Fan-Bedenken verpuffen "Paradigmenwechsel": Eintracht-Mitglieder stimmen für Kapitalerhöhung
Trotz einiger Kritik blieb der Knall aus: Die Mitglieder von Eintracht Frankfurt stimmten am Montag für eine heiß diskutierte Kapitalerhöhung und stärkten damit die Club-Führung.
Als Axel Hellmann um 20.03 Uhr seine ausführliche Rede beendet hatte, gab es Applaus in der Jahrhunderthalle. Nicht nur, weil der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt – wie so häufig – mitreißend den Status quo beim hessischen Bundesligisten veranschaulichte. Nicht nur, weil er die fußballspielenden Frauen und Männer des Clubs gebührend für ihre Leistungen lobte. Und nicht nur, weil er das Polizeikosten-Urteil für Hochrisikospielen scharf kritisierte. Sondern auch deshalb, weil Hellmann noch einmal eindrücklich die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung erläuterte. Diese sei nicht weniger als "eine historische Chance" und ein "Paradigmenwechsel" für den prosperierenden Club.
Und so kam es trotz etlicher und langer Reden von Mitgliedern, meist mit negativem Tenor, knapp drei Stunden später, exakt 22.59 Uhr, zur Entscheidung, dass die 1.107 anwesenden Mitglieder die vom Vereinspräsidium, dem Aufsichtsrat und der Aktionärsversammlung befürworteten Maßnahme wohlwollend beschieden. Bedeutet: Die Eintracht wird ihr Eigenkapital im ersten Schritt um rund 25 Millionen Euro stärken können, auf Sicht können es laut Beschluss bis zu 66 Millionen werden.
78,48 Prozent der Anwesenden stimmten zu (824 Personen), 21,52 Prozent lehnten ab (226), 57 Personen enthielten sich. Auch hier: lauter Applaus im Saal. Die Anteile des Vereins werden bei 67,89 Prozent liegen, perspektivisch sollen sie auf 75,1 Prozent steigen. Auf Seiten der AG erwerben die "Business Eagles", ein finanzstarker Fanclub, große Teile der Aktien. "Ich finde das breite Votum sehr positiv. Das ist überzeugend", sagte Hellmann kurz nach der Entscheidung.
Vorab-Kritik verpufft
Bereits im Vorfeld der Versammlung galt die geplante Kapitalerhöhung als heikel. Gerade die aktive Fanszene stand dieser skeptisch gegenüber, wies zuletzt auf Aushängen während des Kiel-Spiels auf ihre Bedenken hin. Unter anderem wurde der Club-Führung ein "wenig seriöses Bild" vorgeworfen, da sie die Maßnahme mit "Drohszenarien", den sportlichen Erfolg ansonsten zu gefährden, durchdrücken wolle. "Dieses Narrativ" der Fans, entgegnete Boss Hellmann am Montag klipp und klar, "halte ich für nicht richtig". Auch am Montagabend äußerten sich dennoch einige Mitglieder kritisch.
Sinnvoll ist die Erhöhung des Eigenkapitals aus Sicht der Bosse aber allemal, da sie ihnen finanzielle Beinfreiheit verschafft. Erreicht die Eintracht ihre sportlichen Ziele nicht, was in den vergangenen Jahren nie der Fall war, im Gegenteil wurden sie meist übertroffen, werden die Frankfurter dennoch nicht gezwungen sein, über andere Wege an Geld zu kommen. Spielerverkäufe unter Marktwert soll es nicht geben. Auch kann im Idealfall bei Vertragsverhandlungen darauf geachtet werden, der Spielerseite etwaige Ausstiegsklauseln abzukaufen.
Kaderwert liegt mittlerweile bei 300 Millionen Euro
Auch wenn er, Hellmann, etwa beim Winterverkauf von Omar Marmoush "wie alle eine Träne im Knopfloch hatte", baue das Modell der Eintracht eben "auf Transfererlöse". Und weiter: "Mit den Clubs, die mit großem Kapital schießen, können wir ohne diese Transfererlöse einfach nicht konkurrieren." Hellmann nannte den FC Bayern, Leverkusen, Dortmund und Leipzig.
Dahinter jedoch wollen sich die Frankfurter durch die beschlossene Kapitalerhöhung festsetzen. Ein selbstbewusstes Ziel eines immer selbstbewusster werdenden Clubs. Außerdem, sagte Hellmann, beneide ganz Europa die Frankfurter "um unsere Quadratur des Kreises". Sprich um die Ausbildung von Talenten hin zu Leistungsträgern und deren große Gewinne einbringende Verkäufe. Der Kaderwert sei auch dadurch laut des Eintracht-Bosses von 71 Millionen Euro im Jahr 2021 auf mittlerweile 300 Millionen gestiegen.
Eintracht knackt Marke von 150.000 Mitgliedern
Noch bevor die Mitglieder über die Kapitalerhöhung hatten abstimmen können, durften sie sich früh am Abend erst einmal selbst feiern: Wie Vizepräsident Moritz Theimann in Abwesenheit des gesundheitlich angeschlagenen Präsidenten Mathias Beck verkündete, hat der Verein nun 150.000 Mitglieder (zuvor 145.000) und ist nach dem FC Bayern, Dortmund und Schalke 04 der viertgrößte Fußballclub des Landes. Beachtlich allemal.
Weniger wichtig, aber doch eine nette Randnotiz lieferte eine Probeabstimmung zu Beginn der Versammlung: Ob die Eintracht am Sonntag im Bundesliga-Topspiel gegen die Bayern gewinnen werde, wollte man wissen. 86 Prozent der Anwesenden stimmten für Ja. Dann kann ja nichts mehr schiefgehen.