Die Eintracht und der Top-Start: Fünf Fragen, drei Meinungen

Eintracht Frankfurt ist furios in die neue Bundesliga-Saison gestartet. Aber ist wirklich alles Gold, was glänzt? Wer sind die bisherigen Tops und Flops? Und sollte Kaua Santos Kevin Trapp ablösen? Der hr-sport diskutiert.

Omar Marmoush
Jubel bei Eintracht Frankfurt nach dem 3:3-Ausgleich gegen die Bayern Bild © Imago Images
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Die Eintracht ist jetzt ein Spitzenteam!

In-Form-Stürmer Omar Marmoush freudestrahlend ohne Trikot nach dem 3:3 in der Nachspielzeit gegen Bayern München.
Bild © hr / picture alliance/dpa/Revierfoto
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Was macht die Eintracht schon gut?

Daniel Schmitt: Wo anfangen, wo aufhören? Gibt eine Menge. Hinten knallen sich alle rein, im Mittelfeld rennen sie, vorne scoren sie. Und auch dem Trainer gelingt viel Gutes. Der Hype ist real. Was das alles realtaktisch bedeutet: Toppmöller und Team zogen die richtigen Schlüsse aus der vergangenen Saison, verschoben das eigene Spiel weiter nach hinten, um vorne mehr Raum zu haben. Die Sturmsprinter danken es.

Stephan Reich: Back to the roots, soll heißen: Endlich wieder mitreißender Spektakelfußball im Frankfurter Waldstadion. Damit ist die Eintracht in den vergangenen sensationellen Jahren gut gefahren, nach der hakeligen letzten Spielzeit, bei der die Bälle eher quer als vertikal gespielt wurden, steht die Eintracht nach Ballgewinnen nun wieder auf dem Gaspedal. Und das ist nicht nur erfolgreich, sondern auch spektakulär.

Gerald Schäfer: Die Eintracht ist bislang äußerst effizient. Zwar geben die Frankfurter im Ligavergleich nur die neuntmeisten Torschüsse ab, bei den erzielten Toren liegen sie aber auf Rang vier. Klar versemmeln auch Omar Marmoush oder Hugo Ekitiké mal hier und da eine Chance, das ist aber eher die Ausnahme als die Regel. Die Kaltschnäuzigkeit der Hessen ist wohl der Hauptgrund, warum sie derzeit Tabellendritter sind.

Wo gibt es noch Steigerungspotenzial?

Gerald Schäfer: Es ist ja immer so eine Frage, was genau für einen Fußball man spielen möchte. Luft nach oben hat die Eintracht beim Angriffsspiel über die Flügel. Niemand schlägt weniger Flanken als die SGE. Wenn da vorne aber nicht Igor Matanovic drin steht, gibt es eben auch keinen Abnehmer für die Hereingaben. Mehr Ballbesitzfußball täte der Eintracht auch hin und wieder gut, meist fühlt sie sich im Pressing und Gegenangriff aber wohler. Worauf man sich sicherlich einigen kann: Die Turnover-Rate kann gerne minimiert werden. Manchmal verliert man den Ball gegen einen bissigen Gegner, das kann passieren. Man muss ihm das Ding aber nicht aus drei Metern direkt in den Fuß spielen.

Daniel Schmitt: Ein bisschen mehr Ballbesitz könnte es sein. Keiner um des reinen Ballbesitz Willens, davon gab‘s vergangene Runde genug, aber für die Stabilität. Wenn es nach vorne nicht flutscht, sollte hinten nichts anbrennen. Längere Passstafetten – gerade in Schwächephasen - würden helfen, jene zu verkürzen. Und bei allem Fortschritt: Auch die Standards bleiben ausbaufähig.

Stephan Reich: Die Zwischenbilanz ist phänomenal, aber schaut man sich die Spiele genauer an, hatte die Eintracht in fast allen Partien Schwächephasen. Gegen Gladbach stand das Spiel nach der Pause eine halbe Stunde lang auf der Kippe, selbst der biedere Aufsteiger aus Kiel brachte die Eintracht schwer in Bedrängnis. Klare Sache: Wer mit den Großen mitstinken will, der muss über 90 Minuten konzentriert bleiben.

