Eintracht verabschiedet Fischer Der bunte Club verliert den buntesten Hund
Peter Fischer tritt vor und mit einer Mitglieder-Rekordzahl als Präsident von Eintracht Frankfurt zurück und sorgt für große Emotionen in der Jahrhunderthalle. Seine letzte Rede nutzt er erneut für eine klare Kante gegen rechts.
Die Ankunft von Peter Fischer erinnerte am Montagabend an den Einmarsch eines Gladiators. Der 67-Jährige, der seine Zeit als Präsident von Eintracht Frankfurt auf der Mitgliederversammlung nach knapp 24 Jahren offiziell beendete, war noch nicht mal auf der Bühne angekommen, da schwappten ihm schon Emotionen und Standing Ovations entgegen.
Nach einem ausgiebigen Bad in der Menge und minutenlangem Applaus bat das scheidende Vereinsoberhaupt um Ruhe und erinnerte an den straffen Zeitplan. Eine Szene wie zu besten Wetten-dass-Zeiten.
Volle Ränge für Peter Fischer
Fischer, der sich bereits beim Heimspiel gegen Mainz 05 im Stadion tränenreich von der Kurve verabschiedet hatte, genoss den großen Empfang sichtlich berührt und bedankte sich für das zahlreiche Erscheinen. In die Frankfurter Jahrhunderthalle waren zu seinen Ehren knapp 2.500 Gäste gekommen, so viele wie noch nie bei einer Eintracht-Mitgliederversammlung. Einige von ihnen mussten die knapp vierstündige Veranstaltung sogar durchgehend im Stehen verfolgen.
"Ich kann meine Gedanken, Gefühle und Emotionen nur schwer sortieren. Wer da keine nassen Augen bekommt, ist kein Mensch", so Fischer.
Fischer hat die Eintracht geprägt
Welche Bedeutung Fischer nach fast einem Vierteljahrhundert für die Eintracht hat, war am Montagabend immer wieder spür- und hörbar. Zunächst bedankten sich in einem Einspieler Eintracht-Jugendsportler zahlreicher Sportarten für Fischers Engagement, dann durfte der scheidende Präsident selbst die neue Mitgliederzahl von nun 139.000 präsentieren. Dass Fischer den kleinen Club vom Riederwald, der bei seinem Amtsbeginn im Jahr 2000 knapp 5.000 Mitglieder zählte, zum zwölftgrößten Verein der Welt geführt hat, ist sein Vermächtnis. Fischers größter Verdienst, das wurde am Montag immer wieder deutlich, ist aber ein anderer.
Fischer, der seine 24 Amtsjahre sicher nicht ohne Fehler bestritt, das aber auch nie von sich behauptete, hat es geschafft, sich und die Eintracht immer wieder auch politisch klar zu positionieren und zur richtigen Zeit den Mund aufzumachen. Seine Brandrede mit der Fischer-typischen derben Wortwahl gegen die AfD ist zu einem Teil der Eintracht-DNA geworden, sein Einsatz für die Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau hält bis heute an. Dass zahlreiche Angehörige der Ermordeten im Publikum saßen, ist ein eindeutiges Zeichen. Fischer, ein Lebemann mit Hang zur Extravaganz, liegt der Kampf gegen Diskriminierung wirklich am Herzen.
Fischer mit klarer Kante gegen rechts
Passend dazu nutzte er seine Abschiedsrede nach allerlei Danksagungen und Rückblicken dazu, noch einmal eindeutig Stellung gegen rechts zu beziehen. Fischer erinnerte an die Frankfurter Vereinssatzung und die Unvereinbarkeit dieses Leitbildes mit rechtem Gedankengut. Gerade in diesen Zeiten könne Sport nie unpolitisch sein, so Fischer. "Sport dient dem friedlichen Zusammenleben. Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus haben bei uns keinen Platz", stellte er klar und bekam dafür erneut Standing Ovations der Eintracht-Familie.
Genau diese Familie habe ihm in den vergangenen Jahren gezeigt, wie das soziale Zusammenleben in Frankfurt und Deutschland funktionieren könne, so Fischer. "Wir sind ein Verein mit 112 Nationen. Wir sind ein bunter Club und akzeptieren nur bunt." Religion, Hautfarbe, Herkunft, all das spiele bei in seinem Verein keine Rolle. Der berühmte Fangesang "Eintracht Frankfurt International" wurde in den vergangenen Jahren gleich doppelt mit Leben gefüllt. "Das ist das, was wir leben und umarmen. Wer das nicht lebt und umarmt, den schmeißen wir raus." Klare Kante, klare Worte.
Beck tritt in große Fußstapfen
Die Eintracht, der Fischer als Ehrenpräsident erhalten bleibt, wird künftig auf Auftritte dieser Art verzichten müssen. Der neue Präsident Mathias Beck, der mit überwältigender Mehrheit gewählt wurde, versprach in seiner Rede zwar, die Werte und Ansichten von Fischer auch zukünftig vertreten und leben zu wollen. Die Art und Weise wie der bunte Hund Fischer gegen braune Gesinnung mobil machte, ist jedoch nicht kopierbar.
Ob Fischer seinem Nachfolger Beck, den er auf der Bühne lange umarmte, noch ein paar Tipps mit auf den Weg gab, ist nicht bekannt. Nach der Gratulation drehte sich Fischer dann aber um und lenkte den Fokus mehr als vier Stunden nach seinem Einzug auf einen ebenfalls nicht unwichtigen Teil seiner Abschiedsparty: "Wir müssen hier jetzt mal Schluss machen, ich habe Durst."