeit und Killer-Instinkt sind irgendwann in den vergangenen Wochen komplett verlorengegangen.
Gegen Bochum versemmelte Rafael Borré, der unter der Woche für sein Nationalteam noch ebenso sehenswert wie anspruchsvoll per Fallrückzieher getroffen hatte, gleich zwei Großchancen aus bester Position (6./88.), ein Kopfball von ihm wurde zudem von Konstantinos Stafylidis von der Linie gekratzt (66.). Weitere sehr gute Möglichkeiten ließen Kolo Muani (46./63) und Philipp Max (62.) ungenutzt. "Die Jungs haben alles probiert", so Glasner. "Im Abschluss waren wir aber nicht vom Glück verfolgt."
3. Es gibt Gründe für die Sturm-Misere
Die Flaute im Sturm nur auf fehlendes Glück, strittige Entscheidungen des Schiedsrichters oder einen schlechten Tag des Fußballgotts zu schieben, wäre aber wohl zu leicht. Gegen Bochum wurde erneut sehr deutlich, dass die Eintracht aktuell in den gefährlichen Situationen oft die falschen Entscheidungen trifft. Hier ein zu überhasteter Torschuss, dort eine zu ungenaue Hereingabe – und schon krankt das ganze Offensivspiel. "Wir müssen daran arbeiten, wieder zielstrebiger zu werden", forderte Sportvorstand Markus Krösche. "Uns fehlt das Momentum."
Was der Eintracht derzeit aber vor allem fehlt, ist Unterstützung für Torjäger und Alleinunterhalter Kolo Muani. In Abwesenheit des verletzten Jesper Lindström (7 Saison-Tore) und des seit der WM völlig neben sich stehenden Daichi Kamada (7 Saison-Tore) war in der Startelf gegen den VfL Bochum Kapitän Sebastian Rode mit vier Treffern der zweitgefährlichste Frankfurter Akteur. Borré kämpft zwar immer bis zum Umfallen und hat dank seiner beiden Treffer im Europa-League-Finale wohl auf Lebenszeit Kredit, der Kolumbianer ist aber einfach kein Knipser. Lucas Alario, den Glasner in der Aufzählung seiner Offensivkräfte nicht mal mehr erwähnte, ist ohnehin keine echte Alternative mehr. Wenn zu viele Spieler verletzt oder außer Form sind, wird es eng.
4. Rode redet Klartext
Ein Punkt, den auch Kapitän Rode nach Schlusspfiff sehr deutlich ansprach. Der Routinier betonte zwar mehrfach, dass auch er die Eintracht auf einem guten Weg sehe und weiter sehr optimistisch sei. Angesprochen auf die Probleme im Sturm sprach er aber Klartext. "Es fehlt die Gier, den Ball über die Linie zu drücken. Es fehlt an einem zweiten oder dritten Mann, der auch zehn, zwölf Tore macht. Kolo kann nicht in jedem Spiel zwei oder dreimal treffen." Klare Meinung, klare Ansage: Die Krise im Angriff ist auch eine Frage des Potenzials im Kader.
Nach einer Nachfrage, ob hinter Kolo Muani aktuell einfach die Qualität fehle, holte Rode zunächst tief Luft und sagte dann: "Am Ende ist es vielleicht so. Man kann nicht alle Last auf einen oder zwei Spieler verteilen." Rode, der schon nach dem Remis gegen Abstiegskandidat Stuttgart den fehlenden Push von der Bank moniert hatte, nahm also erneut die Spieler in der zweiten Reihe in die Pflicht und versteckte sich nicht hinter Ausreden oder Phrasen. Namen nannte Rode, da ist er Kapitän genug, natürlich nicht. Gleichzeitig nahm er sich selbst auch von der Kritik nicht aus. Klar ist aber, dass er mit den Leistungen vieler Offensivkräfte nicht einverstanden ist. Absolut zu Recht.
5. Und jetzt kommt Union
Eine gute Nachricht für die Eintracht ist, dass sie nicht lang Zeit hat, um über den Chancenwucher nachzudenken. Bereits am Dienstag (18 Uhr) können die Hessen im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen Union Berlin alles besser machen und die etwas ins Wanken geratene Saison doch noch ins Gute wenden. Wie das gehen soll? "Ich weiß nicht, ob es da ein Geheimrezept gibt. Aber wir müssen die Tore machen", gab Philipp Max als Ziel vor. Wenn das doch nur so einfach wäre.