Eintracht legt nach Batshuayi soll den Marmoush-Kater lindern
Der Abgang von Omar Marmoush war nicht zu vermeiden, die Folgen bekam Eintracht Frankfurt aber bereits schmerzhaft zu spüren. Da die Ziele in Gefahr gerieten, soll jetzt ein unüblicher Schnellschuss helfen.
Die noch am Sonntagabend von Dino Toppmöller vorsichtig formulierten Hoffnungen auf eine weitere Verstärkung wurden tatsächlich erhört. Einen expliziten Wunsch hatte der Trainer von Eintracht Frankfurt nach dem größtenteils enttäuschenden Auftritt gegen den VfL Wolfsburg (1:1) zwar nicht geäußert. Ihm gelang aber das Kunststück, zwischen den Zeilen sehr deutlich zu werden. "Markus hat noch ein bisschen was zu tun heute Abend. Wir werden sicherlich noch einmal telefonieren", sagte Toppmöller. Seine Message: eine weitere Offensivkraft, das wäre schon was!
Krösche überrascht mit Last-Minute-Transfer
Und siehe da: Nach einem weitgehend ereignislosen Deadline Day wurde es bei den Hessen – wie fast schon traditionell – spät am Abend dann doch noch einmal turbulent. Michy Batshuayi, früher mal bei Borussia Dortmund und bis zum Montag bei Galatasaray unter Vertrag, kommt wie Kai aus der Kiste und bis zum Sommer 2027 zu den Hessen. Der Belgier soll nun mithelfen, die etwas in Gefahr geratenen Ziele zu erreichen. Ein auf vielen Ebenen bemerkenswerter Transfer.
Dass Kaderplaner Markus Krösche am letzten Transfertag einen 31 Jahre alten Stürmer holt, passt so gar nicht ins Bild der Frankfurter Talente-Sucher. Junge Spieler mit Ambitionen zur Eintracht locken und dann viel teurer wieder abgeben, war und ist das seit Jahren gelebte Credo. Da mit Batshuayi genau das nicht passieren wird, ist klar, worum es den Hessen geht: Sie brauchen eine Soforthilfe, um den Abgang von Marmoush doch irgendwie aufzufangen. Batshuayi bringe neben einer guten Torquote auch "reichlich Erfahrung mit", betonte Krösche in einem ersten Statement.
Genau das also, was der Eintracht momenten fehlt. Bedeutet auch: Die Saison ohne Verstärkung zu Ende zu bringen, wäre keine gute Idee gewesen.
Marmoush fehlt an allen Ecken
Klar: Neuzugang Elye Wahi, der zunächst als Marmoush-Ersatz geholt worden war, konnte sein Können bislang noch nicht zeigen. Wie sehr aber Marmoush den Hessen fehlt, haben die vergangenen Spiele schon eindrucksvoll und schmerzhaft gezeigt. Beim Remis gegen Wolfsburg überzeugten in der Offensive lediglich die Joker, in Rom fehlte jegliche Durchschlagskraft, beim 2:2 in Sinsheim überstrahlten eine gute Kombination und ein abgeklärter Hugo Ekitiké viel Leerlauf.
Selbst beim furiosen 2:0-Sieg gegen den BVB schaffte es die Eintracht in der zweiten Hälfte quasi gar nicht mehr, für Entlastung zu sorgen und gewann letztlich "nur" dank einer sehr starken Defensivleistung und der sichtlichen Verunsicherung der Dortmunder. Die Eintracht hat ihren zentralen und mit Abstand wichtigsten Spieler verloren und sich noch lange nicht neu sortiert. Eine Feststellung, an der auch der schmucklose 2:0-Erfolg gegen die überforderten Ungarn von Ferencvaros Budapest nichts ändert. Kein Marmoush, keine Party.
Eintracht leidet an Marmoush-Kater
Trainer Toppmöller, der zum zweiten Mal in zwei Spielzeiten innerhalb kürzester Zeit seinen besten Stürmer ersetzen muss, machte bislang zwar gute Miene zum bösen Spiel. Auch er weiß natürlich, dass Vorstand Krösche angesichts der gezahlten Ablösesumme zum Verkauf quasi gezwungen war. Der Wechsel in die Premier League, den Marmoush zudem unbedingt wollte, war folgerichtig, logisch und nicht zu verhindern. Dass die Hessen ausgerechnet jetzt, da die Chance auf die erneute Qualifikation zur Champions League so groß ist wie selten zuvor, erneut Personalwechsel an wichtigster Stelle erleben, war aber nur schwer zu verdauen.
Und zwar, das ist wichtig zu erwähnen, nicht nur für Toppmöller und die Fans. Auch die Mannschaft, die die Tabelle lesen kann und große Ziele hat, muss einen solch herben Verlust erst einmal verkraften. "Uns hat heute die Frische im Kopf gefehlt", fasste Krösche nach dem fußballerisch über 70 Minuten sehr mageren und einfallslosen 1:1 gegen Wolfsburg zusammen. Der Marmoush-Abgang hängt den Hessen noch in den Knochen und lähmt sie bislang wie ein Kater nach einer durchzechten Nacht. Problem dabei: Ein aufputschendes und heilendes Mittel wie das, für das die Eintracht auf ihrem Trikot-Ärmel wirbt, war lange nicht in Sicht.
Denn dort, wo im normalen Leben Elektrolyte aus dem Tütchen helfen, kann bei den Hessen schlicht nur ein neuer Torgarant für Linderung sorgen. Ekitiké ist als Alleinunterhalter zwischenzeitlich zwar aufgeblüht, der 22-Jährige braucht aber einen torgefährlichen und Räume reißenden Mann an seiner Seite. Ein Problem, für das es bislang keine Lösung gegeben hat.
Wahi braucht noch Zeit
Der millionenschwere Wahi soll diesen Posten zwar langfristig übernehmen. Da der junge Franzose aber mit körperlichen Problemen nach Frankfurt gekommen ist und ohnehin eine eher durchwachsene Saison bei Olympique Marselle hinter sich hat, wird er noch Zeit brauchen. Eine Soforthilfe ist Wahi – dafür muss man kein Prophet sein – definitiv nicht. Am kommenden Wochenende wird der 22-Jährige zwar wohl zum ersten Mal Teil des Kaders sein, mehr als Joker-Einsätze sind aber erst einmal nicht drin.
Wenn man nun bedenkt, wie lange Ekitiké brauchte, um in vergleichbarer Situation in Schwung zu kommen, wären das keine allzu guten Aussichten gewesen. Die Eintracht des ersten Halbjahres 2025 ist mit der Eintracht des zweiten Halbjahres 2024 nicht mehr zu vergleichen. Da diese Erkenntnis wohl auch bei der Eintracht reifte, entschieden sich Krösche und die restlichen Kaderplaner zu einem aus ihrer Sicht ungewöhnlichen Schritt und schnappten sich in letzter Sekunde Batshuayi. Es soll nichts unversucht bleiben.
Dieser Batshuayi, der in der Rückrunde der Saison 2017/18 immerhin neun Tore für Borussia Dortmund erzielte, ehe ihn ein Bänderriss ausbremste, soll und muss nun auf Anhieb funktionieren. Bei Galatasaray kam der 56-fache belgische Nationalspieler zuletzt gar nicht mehr zum Zug, bei der Eintracht will er neu durchstarten. Klingt erst einmal nach einer für alle Beteiligten charmanten Lösung. Jetzt muss der ungewöhnliche Plan nur noch aufgehen.