Eintracht-Gegner AS Rom im Porträt Tottis Erben im ewigen Kampf gegen den Norden
Wer an die AS Rom denkt, denkt vor allem an Francesco Totti, Daniele de Rossi und seit kurzer Zeit auch an Mats Hummels. Die Geschichte des kommenden Gegners von Eintracht Frankfurt ist kompliziert, zumindest ein Heilsbringer ist aber zurück.
Eintracht Frankfurt tritt am Donnerstag (21 Uhr, live im Audiostream bei hessenschau.de) im letzten Gruppenspiel der Europa League bei der AS Rom an. Sportlich ist die Sache relativ klar, der Gegner bietet aber jede Menge Geschichten. Alles Infos zu den Römern im Überblick.
Der Verein
Die Gründung der AS Rom erinnert, man möge mir verzeihen, etwas an die jüngere Geschichte von Hertha BSC. Da damals, im Jahr 1927, die italienische Meisterschaft von den Vereinen aus dem Norden dominiert wurde und die Übermacht von Genua, Juventus, Inter und AC Mailand sowie Pro Vercelli erdrückend war, sollte endlich ein starker Gegenpol aus Rom her. Ein Big City Club, der dem Establishment das Fürchten lehrt und die Hauptstadt auch auf die fußballerische Landkarte bringt. Schon mal gehört den Plan?
Im Gegensatz zur Alten Dame aus Berlin funktionierte die Umsetzung in der Ewigen Stadt aber tatsächlich ganz gut. Aus den drei Clubs Fortitudo-ProRoma, Football Club di Roma und Alba-Audace wurde unter der Führung von Präsident Italo Foschi die AS Rom. Die Vereinsfarben Gelb und Rot (Gillorossi) wurden in Anlehnung an das Stadtwappen gewählt, in der Mitte des Logos ist seit den 1940er-Jahren die Kapitolinische Wölfin mit den Stadtgründern Romulus und Remus zu sehen. Mehr Identifikation mit der Heimat geht nicht.
Und sportlich? Drei Meistertitel, neun Pokal-Triumphe, ein Sieg im UEFA-Cup-Vorgänger Messestädte-Pokal sowie zuletzt 2022 der Erfolg in der Conference League können sich sehen lassen, zu einem Weltverein haben es die Wölfe aber nie ganz geschafft.
Dass sie dennoch weit über die Grenzen Italiens hinaus bekannt und beliebt sind, liegt deshalb wohl vor allem an Francesco Totti. Der in Rom geborene Re di Roma (König von Rom), der fast 30 Jahre im Verein verbrachte, nie für einen anderen Club spielte und immerhin einmal den Scudetto holte, fasste einmal zusammen: "Die Roma ist für mich alles, was ein Mensch haben kann: Leidenschaft, Liebe, Freude. Ein Titel mit der Roma ist so viel wert wie zehn mit Juventus oder Real Madrid." Zwei Sätze, die viel über die AS Rom aussagen. Es gibt viele Emotionen, manchmal zu viele.
Passend dazu: Totti, der Liebling der Massen, überwarf sich im Sommer 2019 mit den US-amerikanischen Investoren und schmiss hin. Dass im vergangenen September Trainer Daniele De Rossi, ebenfalls in Rom geboren und eine lebende Vereinslegende, gefeuert wurde, trug nicht zu einer Beruhigung der Fan-Seele bei. Es brodelt quasi ständig.
Der Trainer
Apropos Fans. Die Anhänger der Roma, die passend zur Vereinsgeschichte in der Curva Sud des Olympiastadions stehen und auch dort einen verbitterten Kampf gegen die im Norden beheimateten Lazio-Tifosi führen, erlebten im vergangenen November endlich mal wieder einen erhabenen Moment. Nach dem Rausschmiss von De Rossi und dem ebenso kurzen wie erfolglosen Intermezzo von Ivan Juric übernahm kurz vor der Adventszeit ein echter römischer Heilsbringer das Traineramt.
Claudio Ranieri, natürlich in Rom geboren und von den Fans als "Romano di Testaccio" (römischer als die meisten Römer) gefeiert, heuerte zum insgesamt dritten Mal bei der AS Rom an und löste damit eine riesengroße Euphorie aus.
