Stürmer nimmt nach Karriereknick nächsten Anlauf Eintracht-Neuzugang Elye Wahi: der Unruhestifter
Elye Wahi soll bei der Eintracht bestenfalls in die Fußstapfen von Omar Marmoush treten. Der Stürmer bringt viel Talent mit, jedoch auch eine turbulente Lebensgeschichte. Zu Vorwürfen der sexuellen Nötigung als Jugendlicher schweigt er.
Zur Begrüßung babbelte Elye Wahi ein herzliches "Gude" ins Mikrofon, flankiert von einem breiten Lächeln und dem gehobenen Daumen. "Ist gut?", schob er noch fragend hinterher. War gut, die Botschaft kam an. Am Dienstagmittag stellte sich der stürmende Neuzugang von Eintracht Frankfurt auf einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vor, und zeigte sich in recht wenigen Worten dennoch selbstbewusst.
Sein wohl markigster Satz: "Ich kenne meine Fähigkeiten, ich bin ein starker Stürmer und werde das beweisen." Für den Franzosen sei es "der richtige Augenblick" für einen erstmaligen Wechsel ins Ausland. Die Bundesliga passe zu seiner Spielweise, da es hierzulande offensiv zugehe. "Ich bin ein schneller Spieler, der gerne ins Eins-gegen-Eins, ins Dribbling geht. Ich bin hier, um Tore zu schießen." Zuletzt erlebte der Angreifer jedoch einen Karriereknick bei Olympique Marseille. Dazu gleich mehr.
Wahi schweigt zu Rauswurf in Caen
Zuerst einmal lohnt ein Rückblick auf das durchaus turbulente Leben des gerade mal 22-Jährigen: Vor bald sieben Jahren war es nämlich, da stand Wahis Karriere bereits auf dem Spiel, obwohl sie noch nicht angefangen hatte. Der damals 15-Jährige, der als Jüngster seines Nachwuchsteams imposante 89 Tore in nur einer Saison erzielt hatte, wurde rausgeworfen, von einem auf den anderen Tag fallengelassen vom SM Caen. Aus einem nachvollziehbaren Grund.
Wahi soll, wie wenig später rauskam, drei Jugendliche auf einer Schultoilette sexuell genötigt haben. Am Dienstag in Frankfurt wollte er auf Nachfrage zum damaligen Vorfall nichts sagen, es sei "nicht der richtige Augenblick, darüber zu reden". Ein ziemliches Nicht-Statement.
Wahi jedenfalls war damals plötzlich eine Persona non grata, nicht mehr gewollt, so gut er auch kicken konnte. Er litt, wie selten in seinem Leben. Ein Leben, das auch zuvor keineswegs reibungslos verlief. Wie so viele begabte Fußballer ist auch Wahi im Großraum von Paris geboren, aufgewachsen in schwierigen Verhältnissen. Sein Vater starb, als er zwei Jahre alt war. Mutter und Schwester zogen ihn auf. Wahi, oft mit Älteren unterwegs, musste sich durchbeißen.
Auf den Spuren von Benzema und Mbappé
Doch er und sein Umfeld gaben nicht auf, klopften an viele Türen. Der Stürmer trainierte bei Manchester United mit, in Dortmund stellte er sich vor, auch Paris Saint-Germain soll interessiert gewesen sein. Wahi aber landete letztlich in Montpellier, beim HSC in Südfrankreich. Mehr Spielzeit wurde ihm dort offeriert, größere Chancen auf den Durchbruch. Vergessen Caen, vergessen die Schultoilette. Die Karriere nahm wieder Fahrt auf, und wie.
Als 20-jähriger Rookie erzielte Wahi 19 Tore in der Ligue 1, und das für einen Mittelklasseclub wie Montpellier. So viele oder mehr Treffer waren in Frankreich in diesem Alter bis heute nur den Superstars Karim Benzema und Kylian Mbappé gelungen. Beachtlich. Auch für Markus Krösche.
Krösche schätzt Wahis fußballerische Qualitäten
Der Frankfurter Sportvorstand war schnell ein Fan des Fußballers Wahi, er ist es natürlich noch immer. Krösche schätzt dessen Qualitäten, die Schnelligkeit, die Geradlinigkeit, den Abschluss. Zudem gilt Wahi als Unruhestifter, nervt gegnerische Abwehrleute durch intensives Pressing. Er war daher einst schon auserkoren als Nachfolger von Randal Kolo Muani, doch der Nationalstürmer pokerte, schien zu bleiben, so dass sich Wahi anderweitig veränderte.
Für 30 Millionen Euro ging’s zum RC Lens, für die er immerhin neun Ligatreffer erzielen sollte, vor dieser Saison für 25 Millionen weiter nach Marseille. Doch der einstige Überflieger landete hart, floppte bei OM, nur drei Tore, Ergänzungsspieler, die erneute Chance für die Eintracht.
"Marmoush ist Marmoush, Wahi ist Wahi"
Die Frankfurter lassen sich die Dienste des Angreifers nun mehr als 20 Millionen Euro kosten, inklusive Boni wohl bald 26 Millionen. Insgesamt addieren sich die Ablösesummen des Angreifers auf rund 80 Millionen, eine ganze Menge. Wahi unterschrieb in Frankfurt als Nachfolger von Omar Marmoush bis 2030, stellte aber auch klar: "Marmoush ist Marmoush, Wahi ist Wahi." Bitte, bitte keine Vergleiche.
Der Neue soll an der Seite von Hugo Ekitiké, den er aus französischen Juniorenauswahlen bereits kennt, alsbald die Bundesliga aufmischen. Mit Ekitiké, Niels Nkounkou und Kolo Muani habe er, Wahi, sich im Vorfeld auch über die Eintracht ausgetauscht und "viel Gutes gehört".
Am Donnerstag in Rom ist Wahi nicht spielberechtigt, am Sonntag gegen den VfL Wolfsburg winkt ihm sein Eintracht-Debüt. Fit genug dafür sei er, sagt Wahi, obwohl er zuletzt leichte Oberschenkelprobleme hatte. "Ich trainiere hart und werde bald mit der Mannschaft spielen können." Zum Abschluss der Frage-Antwort-Runde kündigte der Franzose am Dienstag schließlich noch an, die nächste Pressekonferenz "hoffentlich auf Deutsch" halten zu können. Und ehrlich gesagt: Hessisch wäre dann auch wirklich ein bisschen viel verlangt.