Der Eintracht-Dosenöffner fürs Kalenderjahr
Eine Traumvorarbeit, gute Ansätze bei den Neuen und viel Leidenschaft: Eintracht Frankfurt lehrt wieder einen Großen der Liga das Fürchten. Und ist damit in Tuchfühlung zur Königsklasse.
Eintracht Frankfurt siegt auswärts bei RB Leipzig. Hier kommt die Analyse in fünf Punkten.
1. Nur eine Statistik zählt
Wie sagte schon Werner Hansch: "Was sind schon Statistiken? Nach der Statistik ist jeder vierte Mensch ein Chinese, aber hier spielt gar kein Chinese mit", sagte die Kommentatorenlegende einst. In allen Wertungen beim Spiel der Eintracht in Leipzig lagen die Hessen hinten, beispielsweise bei den Torschüssen (5:31). Aber eben entscheidend ist auf der Anzeigetafel, und da stand ein 1:0 für Frankfurt.
Die vielen Chancen und Abschlüsse auf Seiten der Leipziger übertünchten, dass den Hausherren oft der letzte Punch fehlte und die Gäste in den entscheidenden Momenten richtig zupackten und beherzt verteidigten. So sahen das auch die Trainer: Dino Toppmöller lobte die "hohe Leidenschaft beim Verteidigen", Leipzigs Marco Rose fand, dass sich Frankfurt mit einer leidenschaftlichen Defensivleistung die Punkte erarbeitet hatte. Allen voran Robin Koch und Keeper Kevin Trapp machten wieder ein gutes Spiel.
2. Niels Nkounkou mit dem Geniestreich
Das Tor des Tages erzielte zwar Ansgar Knauff, der auch ansonsten zu überzeugen wusste. Ein großer Teil des Treffers ging aber auf das Konto von Vorlagengeber Niels Nkounkou, der mit einem scharfen und zugleich perfekt getimten Zuspiel die Leipziger Deckung entblößte.
Nkounkou hatte sich an Philipp Max vorbei in die Startelf gekämpft, zeigte aber auch an diesem Tag wieder Licht und Schatten. Etwas später setzte er eine Flanke unbedrängt weit hinter das Tor. Im zweiten Durchgang grätschte er im Strafraum, traf dabei den Ball, doch riskierte leichtsinnig einen Elfmeter. Dennoch blieb er einer der Garanten für den Erfolg, biss sich zudem nach einer langen Behandlung im ersten Durchgang durch.
3. Die Neuen deuten ihre Hilfe an
Donny van de Beek konnte im Mittelfeld noch nicht seine strategische Meisterklasse aus Ajax-Tagen nachweisen, spielte aber auch nicht wie jener Aussortierte aus United-Tagen. Der Niederländer lieferte mit seinem Engagement den Beweis, warum ihm Toppmöller direkt das Vertrauen für die Startelf geschenkt hatte.
Gleiches galt für Sasa Kalajdzic, der im Strafraum noch nicht seine Klasse und Gefahr untermauerte, wohl aber als Wandspieler viele Bälle festmachte. Beide haben das Zeug dazu, sich ins Eintracht-Gebilde einzufügen und auch von Mario Götze zu profitieren, der mit feinen Chipbällen hinter die Kette immer wieder Löcher riss. Bei einem solchen Ball in der zweiten Halbzeit hätte van de Beek beinahe sein Debüt krönen können.
4. Keine Angst vor den Großen
Groß war die Angst vor der Rache des Spielplans: Nach einem vergleichsweise einfachen Startprogramm warteten die Kracher der Liga im Herbst und Winter auf die Eintracht. Da würde sich zeigen, wie weit die Frankfurter seien, hieß es. Das 3:3 gegen Dortmund offenbarte bereits die Stärke von Toppmöllers Elf, das 5:1 gegen die Bayern ohnehin, nun folgte der nächste Erfolg gegen eine Top5-Mannschaft. Einzig gegen den VfB Stuttgart (1:2) und beim 0:3 in Leverkusen wurden den Hessen die Grenzen aufgezeigt.
Egal wie glücklich der Sieg in Leipzig auch zu Stande gekommen sein mag: Mit zwei Neuen im Team und drei Leistungsträgern beim Afrika-Cup muss man erst einmal in Leipzig gewinnen. "Bisher hat glaube ich nur Manchester City in dieser Saison hier einen Sieg geholt", merkte Toppmöller an. Nach den Schwergewichten wartet nun mit Darmstadt 98 der Tabellenletzte im Hessenderby - und ein Spiel mit ganz anderen Vorzeichen.
5. Von der Bank kommt zu wenig
Ein Spiel mit dem Feuer blieb das Auftreten der Frankfurter im zweiten Durchgang trotzdem, weil die Mannschaft viel zu wenig Entlastung zu Wege brachte. Dies lag auch am mangelnden Input von der Bank. Als Kalajdzic ging, konnte Jessic Ngankam nicht gleichwertig die Bälle festmachen. Mit den weiteren "Jokern" Kristijan Jakic und Jens Petter Hauge kamen zwei potenzielle Verkaufs- oder Verleihkandidaten, Gleiches gilt wohl für die Nicht-Berücksichtigten Hrvoje Smolcic und Paxten Aaronson.
Die Reservisten nutzten ihre Chance in dieser Saison generell zu selten. Dies zeigt, wie wichtig die beiden Winter-Transfers schon jetzt waren. Frankfurt hat schließlich keine Zeit zu verschenken - der mögliche Champions-League-Platz fünf ist weiterhin nur drei Punkte entfernt.