Eintracht-Museum vor 15 Jahren eröffnet Mehr als eine Frankfurter Trophäenkammer
Mit dem sportlichen Erfolg der vergangenen Jahre ist auch das Interesse am Eintracht-Museum stark gestiegen. Die neuesten Exponate würdigen den Europapokal-Sieg. Doch das Museum will nicht nur Pokale präsentieren.
Das blutverschmierte Finaltrikot von Sebastian Rode, Oliver Glasners Diver-Hose und Filip Kostics Schuhe aus Barcelona, die Glückskette des Trainers – und natürlich der Pokal von Sevilla – viele Hingucker im Museum von Eintracht Frankfurt sind eng mit dem jüngsten Erfolg der Vereinsgeschichte verbunden: dem Europa-League-Sieg im Endspiel gegen die Glasgow Rangers.
Der Endspielball ist auch unter den Ausstellungsstücken. "Natürlich sagen wir, dass Raphael Borré damit den Elfmeter verwandelt hat", schmunzelt Museumsleiter Matthias Thoma. "Die Wahrscheinlichkeit ist aber relativ hoch, dass der Ball in der 76. Minute eingeworfen wurde und kurz darauf ins Seitenaus ging." 20 bis 25 Bälle sind heute bei Spielen im Einsatz – den einen Spielball gibt es nicht mehr.
Stadion-Umbau zur WM 2006 bietet Chance
Das war 1960 natürlich noch anders. Da brachte der Unparteiische den Ball höchstpersönlich mit zum Spiel – und Torschütze Richard Kreß gelang es nach verlorenem Landesmeister-Finale gegen Real Madrid (3:7) den Schiedsrichter davon überzeugen, den Ball mitnehmen zu dürfen. So schmückt das Leder bis heute das Museum, das dieser Tage sein 15-jähriges Jubiläum feiert.
Museumsleiter Thoma hat die Frankfurter Erinnerungskammer maßgeblich aufgebaut. Zuvor hatte er das Vereinsarchiv am Riederwald verwaltet, das im Nachgang zur 100-Jahr-Feier aufgebaut wurde (1999). Die Fan- und Förderabteilung hatte einst die Idee, ein Museum im Stadion einzurichten. Das zur Fußball-WM 2006 umgebaute Waldstadion bot dann die räumlichen Möglichkeiten. "Es gab während der WM zwei Medienräume für die gegeneinander spielenden Nationen. Den einen Raum hat sich die Eintracht als Fanshop gesichert, den anderen fürs Museum", berichtet Thoma.
Fans spenden Geld für Meisterschale
Am Anfang waren vor allem Exponate von Fans, ehemaligen Spielern und Sammlern zu sehen – eine Meisterschale oder Pokale gab es zunächst nicht, einzig Wimpel und andere Erinnerungsstücke waren von den früheren Erfolgen vorhanden. Bis das Museum Spendenaufrufe startete, um Replikate erstellen zu lassen. "Mit solchen Aktionen haben wir viele Fans erreicht, die es gut fanden, die Historie zu würdigen." Heute seien vom Zeugwart bis zum Spieler viele Frankfurter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingebunden, um den Museumsbestand zu erhöhen und "um vielleicht was Kurioses zu ergattern".
Das Besucherinteresse ist aktuell sehr hoch, Führungen sind oft schnell ausgebucht, Veranstaltungen gut besucht. "Das hat mit dem DFB-Pokalfinale 2017 gegen Borussia Dortmund angefangen. Mit dem Pokalsieg ein Jahr später wuchsen die Besucherzahlen kontinuierlich an", berichtet der Museumsleiter. Zählte das Haus vor der Corona-Pandemie laut Thoma 30.000 bis 35.000 Gäste jährlich, dürften es in diesem Jahr seinen Schätzungen zufolge 50.000 Besucherinnen und Besucher werden.
"Die Leute sind seit dem Sieg in Sevilla ganz gaga", freut sich Thoma, dessen Museum als gemeinnützige GmbH mit Förderverein geführt wird. Jeder wolle ein Foto mit dem Europa-League-Pokal machen – manchmal befinde er sich jedoch auf Reisen, etwa bei repräsentativen Terminen des Vereins.
Schon vor 100 Jahren: Fußball als Lebensbegleiter in Frankfurt
Dem 50-Jährigen ist es wichtig, dass das Museum nicht als reine Trophäensammlung gesehen wird. "Wir nehmen unseren museumspädagogischen Auftrag sehr ernst", so Thoma. So gebe es viele Projekte für Schulklassen und Jugendgruppen, zum Beispiel zu den Themen "Fußball und Religion", "Fußball und Gewalt" oder "Sport im Nationalsozialismus".
Stadt- und Stadiongeschichten seien ebenfalls wichtige Themenfelder, berichtet Thoma. Heute drehe jeder durch, wenn es um die Eintracht ginge. "Aber schon vor 100 Jahren saßen die Leute in der Kneipe und haben über die Eintracht geschimpft – oder sich gefreut." Fußball als Lebensbegleiter in Frankfurt – das gibt es schon sehr lange.
Thoma: Atmosphäre und Geschichte vermitteln"
Dieses Gefühl versucht die Eintracht auch potenziellen neuen Spielern zu vermitteln. "Bevor Neuzugänge zu uns kommen, versuchen wir ihnen in der Regel das Stadion zu zeigen sowie die Atmosphäre auf dem Gelände und die Geschichte der Eintracht zu vermitteln", berichtet Thoma. Ein diskreter Vorgang, von dem die Öffentlichkeit nichts mitkriegt.
Wenn der nächste Neue dann künftig das Finaltrikot von Sebastian Rode in der Vitrine sieht, dürfte er schon erahnen, dass es in Frankfurt vor allem um Kampf, Einsatz und Leidenschaft geht – und man so bestenfalls ein Fall fürs Museum wird.