Eintracht-Kolumne: Jetzt spricht die Seilkamera
Heimliche Heldin im Spiel von Eintracht Frankfurt in Gladbach: die defekte Seilkamera. Reichs Resterampe lässt die Kamera in einem Exklusivinterview zu Wort kommen. Sie sagt ganz klar: "Das war nur ein Durchhänger".
Eintracht Frankfurt gewinnt souverän bei Borussia Mönchengladbach. Heimliche Heldin ist dabei die Seilkamera, die mit einem defekten Kabel für eine minutenlange Unterbrechung sorgt und damit der Gladbacher Schlussoffensive den Schwung nimmt. Zeit für ein Exklusivinterview.
Seilkamera, im Spiel von Eintracht Frankfurt gegen Borussia Mönchengladbach standen Sie plötzlich im Mittelpunkt, als sich eines Ihrer Kabel löste und auf den Platz hing. Wie haben Sie die Szene erlebt?
Mein Job ist sowieso ein Drahtseilakt, das ist ja klar. In der entsprechenden Situation habe ich als Kamera einfach ein wenig den Fokus verloren, das muss ich leider so sagen.
Woran lag diese Unkonzentriertheit?
Objektiv gesehen war alles in Ordnung. Auch mit meinem Objektiv. Aber dann habe ich gemerkt, dass ich Probleme mit der Bildrate bekommen habe, sobald Randal Kolo Muani oder Jesper Lindström am Ball waren. Die Tiefenschärfe wurde immer schlechter, je besser die Tiefenschärfe der beiden wurde. Und dann hatte ich plötzlich einen Durchhänger.
Eintracht-Trainer Oliver Glasner sagte nach dem Spiel: "Im Fußball gibt es immer wieder was Neues. Das haben wir alle noch nicht erlebt". Gilt das auch für Sie?
Ich war immer ein ziemlicher Überflieger, ein solcher Fauxpas ist mir vorher noch nie passiert. Aber vielleicht war ich deswegen auch zu sorglos. Ich habe stets irgendwie über den Dingen geschwebt, Kritiker meinten deshalb oft, ich sei abgehoben. Aber so ist das im Fußball: Erst wirst du hochgejubelt, dann wirst du fallengelassen. Oder zumindest eines deiner Kabel.
Der Zeitpunkt, als sich das Kabel löste, war für Gladbach äußerst ungünstig. Gerade hatten sie den Anschlusstreffer erzielt. Haben Sie den Zeitpunkt bewusst gewählt?
Ich bin kein Eintracht-Sympathisant, falls Sie das meinen. Es ist eher so, dass ich ein angespanntes Verhältnis zu Gladbach habe. Wissen Sie, ich mache hier immer gewissenhaft meinen Job. Aber von den Verantwortlichen hier im Stadion werde ich eigentlich ständig hängengelassen. Manchmal könnte ich deswegen echt an die Decke gehen. Vielleicht hat das unterbewusst eine Rolle gespielt.
Da höre ich eine gewisse Kritik raus?
Ach, in einem Traditionsverein gibt es ja immer irgendwelche Seilschaften. Aber wenn ich das alles an mich ranlassen würde, könnte ich mich ja direkt aufhängen. Und es gibt hier auch viele Menschen, mit denen ich mich bestens verstehe. Der Hausmeister, der als erster zu mir kam, fragte direkt, ob ich einen Schaden habe, so rumzuhängen. Das fand ich sehr aufmerksam.
Haben Sie sich bei der Aktion eigentlich verletzt?
Nein, ich bin eine echte Maschine. Aber emotional war das ganze nicht so einfach für mich, ich hing echt in den Seilen. Und auch meine Mutter hat sehr unter der Situation gelitten. Aber wir haben sie auf dem Rasen wiedergefunden und wieder drangeschraubt.
Und wie geht es jetzt weiter?
Ich ärgere mich am meisten über mich, das ist doch klar. Aber sobald ich mich wieder gefestigt fühle, hänge ich mich wieder rein. Denen, die sagen, ich hätte eine Schraube locker, will ich es beweisen.