Der inzwischen 73-Jährige, der je nach Gusto entweder Mister oder Sir Claudio genannt wird, hatte sich eigentlich bereits längst in den Ruhestand verabschiedet und zufrieden mit seiner Karriere abgeschlossen. Aber: "Wenn die Roma ruft, dann muss ich 'Ja' sagen." Als Belohnung gab es einen frenetischen Empfang am Flughafen und dann auch eine sportliche Trendwende. In der Liga ist die Roma seit sechs Partien ungeschlagen, in der Europa League sind zumindest die Playoffs weiter möglich.
Der Star
Nachdem die AS Rom in ihrer bewegten Geschichte Stars wie Totti, De Rossi, Gabriel Batistuta, Cafu, Rudi Völler, Edin Dzeko oder auch Emerson in ihren Reihen hatte, fällt es aktuell schwer, echte Überflieger im Kader zu finden. Klar: Paulo Dybala ist durchaus prominent, der Ukrainer Artem Dovbyk kostete im vergangenen Sommer 30 Millionen Euro Ablöse, auch Lorenzo Pellegrini hat man schon mal gehört. Den Glanz früherer Zeiten versprüht aber auch dieses Trio nicht annähernd.
Immerhin: Reichlich bekannte Namen gibt es trotzdem. Neben dem Ex-Frankfurter Evan N’Dicka, der in dieser Spielzeit unangefochtener Stammspieler ist, dem Ex-Gladbacher Manu Koné und dem Ex-Leipziger Angelino bestimmt natürlich Ex-Nationalspieler Mats Hummels die Schlagzeilen. Der Weltmeister von 2014, der unter De Rossi und Juric einen ganz schweren Stand hatte, kommt unter Ranieri deutlich öfter zum Einsatz. Seine bislang auffälligste Szene hatte er allerdings beim Derby della Capitale gegen Lazio, als er in der Nachspielzeit eine Massen-Schubserei auslöste.
Und sonst so?
Und nun zum Abschluss noch etwas Erheiterndes. Dass Millionen-Flops zum Fußballgeschäft dazu gehören, ist nichts Neues und auch in Frankfurt dank Lucas Alario, Caio, Sam Lammers oder Dejan Joveljic bestens bekannt. Die AS Rom schaffte im Jahr 1997 aber tatsächlich das Kunststück, für das wohl größte Transfer-Missverständnis aller Zeiten zu sorgen.
Die Kurzzusammenfassung: Der damalige Roma-Trainer Zdenek Zeman forderte vehement eine Verstärkung für die Defensive und empfahl den Kaderplanern einen Verteidiger, der ihm in der Vorsaison im UEFA-Cup aufgefallen war. Das Problem dabei: Zeman wusste, dass sein vermeintlicher Über-Verteidiger bei CD Teneriffa spielte, der Name war ihm allerdings entfallen. "Irgendwas Spanisches mit 'Z' am Schluss", lautete dann seine Beschreibung, mit der er – der Legende nach – eine Delegation in Richtung der spanischen Ferieninsel schickte.
Dort angekommen – man war sich inzwischen sicher, dass es sich um Wunderspieler Cesar Gomez handeln musste – wurden umgehend Verhandlungen aufgenommen. Die CD-Bosse, erst überrascht, dann erfreut, ließen Gomez schließlich für umgerechnet knapp 3,5 Millionen Euro ziehen und lachten sich ins Fäustchen. Denn: Zemans eigentliches Transferziel war der argentinische Nationalspieler Pablo Paz, der den römischen Scouts trotz seines mit Z endenden spanischen Namens nicht aufgefallen war. You had one job!
Gomez, der einen Vierjahresvertrag mit einem Jahresgehalt von über 800.000 Euro erhielt, war vorher nur Reservist gewesen und konnte sein Glück kaum fassen. "Mein Leben änderte sich in ein paar Stunden", sagte er später der Gazzetta dello Sport. Für die Roma stand er ganze drei Mal auf dem Rasen, die Rest der Zeit verhielt er sich dem Vernehmen nach unauffällig und erschien stets pünktlich zum Training. Als er wieder ging, war er Millionär und verabschiedete sich in die Frührente.