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Wer sind die Tops und Flops der Saison?

Daniel Schmitt: Wer’s von den Kollegen schafft, ohne Extralob an Marmoush und Ekitiké vorbeizuschreiben, dem sei die Ehrennadel für Ahnungslosigkeit verliehen. Oder die Tastatur entzogen. Ähnliches gilt in den Fällen von Rasmus Kristensen und Arthur Theate. Top ist auch Toppmöller, der Dino, den viele (auch ich) vor der Saison zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr im Frankfurter Trainerstuhl sitzen sahen. Er hat sich positiv entwickelt, gerade in der Außendarstellung, sich die selbstbewusste Eintracht-DNA einverleibt. Taktisch ist er ohnehin den Allermeisten voraus, von uns Reportern gar nicht zu sprechen. Und Flops? Von Can Uzun könnte mehr kommen, vor allem mehr Fleißarbeit. An der mangelt es Ellyes Skhiri nicht, dagegen an Handlungsschnelligkeit. Das passt nicht zum Eintracht-Stil.

Gerald Schäfer: Da ich die beiden Stürmer ja schon bei der ersten Frage gelobt habe, verzichte ich hier gerne und bedanke mich für die Anstecknadel. Das größte Lob, weil ich ihn schon komplett abgeschrieben hatte, hat sich für mich Junior Dina Ebimbe verdient. Ich mag seine Spielweise ja ohnehin, aber dass er überhaupt nicht rumgezickt hat, nachdem er wochenlang nur auf der Tribüne gesessen hat, und jetzt auch noch mit Toren und Vorlagen glänzt, ist schon aller Ehren wert. Wer im Standing für mich am ehesten verloren hat, sind Ellyes Skhiri und Mario Götze. Ich gebe Daniel Recht: Der Power-Fußball, den die Eintracht im Moment spielt, erfordert eine Handlungsschnelligkeit, die ich bei Skhiri und Götze zuletzt zu selten gesehen habe.

Stephan Reich: Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass Tuta noch einmal einen entscheidenden Schritt macht. Aktuell belehrt mich der Brasilianer aber Woche für Woche eines Besseren und präsentiert sich als Defensivspieler von gehobenem Bundesligaformat. Dass er in Kiel auch auf der Sechs überzeugte, macht ihn umso wertvoller, schließlich ist diese Position nicht unbedingt übermäßig bestückt. Und damit danke auch von mir für die Ehrennadel. Mehr erwartet habe ich indes von Farés Chaibi. Der Algerier hat eine starke Debütsaison gespielt, findet aber nur schwer in seine zweite Spielzeit. Noch in keinem Spiel konnte Chaibi überzeugen. Die gute Nachricht: Der Bub ist noch jung, die Saison ebenso. Es bleibt also genug Zeit, zum nächsten 80-Millionen-Mann zu reifen.

Kaua oder Kevin?

Daniel Schmitt: Na, wer wohl? Natürlich Ka … Kevin. Zugegeben: Kaua Santos hat das prima gemacht zuletzt, überragend in Istanbul und gegen die Bayern. Doch Kevin ist eben Kevin, eine Frankfurter Institution, Europa-League-Held, Kapitän, vor allem: ein überdurchschnittlich guter Torwart mit wichtiger Erfahrung in einer jungen Mannschaft. Der 34-Jährige hat es sich verdient, dass gar nicht erst über einen dauerhaften Wechsel nachgedacht wird. Noch nicht. Die Idee, Santos wenigstens im Pokal ranzulassen, halte ich für charmant.

Stephan Reich: Gute Idee von Daniel, denn einem derart talentierten Keeper wie Santos gar keine Spielzeit einzuräumen, ist keine Lösung. Kapitän Trapp auf die Bank zu setzen aber auch nicht. Daher: Vertrauen für Trapp, Teilzeit für Kaua – und dann im Sommer vielleicht die Staffelübergabe.

Gerald Schäfer: Drei Menschen, eine Meinung. (Homer-Simpson-Stimme:) Langweilig!

Kann Platz drei verteidigt werden?

