Eintracht fehlt ein Knipser Nach Kolo-Theater: Toppmöller hakt Europa vorerst ab
Der Abgang von Randal Kolo Muani war nicht zu verhindern, er verringert die Qualität von Eintracht Frankfurt aber enorm. Trainer Dino Toppmöller korrigiert die Ziele nach unten. Ob und wann Lucas Alario helfen kann, bleibt abzuwarten.
Zumindest den Spaß an seinem Job hat Dino Toppmöller noch nicht verloren. Drei Tage nach dem erzwungenen Last-Minute-Abgang von Randal Kolo Muani pfiff der Trainer von Eintracht Frankfurt am Montag auf alle unschönen Seiten des Profigeschäfts und erfreute sich im Nachgang der ersten Trainingseinheit der Woche einfach an der Schönheit des Fußballs. Toppmöller und seine Trainerkollegen schnappten sich kurzerhand die herumliegenden Bälle und schossen den auf dem Platz verbliebenen Torhütern die Finger heiß.
Toppmöller schnippelte dabei Freistöße in den Winkel, verwertete Flanken mit dem Kopf oder dem Fuß und machte vor allem bei zahlreichen Direktabnahmen eine wirklich gute Figur. Toppmöller, ein Mittelstürmer wie ihn die Eintracht nach dem Verlust von Kolo Muani so dringend bräuchte. Oder? "Da sind meine Ansprüche dann schon etwas höher", grinste er nach der knapp 20-minütigen Extra-Schicht. Wäre auch zu einfach gewesen.
Die Eintracht hat ein Sturm-Problem
Und so ist nach wie vor Fakt, dass es der Eintracht ohne Kolo Muani und ohne adäquaten Ersatz ganz vorne an Qualität und Durchschlagskraft mangelt. Die Hessen entwickelten gegen den 1. FC Köln zwar vor allem im zweiten Durchgang eine ordentliche Wucht und erzwangen durch puren Willen noch den späten Ausgleich. Dass letztlich der eingewechselte Linksverteidiger Niels Nkounkou für die Erlösung sorgte, passt aber ins Bild: Fußballerisch sah das gegen tiefstehende Kölner über weite Strecken schon passabel aus. Im letzten Drittel fehlt aber ein echter Neuner.
"Natürlich ist es mein Problem, weil wir halt einen Stürmer zu wenig haben. Wir sind gegen Köln nach vorne immer wieder gefährlich geworden, aber der letzte Punch hat gefehlt", fasste Toppmöller die verzwickte Lage im Sturm und die Auswirkungen des Deadline Days zusammen.
Verkauf von Kolo Muani schmerzt
Der Verkauf von Kolo Muani, der sich weigerte, noch einmal für die Hessen aufzulaufen, war am Ende nicht mehr zu verhindern und angesichts der Rekordablösesumme von 95 Millionen Euro die richtige Entscheidung. Dass die Eintracht, die das finanzielle Risiko bei möglichen Transfers von Elye Wahi oder Victor Boniface in der Frühphase des Transfersommers nicht eingehen konnte und zudem auch Hugo Ekitike wegen dessen Gehaltsforderungen nicht nach Frankfurt holte, nun ohne Nachfolger dasteht, verkompliziert die Aufgabe aber immens. "Jetzt müssen sich die Jungs, die da sind, halt noch schneller entwickeln", so Toppmöller.
Toppmöller korrigiert die Ziele
Klar ist aber auch, dass die selbstgesteckten hohen Ambitionen mit diesem Kader wohl nicht zu erreichen sind. Sportvorstand Markus Krösche, der genau wie Toppmöller vor der Saison die erneute Qualifikation für Europa als Ziel ausgerufenen hatte, wollte am Sonntag zwar noch nicht vollends von dieser Vorgabe abrücken. Bei Toppmöller klang das am Montag aber schon anders. "Es wäre vernünftig, das zu tun. Es geht in diesem Jahr um Entwicklung", antwortete Toppmöller auf die Frage, ob die Ziele noch einmal überdacht werden müssten. "Wenn die Entwicklung schnell geht, haben wir gute Chancen, vordere Plätze anzugreifen. Aber das von Anfang an zu sagen, wäre vermessen."
Heißt: Die Eintracht, die in den ersten drei Saisonspielen trotz Methusalem Makoto Hasebe die zweitjüngste Mannschaft der Liga stellte, macht aus der Not eine Tugend und ruft ein Übergangsjahr aus. Youngster wie Paxten Aaronson (20 Jahre) oder Hugo Larsson (19), die eigentlich langsam an die Bundesliga herangeführt werden sollten, werden aufgrund des Personalmangels in der Offensive zu deutlich mehr Spielzeit kommen als geplant. Auch Neuzugang Farès Chaibi (20) Nkounkou (22) oder Jessic Ngankam (23) sind direkt gefragt. "Diese Jungs brennen drauf, die haben richtig Bock", so Toppmöller. "Für uns ist das eine Herausforderung, für die Spieler ist das jetzt eine große Chance."
Alario muss sich strecken
Ob auch Lucas Alario, der in der vergangenen Saison bereits als Fehleinkauf abgestempelt worden war und sich nun nur wegen des unrühmlichen Kolo-Theaters noch einmal beweisen darf, eine Option für das Sturmzentrum wird, bleibt hingegen abzuwarten. Der Argentinier, der im Juni am Knie operiert wurde, mischte am Montag zwar wieder im Training mit. Sein Fitnesszustand und seine Spielart müssen sich aber noch ändern.
Alario sei zwar ein "unglaublich guter Abschlussspieler", attestierte Toppmöller. Einen Stürmer, der nur in der Box wartet und auf Flanken lauert, könne sich die Eintracht aber nicht erlauben. "Wenn wir Lucas in den Zustand bekommen, dass er für die Mannschaft extrem viel rackert und intensiv spielt, kann das klappen", so Toppmöller. "Ansonsten ist es schwierig." Da könnte er ja auch gleich sich selbst aufstellen.