Europa in Gefahr Eintracht im März: Ein Potpourri an Problemen
Stürmer-Fehlschüsse, Abwehr-Aussetzer, Torwart-Diskussionen: Der Eintracht-Trend zeigt - zumindest in der Liga - abwärts. Nicht nur die Königsklassen-Quali, auch jene für die Europa League gerät in Gefahr. Ein Blick auf die Probleme.

Das Medienecho zeichnete ein verheerendes Bild. So attestierte die FAZ der Eintracht "lähmende Verlustängste", die FR schrieb von einem "brettharten Tiefschlag", die Bild suchte nach "mannhaften Führungsspielern", der Wiesbadener Kurier und der hr-sport erinnerten an "den Rückrunden-Fluch" und nicht zuletzt kommentierte der Kicker knallhart: "Keine Zeit für falsche Alibis." Ja, die Frankfurter 1:2-Heimniederlage gegen maximal mittelmäßige Gäste von Union Berlin hat etliche Probleme offenbart.
Einerseits ist die Eintracht zwar weiterhin Tabellenvierter der Bundesliga, befindet sich demnach in einer guten bis sehr guten Position für die Restsaison. Auch steht sie seit dem neunten Spieltag auf einem Champions-League-Platz. Andererseits kassierte sie zuletzt drei Ligapleiten am Stück, holte zudem aus den vergangenen sieben Bundesliga-Spielen nur einen Sieg - gegen den Vorletzten Kiel. In der Rückrunden-Tabelle reihen sich die Frankfurter damit auf Platz 13 ein, hinter Teams wie Bochum, Union und Hoffenheim, weit hinter Augsburg, und sogar hinter dem Dauerpatienten Dortmund. Von Mainz 05, dem aktuellen Überflieger der Liga, ganz zu schweigen.
Krösche will Tacheles reden, Toppmöller schützt Spieler
Der Trend zeigt abwärts - nicht erst seit der Rückrunde, im Grunde schon seit Anfang Dezember. Zwar holten die Hessen zu Beginn des Jahres drei Siege am Stück gegen St. Pauli, Freiburg und Dortmund, fußballerisch aber waren schon damals eher Rück- denn Fortschritte zu erkennen, zusätzlich verstärkt durch den Abgang von Omar Marmoush.
Zuletzt machte der Auftritt in Amsterdam Hoffnung auf die Kehrtwende. Im Highlight-Spiel auf europäischer Bühne rang die Eintracht den Gegner mit Wucht, Leidenschaft und daraus resultierender fußballerischer Klasse nieder, was ganz automatisch zu einem zentralen Kritikpunkt an der Leistung des Union-Spiels führt. Am Sonntag nämlich ließ die Eintracht all diese Attribute über weite Strecken vermissen.
Sportvorstand Markus Krösche kündigte an, die Fehler knallhart ansprechen zu wollen, also Tacheles zu reden. Trainer Dino Toppmöller dagegen nahm seine Mannschaft in Schutz, wollte "nullkommanull" ein Einstellungsthema erkannt haben, sondern zielte bei seiner Analyse erstaunlich oft auf den Müdigkeitsfaktor ab.
Führungsfragen und Trapp-Diskussionen
Den Eintracht-Spielern ganz grundsätzlich eine fehlende Mentalität zu unterstellen, wäre zu viel des Schlechten. An der einen oder anderen Stelle aber zählen sehr wohl Profis zum Kader, die sich nicht in erster Linie über Faktoren wie Gier und Galligkeit definieren. Wenn dann auch noch robuste Führungsspieler wie Robin Koch oder Arthur Theate ausfallen, auch Mittelfeldarbeiter Ellyes Skhiri, kann das zu Problemen führen.
Nicht zu vergessen ist in diesem Kontext auch die Personalie Kevin Trapp: Der Torwart war zwar chancenlos bei den Gegentreffer gegen Union, konnte wenig für die Niederlage, die große Sicherheit aber strahlte er erneut nicht aus. Die harte Kritik an ihm aus dem Boulevard, zurzeit fast täglich wiederholt und längst die Absetzung als Stammkeeper zur kommenden Saison nahelegend, scheint Trapp doch mehr zuzusetzen, als er es wohl selbst wahrhaben will.

Tuta und die verlorene Stabilität
Doch auch rein fußballerisch klemmt's. Bestes Beispiel: Verteidiger Tuta. In der Hinrunde noch zeigte er stabile Leistungen, träumte sich in die brasilianische Nationalmannschaft, nur um dann einzubrechen. Gegen Union patzte er mehrfach, auch entscheidend vor dem zweiten Berliner Treffer. Im Grunde agiert Tuta wieder wie vor einem Jahr - zu unbeständig und fehlerhaft. Ohne verlässliche Größen wie Koch und Theate an seiner Seite, die den Brasilianer führen, wird er mehr und mehr zum Sicherheitsrisiko.
Wenig hilfreich dürfte gegen die Köpenicker auch gewesen sein, dass Toppmöller seine Mannschaft nach dem besten Spiel des Jahres auf fünf Positionen veränderte. Wohlgemerkt nach der ersten Englischen Woche in jüngerer Vergangenheit.
In Amsterdam gingen des Trainers Taktik-Tüfteleien noch auf, diesmal eben nicht. Zwar brachen die Frankfurter erst dann richtig ein, als der Coach in der zweiten Hälfte seine Stammkräfte aufs Feld schickte, das grundsätzliche Signal, es womöglich auch mit halber Kapelle packen zu können, aber war gesendet. Nun ja.
Vorne nicht mehr vertikal genug
Am Offensichtlichsten hakte es gegen Union erneut ganz vorne. Klar, Michy Batshuayi erzielte ein typisches Stürmertor, reaktionsschnell, abgezockt, zielsicher. Ansonsten aber tauchte er weitestgehend unter. Der eingewechselte Elye Wahi tauchte dagegen nicht einmal auf. Can Uzun vergeigte seine Startelf-Chance. Und Hugo Ekitiké, Frankfurts bester Knipser, wurde mit seinem zu lasch verschossenen Elfmeter zum Sinnbild des Frankfurter Misserfolgs. Mit hängenden Schultern schlich der Franzose nach seinem zweiten Fehlschuss in Folge aus elf Metern vom Rasen.
Schon vergangene Woche schrieb der hr-sport von der verloren gegangenen Angriffswucht, das Union-Spiel diente da nur als zusätzliches Anschauungsmaterial. Es ging viel zu behäbig vorwärts, kaum vertikal, sondern oft genug nur quer oder zurück.
Europa-Qualifikation in Gefahr
Am Donnerstag (18.45 Uhr) wartet nun das Achtelfinal-Rückspiel in der Europa League gegen Ajax, in das die Eintracht mit einem knappen Vorsprung geht. Sie sollte diesen tunlichst bewahren, ansonsten droht die ganz große Krise. Wie sehr ein vermeidbares Europa-Aus dem Saisonverlauf schaden kann, zeigte nicht zuletzt die vergangene Spielzeit, als nach dem Ausscheiden gegen Union Saint-Gilloise fast nichts mehr ging.
Mindestens genauso bedeutend wie die Partie gegen Amsterdam wird am Sonntag das Duell in Bochum sein. Beim Bayern-Besieger von der Castroper Straße geht es für die Eintracht nicht nur darum, wieder in die Spur zu finden. Sie muss schlicht gewinnen, um ihre europäischen Ziele nicht völlig zu gefährden, nicht nur die Champions-League-Qualifkation, sondern auch jene für die Europa- und Conference League. Auf Platz sieben, den VfL Wolfsburg, sind es gerade noch vier Zähler Vorsprung.