Daniel Schmitt: Es sei an dieser Stelle mit Hessens beliebtestem Fragewort parliert: Hä? Warum nur Dritter? Warum nicht Zweiter? Oder Erster? Fehlte doch jetzt schon nicht viel, höchstens ein wenig Übung beim Abwehren von Ecken. Außerdem: Man wird ja wohl noch träumen dürfen - und irgendwann dann doch aufwachen mit der Eintracht auf dem vierten Platz. Un des is gudd so!

Stephan Reich: Die Eintracht schnuppert seit Jahren an den Champions-League-Rängen, jetzt ist es mal an der Zeit. Bayern und Leipzig sind stark, aber der BVB schwächelt, der VfB Stuttgart spielt nicht noch einmal eine solche Sahnesaison und Leverkusen ist satt, behaupte ich jetzt einfach mal. Diese Lücke wird die Eintracht füllen und nächste Saison Champions League spielen.

Gerald Schäfer: Ach ja, die junge Leut und der Überschwang. Vor der nächsten Länderspielpause trete ich lieber noch mal auf die Euphorie-Bremse. So wirkliche Prüfsteine gab es für die Eintracht bisher doch kaum. In Dortmund hat man verloren, gegen die Bayern hat es mit Glück zu einem Remis gereicht. Lassen wir jetzt Mal Leverkusen, Union und Stuttgart kommen, gepaart mit der Dreifachbelastung aus Pokal und Europa League. Da bleibt keine Zeit zum Träumen. Da heißt es: Uffbasse!

Sendung: hr-fernsehen, heimspiel!,

Quelle: hessenschau.de

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9 Kommentare

  • Ja, die Eintracht steht aktuell sehr gut da, was aber nach sechs Spielen nicht übermäßig verwunderlich ist. Ein guter Start steht jeder Mannschaft gut zu Gesicht. Man möge ein kleines Fazit nach einem Drittel der Saison ziehen, das ist dann schon aussagekräftiger.

    Zum Spiel gegen den FCB darf man wohl zu Recht behaupten, dass es doch SEHR viel einfacher ist, mit viel Raum nach vorne spielen zu können, sprich zu kontern, als der enge Fussball, den die Bayern spielen mussten. Sie hatten doch eher 22, zumindest aber 20 Beine der Eintracht gegen sich, und nur enge Spielräume.
    Will sagen:
    Erfolgreich kontern kann jede Mannschaft.

    Thema Keeper:
    Trapp ist 34 Jahre alt, zugegeben - zurecht erfahrener Stammkepper. Santos hat nun einige Male geglänzt, ein neuer Keeper drängt sich auf.
    Aber WO ist die Grenze ? Siehe ein gewisser Hr. Neuer, 38 Jahre alt, will lange nicht zurücktreten, sein DFB-Kronprinz ter Stegen ist auch schon 32 Jahre, und nun übel verletzt.

    Wir bleiben am Ball ...

  • Bei der Gelegenheit mal meine Bemerkung, das die HR Berichterstattung zur SGE meiner Meinung nach einer der besten in FFM ist. Lese ich sehr gerne. Auch der Artikel hier wieder kurzweilig und originell. Bitte weiter so ! Prima Mischung aus seriös und humorvoll.
    Der Cocktail aus allen Meinungen triffts dann ganz gut.
    Ich schaue nicht nur Ergebnissorientiert und habe aktuell großen Spaß an der SGE. Nicht vergessen, wir stehen bei Spieltag sechs !
    Auch ich habe letzte Sasion dem Dino die Qualifikation abgesprochen. Umso schöner, das man mit der Entscheidung ihn reifen zu lassen wohl richtig lag.
    Finalmente: aber ja, on the long run kann man sich nicht nur auf die beiden Rakteten vorne verlassen. Gute Trainer werden das baldigst ausgelesen haben.
    Freue mich auf den Rest der Saison

  • Die Momentaufnahme ist super und berauschend. Wenn wir an Ostern ähnlich begeistert auf den Saisonverlauf bis dahin zurückblicken könnten, wäre das wie ein 6er im Lotto. Leider fließt bis dahin noch sehr viel Wasser den Main runter....

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