Der Marmoush-Transfer: Lästig wie logisch

Mit Omar Marmoush wird erneut der beste Eintracht-Fußballer den Verein verlassen, weil der Club seinem Transfer-Modell treu bleibt. Das gefällt nicht allen, ist aber nachvollziehbar.

Omar Marmoush.
Der nächste Eintracht-Star, der es auf der Weltbühne probiert: Omar Marmoush. Bild © Imago Images
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Es ist, wie es immer war, wie bei Luka Jovic, Sébastien Haller und Ante Rebic, bei André Silva und Randal Kolo Muani, auch irgendwann bei Filip Kostic. Erneut zieht es Frankfurts besten Fußballer, diesmal Omar Marmoush, woanders hin. Dorthin, wo die Geldspeicher praller gefüllt und der sportliche Reiz vermeintlich größer ist. Real Madrid, AC Mailand, Paris Saint-Germain, Juventus Turin, jetzt Manchester City. Die aufnehmenden Clubs der Eintracht-Stars könnten nicht riesiger, die Chancen der Hessen auf einen Verbleib ihrer Kicker nicht geringer sein.

Die Großen schnappen bei den Kleineren zu, um selbst groß zu bleiben. Alltag, schnödes Business, überall, nicht nur in Frankfurt. Dennoch gibt es auch diesmal viele Fans der Eintracht, auch Leute innerhalb des Clubs oder jahrelang den Verein begleitende Reporter, die das Ganze nicht nachvollziehen können. Oder besser gesagt: nicht nachvollziehen wollen.

Hätte die Eintracht Nein sagen sollen?

Die Eintracht, so heißt es, sei schließlich ein Fußballverein, keine Bank, selbst wenn das Areal im Stadtwald eine ebenjene im Namen trägt. Es müsse daher stets das Sportliche die oberste Maxime des Handelns bleiben. Doch ist sie das nicht? Verkauft Manager Markus Krösche etwa den sportlichen Erfolg? Nur auf den ersten Blick.

Denn da schwächen sich die Hessen, werden sie ohne Marmoush schlechter sein als zuvor, selbst wenn der Sieg gegen Dortmund anderes vermuten lassen könnte. Doch auch in diesem Jahr machte er bereits bei den Siegen gegen St. Pauli sowie den SC Freiburg den Unterschied. Manch einer findet daher, die Eintracht sollte bei den kaugummi-artigen Verhandlungen doch noch Nein sagen zu einem Marmoush-Verkauf im Winter, um die Chance auf eine Champions-League-Qualifikation zu erhöhen. Eine zulässige Ansicht. Eine jedoch, die allem widersprechen würde, wofür Krösche, wofür Vorstandssprecher Axel Hellmann in den vergangenen Jahren standen.

Chance und Risiko - eine ständige Abwägung

Günstig einkaufen, teuer verkaufen – und das Geld in Wachstum investieren. Ein Modell, das die Eintracht nicht exklusiv hat, offenbar aber besser beherrscht als die Konkurrenz. Und eines, das funktioniert. Vor vier, fünf Jahren etwa, rein hypothetisch, wäre die Eintracht im Falle von Marmoush wohl schon beim sommerlichen 20-Millionen-Angebot aus Nottingham weich geworden, hätte der Spieler womöglich eine Ausstiegsklausel ziehen können und die Eintracht das Geld genommen, um sich daran fettzufressen.

Einzig: Sie musste es nicht. Warum? Weil der Speck ohnehin beträchtlich war und auch Ausstiegsklausen in fast keinen Eintracht-Verträgen mehr zu finden sind - Kolo Muani und all den anderen sei Dank. Die Hessen konnten ablehnen und damals unwissend der Leistungsexplosion Marmoushs auf die sportliche Karte setzen. Fußball, Finanzen, Chancen, Risiken, eine ständige Abwägung. Im aktuellen Fall - 80 Millionen Euro Ablöse-Paket, zudem ein wechselwilliger Angreifer - war es für Krösche und Co. eine glasklare Entscheidung.

Die nächste Wechsel-Hysterie wird kommen

Im Eintracht-Kosmos ist ständig die Rede vom nächsten Schritt, vom gut performenden Mittelklasseclub hin zur Spitzenmannschaft. Doch wie soll das gelingen, wenn regelmäßig die Besten gehen? Müssen diese nicht eher gehalten werden, als Zeichen nach innen und außen? Womöglich irgendwann, das schon, zurzeit und in den nächsten Jahren aber eher nicht.

Es wird das Frankfurter Modell bleiben, sich langsam heranzurobben an die Konkurrenz. Der Ansatz: Topstars entwickeln und an Topclubs verkaufen, um selbst irgendwann einer zu werden. Nicht unwahrscheinlich also, dass die Wechsel-Hysterie alsbald Profis wie Hugo Larsson oder Hugo Ekitiké ergreift. Irgendwie lästig und doch logisch.

Der Spielerkult schwindet, die Erinnerungen bleiben

Es bleibt stets die Gefahr, dass Krösche mal danebenliegen wird bei Nachfolgern der Nachfolger von den Nachfolgern. Ein finanzielles Polster und eine von Jahr zu Jahr breiter gefächerte Transferstrategie aber minimieren das Risiko. Freilich: Krösche muss an seinen Deals gemessen werden. Gehen die Ideen auf oder floppen sie? Und in beiden Fällen: wie häufig? Das war schon immer so, das wird so bleiben.

Die Verbindung des Anhangs zu ihren kickenden Idolen bleibt bei diesem Ansatz gewiss ein wenig auf der Strecke, wenngleich sich der dem Club entwachsene Marmoush bezüglich seiner Arbeitsauffasung rein gar nichts vorzuwerfen lassen hat. Die Verabschiedung vor den Fans nach dem Dortmund-Sieg sprach Bände. Da geht einer im Guten.

Jovic, Haller und Rebic, Silva und Kolo Muani, Kostic, nun Marmoush. Alles Spieler, die in 20, 30 Jahren austauschbar sein werden, die nicht mehr so sehr für sich selbst stehen wie einst Grabowski und Hölzenbein, Bein und Yeboah, die gleichwohl aber für Erinnerungen sorgen. Erinnerungen an Momente. An Titel, nationale wie internationale. An überragende Tore. An famose Fußballfeste. An einen Aufschwung. An Erfolge eines Frankfurter Fußballvereins, nicht an die einer Bank.

Quelle: hessenschau.de

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40 Kommentare

  • Nein, ich hätte ihn erst im Sommer verkauft. Wir gefährden jetzt den CL Platz und damit viel Geld. Wenn wir immer unsere besten Spieler verkaufen, erreichen wir unsere sportlichen Ziele vielleicht nicht. Clubs wie Mainz schieben dem auch einen Riegel vor, da in der Wintertransferzeit Spieler nur schwer zu bekommen sind. Natürlich kann sich ein Spieler auch verletzen, aber bei langfristigen Verträgen kann man das Risiko eingehen.

  • Ich kann es gut verstehen. Die Fans müssen sich einfach daran gewöhnen, dass sie nur Teil einer Show sind, für die sie Eintrittsgeld bezahlen. Und diese Show ist teuer, da geht es nun Mal in erster Linie um die "Kohle". Alle wollen verdienen, die Verbände, die Vereine, die Spieler. Die Zeiten von Grabowski und Co., so schön sie vielleicht auch waren, sind lange vorbei.
    Die emotionale Bindung der Fans an ihren Verein ist da für die Entscheidungsträger leider nicht mehr wirklich relevant. Sie ist eben nur Teil der Show.

  • Kennt jemand den Sack Reis in China

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